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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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Verwandtschaft mitteilen lassen, sie wünsche nicht, daß irgendeiner von ihnen am Begräbnis teilnehme. Die Kapelle Nr. 5 war leer, aber aus der Kapelle nebenan, wo die Totenwache für ein junges Mädchen stattfand, das bei einem Motorradunfall gestorben war, drang Stimmenlärm, gelegentliches Lachen oder auch klagende Schreie.
    Um sieben Uhr abends erschien das Ärzteteam der Panamericana in der Kapelle. Zusammen mit den Ärzten kamen Dona Claras Anwalt, Dr. Ribeiroles und Dr. Zumbano, Leiter der Abteilung Geheime Überprüfungen (AGU) der Panamericana. Die wichtigsten Mitarbeiter des Teams wurden Dona Clara vorgestellt, die jeden einzelnen schweigend mit an den Körper gepreßten Händen und einem Kopfnicken begrüßte. Als die Apparate des Dr. Pums in einer Wandsteckdose angeschlossen wurden, sagte Dona Clara: »Ich möchte nicht, daß der Leichnam meines Mannes verstümmelt wird.« Ihr eigener Anwalt erinnerte sie daran, daß sie selbst die Untersuchung beantragt hatte und daß der Einsatz dieser Apparate für den Besagten keine Schmach darstelle. An Kopf, Brust, Beinen und Armen des Toten wurden Elektroden angebracht. Eine halbe Stunde lang studierten die Ärzte unter Leitung von Dr. Pums die Graphiken, die die verschiedenen Apparate aufzeichneten. Während der Untersuchung betrat ein offensichtlich betrunkener junger Mann die Kapelle und forderte sie auf, auch seine Braut, die tote Motorradfahrerin, zu untersuchen. Nach einigem Durcheinander wurde der junge Mann aus der Kapelle entfernt und die Untersuchung fortgeführt.
     
    Es war fast elf Uhr, als sie aufhörten. Zum Kummer einiger der untersuchenden Ärzte war der Verblichene laut OMSBS tatsächlich tot. Dr. Ribeiroles teilte Dona Claras Anwalt mit, er werde ihm eine Kopie der Untersuchungsergebnisse zukommen lassen.
    Alle gingen. Dona Clara blieb allein. In der Kapelle Nr. 5 herrschte Frieden und Ruhe. Die Totenwache in der Kapelle nebenan blieb weiter geräuschvoll und wurde noch lauter, als jemand mit ein paar Flaschen alkoholischer Getränke kam. Es war drei Uhr nachts, da sagte der Verlobte des tödlich verunglückten Mädchens zu den anderen mit schwerer Zunge: »Dieses Luder nebenan füttert den Toten durch einen Trichter, das müßt ihr euch mal ansehen«, aber natürlich glaubte ihm keiner, und Dona Clara wurde in Ruhe gelassen.
    Morgens um sieben Uhr dreißig kam ein Priester in die Kapelle Nr. 5, um den Toten Gott anzubefehlen, was sich auf ein kurzes Gebet beschränkte, denn das Begräbnis war für sieben Uhr anberaumt, und der Priester hatte sich verspätet. Der Leichnam wurde auf einen Karren gelegt und vom Totengräber zur Grabstätte gefahren. Niemand folgte dem Sarg, nur Clara Estrucho. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, folgte ihm doch noch jemand anders, ein junger Mann mit Krawatte und Jackett, der sich hinter den Grabmälern versteckte, um nicht gesehen zu werden. Dieser Mann sah heimlich beim Begräbnis zu, bis die Totengräber die Platte, mit der das Grab geschlossen wurde, fertig zementiert hatten. Dieser Mann war ein Detektiv der Panamericana. Dieser Mann hieß Ivan Canabrava. Dieser Mann war ich.
    Wie gesagt, ehe ich bei der Panamericana anfing, war ich Grundschullehrer. Ich habe auch gesagt, daß ich den Lehrerberuf unter dem Einfluß von Zilda aufgab, was nicht die volle Wahrheit ist. Als Lehrer bekam ich einen Hungerlohn, und ich haßte Kinder (und hasse sie noch heute). Während meiner Lehrerzeit war für mich nichts so unausstehlich, so unerquicklich, so lästig, so abstoßend, so widerwärtig wie ein Schüler in zartem Alter. So manchen hätte ich am liebsten umgebracht, bis ich dann diesen abscheulichen Beruf aufgab.
    Ich folgte Clara Estrucho, während sie, weiterhin Haltung bewahrend, die Alleen des Friedhofs entlangging. Ich nahm ein Taxi und folgte ihr nach Hause; sie wohnte in der Rua Redentor, wie ich bereits wußte. Ich beobachtete, wie sie das Gebäude betrat. Die Art, wie sie ging, als wolle sie die Schönheit ihres Körpers kaschieren, verwirrte mich. Mein Interesse an Sex war noch nicht erwacht, ich hatte noch nicht einmal jene Phase durchlebt, in der man auffallend wollüstige Frauen zu schätzen weiß, aber unbewußt war mir schon klar, daß die besten Frauen diejenigen sind, die sich nicht in den Hüften wiegen.
    Ich fuhr zur Panamericana zurück. Gomes, mein Kollege in der Abteilung Geheime Überprüfungen, war wie immer damit beschäftigt, Kreuzworträtsel zu lösen.
    »Gomes«, fing ich an. Ich wollte ihm

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