Bufo & Spallanzani
und hab’ dabei Sayonara gerufen, das einzige, was ich auf japanisch weiß. Bevor ich gemerkt hab’, was passiert ist, lag sie auf dem Boden. Ich glaube, sie ist ausgerutscht, denn der Schlag, den ich ihr versetzt hab’, falls man das überhaupt als Schlag bezeichnen kann, war nicht stark. Soll ich ihn dir mal zeigen?«
»Wen?«
»Den Schlag?«
Ich dachte kurz nach.
»Nein, vielen Dank. Zilda sagt, sie käme mit der Polizei her.«
»Leeres Geschwätz.«
»Zilda hat Haare auf den Zähnen.«
»Ein großes Maul, das hat sie. Ich kenn’ mich mit diesen Tricksen aus. Aber nicht mit mir. Das zieht bei mir nicht.«
»Leute in deinem, ich meine, deine Freunde, ich meine – wie alt bist du?« fragte ich.
»Wie alt schätzt du mich?«
»Zwischen sechzehn und dreißig«, sagte ich.
»Richtig.«
»Leute in deinem Alter, reden die alle so?«
»Wie, so?«
»In dieser Mischung aus altem und neuem Slang?«
»Manchmal sage ich gern Sachen, die meine Großmutter schon gesagt hat, manchmal denke ich mir was Neues aus, und manchmal zieh’ ich mir auch einen Satz vom Finanzminister rein. Ich halt’s mit der Polysemie.«
»Würdest du mir bei einem Versuch helfen?«
»Kommt drauf an.«
»Worauf?«
»Erst muß ich wissen, worum es geht. Ich laß’ mich nicht auf brenzlige Sachen ein.«
»Ich will etwas einnehmen und sehen, ob ich davon scheintot werde.«
Von den Gründen, die mich dazu bewogen, sagte ich nichts, und sie fragte auch nicht danach.
Ich rief Ceresso von der Brasilianischen Gesellschaft zum Schutz der Amphibien an.
»Dr. Ceresso, hier spricht Ivan Canabrava. Erinnern Sie sich an mich?«
Das tat er. Ich fragte, ob ich ihn um einen Gefallen bitten dürfe. Er schwieg, ich dachte schon, er hätte den Hörer weggelegt. »Das dürfen Sie«, sagte er endlich.
»Ich möchte Sie bitten, mir eine Kröte und etwas Pyrethrum parthenium zu beschaffen.«
»Wofür halten Sie mich eigentlich? Für ein Einzelhandelsgeschäft:, das Ihnen Exemplare der Fauna und Flora der ganzen Welt liefern kann? Ich habe noch was anderes zu tun, junger Mann.« Seine Stimme klang spröde und gereizt, aber er legte nicht auf.
»Dr. Ceresso, Sie sind der einzige Mensch auf der Welt, der mir helfen kann«, flehte ich ihn an. »Bitte.«
»Ich habe viel zu tun«, sagte er, jetzt weniger kratzbürstig.
»Ich weiß, daß Sie viel zu tun haben, Sie sind ein bedeutender Wissenschaftler, der sich einer so edlen Aufgabe wie dem Schutz der Amphibien widmet«, sagte ich.
»Was für eine Kröte wollen Sie? Einen Bufo marinus?«
Ich bestätigte, daß es der Bufo marinus sei; die Kröte, die ich an der Wand seines Büros identifiziert hatte.
»Hören Sie, junger Mann, Sie stellen mich vor eine sehr schwierige Aufgabe, die Familie der Wucherblumen ist sehr groß. Pyrethrum parthenium findet sich im Beifuß, im Wermut, in der Arnika, der Tagetes, der Ringelblume … «
Ich bemerkte, daß Minolta ihre Kleider ablegte und nur ihr Höschen anbehielt. »Es ist höllisch heiß«, sagte sie.
»In der Distel, der Endivie, der Klette, im Edelweiß, natürlich in der Insektenblume, die ja Pyrethrum heißt – «
»Zieh das wieder an«, sagte ich und hielt die Muschel des Telefons zu, während Ceresso Pflanzennamen aus der Familie der Wucherblumen aufzählte.
»Warum? Findest du meinen Körper abstoßend? Mache ich dich verrückt, wenn ich nackt bin? Schockiert dich meine Nacktheit? Sag mir einen Grund, warum ich nicht nackt sein darf.«
»Tja … du kannst dich erkälten.«
»Die letzte Erkältung hab’ ich vor zehn Jahren gehabt.«
»Aster, Strohblume, Dahlie – «
Minoltas Körper war wirklich nicht abstoßend. Die Knochen traten vielleicht an den Rippen und gleich über der Brust etwas zu deutlich hervor, was angesichts der makrobiotischen Diät nicht verwunderlich war. Ihr Hintern war klein, rund und muskulös; auch ihre Beine waren muskulös, mit erstaunlich kräftig entwickelten Oberschenkelmuskeln. Mir wurde innerlich heiß und anschließend kalt.
» … Rainfarn, Kamille, Zichorie und vielen anderen«, sagte Ceresso.
Auch Minoltas Brüste waren überraschend; aus diesem Knochengerüst ragten zwei feste, aufgerichtete Kugeln hervor, als wären sie mit Silikon gespritzt.
Ich bekam nicht mehr alles mit, was Ceresso sagte.
»Wann könnten Sie mir das geben?«
»Ich habe doch gesagt, innerhalb von zwei Tagen besorge ich Ihnen das alles. Sind Sie schwerhörig, junger Mann?«
»Mein Telefon ist nicht ganz in Ordnung«, sagte
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