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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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keine Zeit mehr gehabt, mir den Schwanz abzuschneiden. Guedes, der schmierige Polyp, der den Millionär beschattet hatte, war noch rechtzeitig mit anderen Polizisten gekommen, um das zu verhindern. Delamare und seine Gangstergehilfen waren bei dem Schußwechsel im Weinkeller in der Rua Sara Vilela ums Leben gekommen. Auch zwei Polizisten waren getötet worden.
    Hoden hatte ich jetzt keine mehr. Der Arzt versicherte mir, der einzige Nachteil, den ich dadurch hätte, sei Unfruchtbarkeit. Meine sexuelle Potenz würde durch die Hodenamputation nicht beeinträchtigt. Aus psychologischen Gründen riet er mir zu einer Prothese, der Implantation von Vinylhoden, »in Gewicht und Form mit den echten identisch«.
    »Wie wollen Sie denn das Gewicht und die Form der echten herauskriegen?«
    »Das berechnen wir, das ist nicht schwierig«, sagte er.
    Ich glaubte dem Arzt kein Wort. Ich war auch nicht gewillt, auf seinen Vorschlag einzugehen und einen Psychologen, Analytiker oder sonst was zu Rate zu ziehen.
    Ich blieb nur ein paar Tage im Krankenhaus. Sobald ich durfte, ging ich nach Hause. Aber nicht zu mir, sondern zu Minolta nach Iguaba.
    »Du hast dich verändert, aber ich finde es gut, wenn wir für eine Weile untertauchen.«
    Im Haus war ein Fernseher, aber ich vermied es, die Nachrichten zu sehen. Ich wollte von dem Fall Delamare nichts hören.
    Allerdings erzählte Minolta mir immer, was sie im Fernsehen gesehen hatte. Zusammengefaßt:
    Der Millionär Eugênio Delamare hatte den Profi-Killer Agenor Silva von der als Jacaré-Fraktion bekannten Gangsterbande, die die Zuchthäuser von Rio de Janeiro kontrollierte, engagiert, damit er seine Frau Delfina Delamare umbrachte, denn er hatte herausbekommen, daß sie die Geliebte des Schriftstellers Gustavo Flávio war. Agenor Silva war, nachdem er das Verbrechen ausgeführt hatte, von der Polizei festgenommen worden. Aber mysteriöserweise hatte er ausbrechen können. Pedro de Alcântara, genannt Der Hobel, und Jorge Luis, genannt Dickes Blei, zwei andere Pistolenhelden der Jacaré-Fraktion, hatten in einer typischen Spurenvernichtungsaktion Agenor ermordet, um zu verhindern, daß er womöglich Eugênio Delamare beschuldigte, den Mord an seiner Frau in Auftrag gegeben zu haben. Der Millionär Delamare wollte sich auch am Geliebten seiner Frau rächen. Der Hobel und Dickes Blei hatten in seinem Namen den Schriftsteller Gustavo Flávio entführt, um ihn zu mißhandeln und anschließend zu töten. Inspektor Guedes hatte mit zwei Helfern die Villa des Millionärs gestürmt, als der Schriftsteller gerade gefoltert wurde. Bei dem Schußwechsel zwischen der Polizei und den Gangstern starben Delamare, Dickes Blei, Der Hobel und der Chauffeur des Millionärs namens Matinho, der ebenfalls den Schriftsteller gefoltert hatte. Die beiden Polizisten, die Guedes begleitet hatten, waren verletzt worden und bei der Einlieferung ins Krankenhaus gestorben. Welche Rolle Guedes gespielt hat, wird derzeit von der Justiz untersucht. Wie verlautet, soll Guedes vor Agenors Flucht bei dem Millionär gewesen sein, und Delamare soll den Polizisten bestochen haben, damit er dem Todesschützen zur Flucht verhalf und seinen anschließenden Tod ermöglichte. Das Gemetzel im Haus des Millionärs, bei dem Guedes den Befehl führte, sei für den Polizisten die Möglichkeit gewesen, sämtliche Personen zu beseitigen, die seine kriminelle Beteiligung an dem verwickelten Fall enthüllen und ihn dadurch hätten belasten können. Der Polizist war von seinem Posten suspendiert worden, solange gegen ihn ermittelt wurde.
    »Eine nur zur Hälfte erzählte Wahrheit ist schlimmer als jede Lüge, die man sich ausdenken kann«, (vgl. Blake { * } ) sagte ich. »Haben sie beschrieben, wie man mich mißhandelt hat?«
    Minolta stotterte.
    »Mehr oder weniger. Weißt du was? Ich glaube, das alles kurbelt den Verkauf deiner Bücher an.«
    »Was? Du meinst, jemand könnte ein Buch kaufen, nur weil sie den Autor kastriert haben?«
    Minolta sagte nichts.
    »Wer sich bestimmt freut, ist Zilda.«
    »An die hatte ich noch gar nicht gedacht«, sagte Minolta. »Aber da besteht keine Gefahr. Du hast dich sehr verändert.«
    »Guedes tut mir leid.«
    »Der Polyp? So, wie der Kerl dich verfolgt hat, und dann hast du mit dem Mitleid?«
    Wir schwiegen eine Weile.
    »Ob mein Schwanz jemals wieder hart wird?«
    Minolta setzte sich neben mich und zog meinen Kopf an ihre Schulter. Ich schob sie weg.
    »Was nützt es, weiterzuleben, wenn einem der

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