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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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ich.
    Ich verabschiedete mich von Ceresso mit kleinlauten, unterwürfigen Dankesworten.
    Beim Anblick von Minolta, wie sie nackt malte, mußte ich aus irgendeinem Grund an Zilda denken. Und wenn sie nun plötzlich auftauchte und Minolta nackt durch die Wohnung spazieren sah? Nicht auszudenken, was dann passieren konnte.
    »Wenn es klingelt, geh nicht an die Tür«, sagte ich, »warte, bis ich aufmache.«
    »Ich hab’ für uns zum Abendessen einen Bambussprossensalat gemacht«, sagte Minolta.
    Kaum hatte sie das ausgesprochen, klingelte es an der Tür.
    »Warte, ich seh’ nach.« Aufgeregt schlich ich auf Zehenspitzen zur Tür und guckte durch den Spion. Ein Mann und eine Frau, deren Gesichter durch die Linse des Spions verzerrt waren, schnüffelten bedrohlich mit ihren krummen, plattgedrückten Nasen an der Tür herum.
    »Wer ist da?« fragte Minolta.
    Ich kehrte auf Zehenspitzen und mit ängstlich klopfendem Herzen zu ihr zurück.
    »Finstere Typen«, murmelte ich. »Wahrscheinlich von der Polizei.«
    »Ja und?« fragte Minolta.
    »Ja und?« flüsterte ich zurück. »Dahinter steckt bestimmt Zilda. Keine Ahnung, was sie sich ausgedacht hat. Hast du irgendwas bei dir?«
    »Irgendwas bei mir? Was denn?«
    Es klingelte wieder.
    »Rauschgift, Tabletten«, flüsterte ich ihr ins Ohr.
    »Rauschgift? Das war mal, mein Lieber, auf dem Trip sind jetzt Bankangestellte, Lehrer, Typen vom Milieu, die feinen Leute aus der Südzone. Laß die Polizei rein.«
    »Und du hier splitternackt? Zieh dir wenigstens was über.«
    Ich zog sie am Arm ins Schlafzimmer. »Zieh dieses Kleid an«, sagte ich und reichte ihr ein weites, langes Kleid, im übrigen das einzige, das sie besaß. Ungeduldig zog Minolta sich das Kleid über den Kopf, während ich ins Wohnzimmer zurückging.
    Wieder klingelte es.
    Wieder sah ich mir die beiden finsteren Gestalten durch den Spion an. Die Frau schien irgend etwas zu sagen wie: »Komm, wir brechen die Tür auf«. Sie wollten die Tür aufbrechen!
    »Die brechen gleich die Tür auf«, sagte ich zu Minolta.
    »Scheiße«, sagte Minolta und legte den Pinsel weg. »Warte, ich klär’ das.«
    Ohne durch den Spion zu sehen, öffnete Minolta die Tür.
    »Polizei, na klar!« sagte sie und umarmte die beiden Neuankömmlinge. »Das hier ist Siri, und das ist Mariazinha. Sie machen Schmuck und verkaufen ihn auf dem Hippie-Markt.«
    »Das haben wir mal. Die Aufsicht hat uns weggejagt. Jetzt verkaufen wir vor dem Postamt in Copacabana«, sagte Mariazinha. »Ist auch egal.«
    »Ich hab’ dir doch gesagt, daß die beiden zu uns zum Abendessen kommen.«
    »Nein, hast du nicht«, sagte ich.
    »Doch.«
    »Dann hab’ ich’s vergessen.«
    »Das ist also der … «, fing Mariazinha an und verstummte.
    »Der was?« fragte ich.
    »Sprich’s aus«, sagte Minolta.
    »Der Spießer?« beendete Mariazinha ihre Frage.
    »Ja«, sagte Minolta.
    »Nett«, sagte Mariazinha.
    »Kümmere dich nicht um diese Frauen«, sagte Siri.
    »Er hat gesagt, ihr wolltet die Tür aufbrechen«, sagte Minolta.
    »Wir?« fragten die beiden gleichzeitig verblüfft.
    »Hast du nicht gesagt: Komm, wir brechen die Tür auf?«
    »Ich? Ich hab’ gesagt: Komm, hier macht keiner die Tür auf.«
    »Wer Angst hat, sieht und hört nicht richtig«, sagte Siri.
    »Ich schenk’ dir was«, sagte Mariazinha. »Das habe ich selbst gemacht.«
    Sie gab mir eine goldfarbene Kette mit einem Anhänger.
    »Was ist das für ein Tier?«
    »Ein Gürteltier«, sagte Siri.
    »Häng es um«, sagte Mariazinha.
    Ich legte die Kette an.
    »Ich hab’ einen Bambussprossensalat für uns gemacht«, sagte Minolta.
    »Wir haben einen Weichkäse aus Ceará mitgebracht, den haben wir in São Cristóvão gekauft«, sagte Siri.
    Siri, wie der Flußkrebs, war kein Spitzname, wie ich später erfuhr. So hieß er wirklich. Trotz allem war mir das Paar gleich sympathisch. Nach dem Abendessen saßen wir bis spät in die Nacht zusammen und redeten. Um diese Zeit fuhren die Busse nur noch selten, und sie wohnten in Santa Teresa, wo man schlecht hinkam. Minolta lud sie zum Übernachten ein. »Ihr schlaft im Schlafzimmer. Ivan und ich im Wohnzimmer.« Sie wollten nicht, aber wir bestanden darauf, sie waren ja Gäste.
    »Du schläfst auf dem Sofa und ich auf dem Fußboden«, sagte Minolta, nachdem die Gäste sich im Schlafzimmer eingerichtet hatten.
    »Du schläfst auf dem Sofa, ich auf dem Fußboden. Schließlich bin ich der Hausherr«, sagte ich.
    Wir machten aus den Decken eine Art Matratze.

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