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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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erzählen, daß ich vermutete, irgend etwas an dieser Versicherung über eine Million Dollar sei nicht in Ordnung. Kein Mensch schließt eine solche Versicherung ab und stirbt ein paar Monate später. Aber ich hielt lieber den Mund. Noch war der Augenblick nicht gekommen, die Karten auf den Tisch zu legen. Ich sagte nur, ich hätte an diesem Nachmittag im Außendienst zu tun. Ich hatte beschlossen, Dona Clara Estrucho einen Besuch abzustatten.
    Zurück zur Wohnung in der Rua Redentor. Der Portier fragte, wohin ich wolle.
    »Zur Wohnung von Senhora Clara Estrucho.«
    »Da ist keiner«, sagte der Portier.
    »Wieso ist da keiner?«
    Es war drei Uhr nachmittags. Ein paar Stunden zuvor hatte ich sie in diese Wohnung gehen sehen.
    »Die steht leer. Die sind ausgezogen.«
    »Aber ich habe Dona Clara heute hier reingehen sehen.«
    »Die sind ausgezogen«, wiederholte der Portier.
    »Aber ich will die Wohnung mieten. Dona Clara hat gesagt, sie würde auf mich warten. Sie hat mir den Schlüssel gegeben und gesagt, sie würde bis drei Uhr auf mich warten.«
    Ich sah auf die Uhr und zog mein Schlüsselbund aus der Tasche.
    »Oh, es ist schon nach drei, dann habe ich mich wohl verspätet«, sagte ich.
    »Wenn Sie den Schlüssel haben, können Sie raufgehen und sich die Wohnung ansehen. Ich kann nicht mitkommen, ich muß hier in der Eingangshalle bleiben.«
    Die Wohnung befand sich im fünften Stock. Nr. 502, hinten. Ich nahm mein Werkzeugetui zur Hand und öffnete die Tür. Türen öffnen war das einzig Brauchbare, was ich von Gomes gelernt hatte.
    Ich ging hinein. Die Wohnung bestand aus einem Wohnzimmer, Flur, zwei Schlafzimmern, Badezimmer, Küche mit Anrichte, einem kleinen überdachten Waschplatz und den winzigen Dienstmädchenräumen, bestehend aus Zimmer und Duschraum. Sie war vollkommen leer. Nein, nicht ganz. Im Wohnzimmer stand ein Regal, ohne Bücher, und auf dem Waschplatz ein voller Abfalleimer. Ich nahm den Abfalleimer und schüttete seinen Inhalt auf den Fußboden. Darin fand ich eine Flasche mit einem Rest französischen Wein – Saint-Emilion, Jahrgang 1981 –, Käsereste, eine leere Schachtel Tranquilizer Marke Lorax, eine leere Schachtel Appetithemmer Marke Moderex (vermutlich nahm sie Moderex, damit sie keinen Hunger spürte, wurde davon nervös und nahm zur Beruhigung Lorax), eine Plastikverpackung mit ein paar Scheiben Roggenbrot, eine kleine Pflanze mit winzigen runden Blüten sowie eine Kröte, und die war tot.
    Ich zog den schwarzen Plastikbeutel, den ich immer bei mir hatte, aus der Tasche und steckte alles hinein, was ich in dem Abfalleimer gefunden hatte.
    Beim Hinausgehen warf der Portier einen mißtrauischen Blick auf den schwarzen Beutel in meiner Hand, sprach mich aber nicht darauf an.
    »Hallo, Zilda«, sagte ich.
    Zilda sah sich gerade die Sieben-Uhr-Serie im Fernsehen an und antwortete nicht.
    Ich ging ins Badezimmer und untersuchte noch einmal den Abfall von Dona Clara Estrucho. Der Wein war am selben Tag getrunken worden; er hatte noch nicht den Essiggeruch von Resten, die in der Flasche bleiben, angenommen. Die kleine Pflanze schien zerdrückt worden zu sein, als hätte man ihren Saft ausgepreßt, um daraus ein Getränk zu machen. Ich probierte den Käse. Er schmeckte nach Ziege.
    »Was soll denn das? Ißt du Abfälle?«
    Zilda. Sie sah mir von der Badezimmertür aus zu.
    »Nicht direkt. Ich stelle Nachforschungen an.«
    »Als du noch Grundschullehrer warst, war alles besser«, sagte sie.
    »Weißt du«, sagte ich, noch immer mit dem Stückchen Käse in der Hand, »daß ein Kunde die Panamericana um eine Million Dollar betrogen hat? Das heißt, er wollte es, aber er kriegt sie nicht.«
    »Du solltest lieber jemanden um eine Million betrügen. Der Käfer ist mir wieder mitten auf der Straße stehengeblieben. Warum kaufst du nicht mal ein scheißanständiges Auto?«
    Wenn Zilda zu fluchen anfing, wußte ich, daß es dicke Luft geben würde.
    »Wenn ich diesen Fall kläre, wird die Gesellschaft – «
    »Die Gesellschaft, die Gesellschaft, immer diese verfluchte, beschissene Gesellschaft. Zum Teufel mit der Gesellschaft.«
    »Mein Schatz«, sagte ich und streckte eine Hand aus.
    »Faß mich nicht an. Wenn ich schlechte Laune habe, kann ich es nicht leiden, daß man mich anfaßt. Leg den Käse weg oder iß ihn ganz auf.«
    Zilda stieß einen Schrei aus. Sie hatte die Kröte auf dem Wannenrand entdeckt. »Was ist das da, auf meiner Wanne?«
    »Eine Kröte.« Es sollte natürlich klingen, als ob

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