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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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Geruchssinn zurück – es war ein Geruch, den ich kannte, aber nicht gleich erkannte. (Es waren Räucherstäbchen, die Mariazinha verbrannt hatte.) Dann begann ich Geräusche zu hören, gedämpfte Stimmen, Geklapper von Geschirr, Hupen von draußen. Das Sehen kam zuletzt, auch deshalb, weil ich die Augen geschlossen hielt, während ich allmählich wieder zu mir kam.
    Die drei, Minolta, Mariazinha und Siri, beugten sich besorgt über mich.
    »Du hast uns einen verdammten Schreck eingejagt«, sagte Siri.
    »Du hast zwar gesagt, daß du wie tot sein würdest, wir waren also drauf vorbereitet, aber trotzdem haben wir uns Sorgen gemacht.«
    »Ich hab’ noch keinen Toten gesehen, der toter war als du. Man kam richtig auf Beerdigungsgedanken«, sagte Minolta.
    »Habt ihr einen Arzt geholt?« war das erste, was ich sagte.
    »Ja. Hier ist der Totenschein. Er hat dich untersucht und deinen Tod bescheinigt.«
    »Habt ihr alles gemacht, was ich euch gesagt hatte?«
    »Haargenau so. Als er sagte, du hättest einen Infarkt gehabt, habe ich verzweifelt gesagt, das könne nicht sein, er solle dich noch einmal untersuchen, du hättest eine eiserne Gesundheit gehabt, es hätte in der Familie einen Fall gegeben, ein Onkel, den man für tot gehalten hätte, der sei bei der Totenwache aus dem Sarg gesprungen und hätte alle Leute erschreckt.«
    »Die Geschichte vom Onkel hat er nicht geglaubt, das hab’ ich ihm angesehen, wahrscheinlich hat er sie für eine Erfindung der armen verzweifelten Witwe gehalten«, sagte Mariazinha.
    »Aber er hat ihn noch mal untersucht.«
    »Weil du so geschrien hast.«
    »Dann hat er gesagt, es tut mir sehr leid, Senhora, aber Ihr Mann ist eindeutig tot. Da konnte ich nicht anders und hab’ vor Lachen losgebrüllt.«
    »Ist er da mißtrauisch geworden?« fragte ich.
    »Nicht die Spur. Er hat mir ein paar Pillen gegeben. Wahrscheinlich hat er gedacht, ich war’ ausgeflippt. Ich hab’ alles ins Klo geworfen. Glaubst du vielleicht, daß ich Pillen nehme?«
    Ich griff nach meiner eigenen Sterbeurkunde und las sie mit der größten Erregung, die in dem schläfrigen Zustand, in dem ich mich befand, möglich war. Ich hatte die Beweise, die ich brauchte, um Zumbano und die Direktoren der Panamericana dazu zu bringen, das Grab öffnen zu lassen, in dem man angeblich Maurício Estrucho beerdigt hatte, und sich davon zu überzeugen, daß es leer war. Anschließend mußte man nur noch die Totengräber ausfindig machen, die an der Betrugsgeschichte beteiligt waren, und das Schwindlerpaar entlarven.
    Eines war merkwürdig: Während der zwei Tage, die ich unter der Wirkung der Droge gestanden hatte, war mein Bart nicht gewachsen. Ich rasiere mich täglich jeden Morgen und Abend, weil harte Stoppeln mein ganzes Gesicht bedecken und dunkel machen. So manches Mal hatte Zilda mich aus dem Bett geworfen, damit ich mich rasierte, weil ich sie kratzte. Aber an diesem Tag – den ich in Totenstarre verbracht hatte – war bei mir nicht ein einziges Barthaar gewachsen.
    Mit der Sterbeurkunde in der Tasche ging ich zur Panamericana.
    »Was war denn los?« fragte Gomes. »Ich habe jeden Tag bei dir zu Hause angerufen und zu hören bekommen, du wärst verreist.«
    »Was gewissermaßen auch stimmt«, sagte ich.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich muß mit Dr. Zumbano reden«, sagte ich.
    »Langsam. Mach keinen Unsinn. Sonst schmeißen sie dich noch raus.«
    »Sollen sie doch.«
    Dona Duda schenkte mir keine Praline. Sie begrüßte mich kühl und sagte, noch ehe ich den Mund aufmachte: »Dr. Zumbano ist beschäftigt.«
    »Aber ich muß ihn unbedingt sprechen.«
    »Ausgeschlossen. Ich sagte schon, er ist beschäftigt.«
    »Tut mir leid, Dona Duda«, sagte ich. Ich machte die Tür zu Dr. Zumbanos Zimmer auf und ging hinein.
    Dr. Zumbano las Zeitung. Er stand überrascht auf und legte die Zeitung zusammen.
    »Ich habe gesagt, daß Sie beschäftigt sind, aber er ist trotzdem reingegangen«, sagte Dona Duda hinter mir.
    »Hinaus«, sagte Dr. Zumbano.
    »Ich gehe erst, wenn Sie mir zugehört haben«, antwortete ich.
    »Dann schaffen wir Sie mit Gewalt raus. Rufen Sie die Wachleute, Dona Duda, damit sie diesen Geistesgestörten aus meinem Zimmer entfernen.« Er war wütend, seine Stimme zitterte.
    »Ich habe hier sämtliche Beweise für die Machenschaften der Estruchos.« Ich zog die Sterbeurkunde aus der Tasche und hielt sie Zumbano vor die Nase.
    »Ist gut, Dona Duda. Ich rede mit Herrn Canabrava.«
    »Sie meinen, ich soll nicht –

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