Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
Vom Netzwerk:
ich sagte, das ist eine Schachtel Streichhölzer.
    »Eine Kröte! Mein Gott, eine Kröte! Zilda, dieser schreckliche Mensch hat eine Kröte ins Haus gebracht!«
    Sie hatte die Angewohnheit, mit sich selbst zu sprechen, als ob sie mit jemand anderem redete.
    »Die ist tot«, sagte ich.
    »Dieser Unselige hat eine Kröte ins Haus gebracht!« schrie sie aus voller Kehle.
    »Denk an die Nachbarn«, bat ich.
    »Zum Teufel mit den Nachbarn«, schimpfte Zilda etwas leiser. »Schaff dieses Scheißvieh hier raus.«
    Zilda verzog angeekelt das Gesicht und rannte ins Wohnzimmer.
    Ich stopfte Clara Estruchos Abfall inklusive Kröte in den schwarzen Plastikbeutel und warf alles in den Mülleimer. Die kleine Pflanze versteckte ich in einer Kommodenschublade.
    Zilda sah sich weiter die Serie an.
    »So, mein Schatz, ich habe alles weggeworfen.«
    »Geh dir die Hände waschen und desinfiziere sie anschließend mit Alkohol«, befahl sie.
    Ich tat, was Zilda verlangte.
    »Eine Kröte, eine tote Kröte ins Haus bringen, hast du so was schon erlebt, Zilda.« Sie brummelte weiter vor sich hin, während ich im Schlafzimmer über Clara Estruchos plötzlichen Umzug nachdachte. Diese Wohnung, aus der alle Möbel und Gegenstände ausgeräumt waren, kam mir sehr verdächtig vor. Und die Kröte?
    Was bedeutete diese Kröte?
    Wie immer in den Pausen zwischen den Serien – es gab mehrere Serien, und Zilda sah sich alle der Reihe nach an – kam sie ins Schlafzimmer, doch dieses Mal nicht, um zu sagen, daß Patricia eine verlogene, erbärmliche Person sei oder irgend etwas anderes in Zusammenhang mit der Serie, sondern um mitzuteilen:
    »Heute gehen wir ins Theater.«
    »Und was gibt’s?«
    »Macbeth, von Shakespeare. Es ist schon spät. Zieh dir ein frisches Hemd und den dunklen Anzug an.« Fernsehserien konnte man sich ansehen, wie man wollte, aber Theater war etwas anderes.
    Also warfen wir uns in Schale und machten uns auf den Weg, aber zu Zildas und meinem Ärger und Befremden waren die meisten Leute in Jeans. Das Stück – ich sah es zum ersten Mal – war gar nicht so übel. Das heißt, der Teil, den ich sah, denn wir gingen vor dem Ende. In dem Stück kommen, wie jedermann weiß, Könige und Hexen vor, und irgendwann hatten sich die Hexen alle um einen Kessel versammelt, und eine Hexe warf eine Kröte hinein und redete dabei von Gift und Schlaf, und davon bekam ich das Zittern.
    »Die Kröte«, rief ich Zilda zu, »die Estruchos haben eine Hexerei veranstaltet!«
    »Halt den Mund«, sagte Zilda.
    »Die Kröte ist der Anhaltspunkt«, sagte ich aufgeregt.
    »Psst!« zischte einer hinter uns.
    »Über die Kröte komme ich ihnen auf die Spur«, sagte ich.
    Zilda stand auf und ging mit einem sauren Gesicht los, wie sie es in letzter Zeit dauernd machte.
    »Was ist denn, mein Schatz?« fragte ich am Theaterausgang.
    »Was ist denn, mein Schatz? Du Schwachkopf. Erst machst du im Theater so einen Aufstand, und dann fragst du, was ist denn? Und weißt du, wer hinter uns saß? Dr. Paulo Marcílio. Der Arzt aus dem sechsten Stock. Zilda, was machst du eigentlich hier? Lebst mit einem zusammen, der verrückt ist und arm und außerdem, noch nicht mal geheiratet hat er dich! Zilda, es wird Zeit, daß du was unternimmst.«
    Als wir zu Hause waren, sagte sie:
    »Es ist aus, hörst du?«
    Dann wurde sie richtig sanft. »Du bist ein guter Kerl, aber ein bißchen bekloppt, nimm’s mir nicht übel, nein, nicht bekloppt, Zilda, das ist zu stark. Du lebst auf dem Mond, du träumst. Du hättest Grundschullehrer beim Staat bleiben sollen. Es gibt Leute, die brauchen einen festen Job beim Staat, und du bist so einer; du wirst es im Leben nie zu etwas bringen.«
    Ich sah ihr zu, wie sie fluchend ihre Sachen packte.
    Bevor sie ging, fragte ich: »Willst du hier bleiben? Wenn es dir besser paßt, ziehe ich aus und du bleibst hier.«
    Aber sie antwortete nicht, nahm ihre Koffer und stieg unten in ein Taxi, das sie per Telefon gerufen hatte. Ich ging bis zur Haustür hinter ihr her und winkte, aber Zilda reagierte nicht. Sie sah wieder hübsch aus, und das machte mich noch trauriger.
    Am nächsten Tag rief ich von der Panamericana aus ein Geschäft namens Die brasilianische Fauna an und fragte, ob sie Kröten hätten. Nein, hatten sie nicht. Man gab mir die Nummer eines anderen Geschäftes, und nach mehreren Telefonaten bekam ich schließlich die Telefonnummer einer Brasilianischen Gesellschaft zum Schutz der Amphibien. Der Mensch, der da ans Telefon kam, hatte eine

Weitere Kostenlose Bücher