Bufo & Spallanzani
sich ging. Da war ein Mensch, den ich kannte.
»Ich weiß, wer Sie sind«, stammelte ich.
»Das Schwein ist noch betäubt.«
»Sie sind Eugênio Delamare«, sagte ich.
»Können Sie von hundert rückwärts zählen?« fragte Delamare.
»Natürlich«, sagte ich. »Hundert … neun … neun … «
»Ich will ihn so weit haben, daß er alles sehen und begreifen kann«, sagte Delamare zu einem der Männer neben mir. Es waren drei Männer bei ihm, allesamt in Nebelschleier gehüllt.
»Das hier ist ein Weinkeller«, sagte ich. Ich wollte auf die zahllosen Weinflaschen zeigen, die in Regalen entlang der Wände lagen, aber meine Hände waren festgebunden.
»Hast du die Tür oben zugemacht?« fragte Delamare.
»Ja«, antwortete einer. Das war sein Chauffeur. Die Bilder wurden allmählich etwas deutlicher.
»Kannst du das hier sehen?« fragte Delamare.
Es war ein Messer. Funkelnd reflektierte es das Deckenlicht.
Mir lief ein Schauer über die nackten Beine. Mein Herz krampfte sich zusammen. Da merkte ich, daß ich auf einem gynäkologischen Stuhl angebunden war, wie eine Frau, die ein Kind gebären will.
»Jetzt reiße ich dir deine Klöten raus. Das habe ich dir versprochen, weißt du das noch?« sagte Delamare.
Die anderen Männer ringsum lachten. Einer von ihnen war der Blumenbote.
In meiner Panik fing ich an zu strampeln, aber meine Arme, meine Beine und mein Rumpf waren fest mit Drähten angebunden, die mir ins Fleisch schnitten. Blut rann über meinen Körper.
»Das habe ich schon oft gemacht, bei meinen Bullen auf der Fazenda. Aber bei dir macht das mehr Spaß«, sagte Delamare.
Ich schloß die Augen.
Ich hatte schon oft gehört, wenn ein Schmerz sehr stark ist, fühlt man ihn nicht. Das stimmt.
»Er soll die Augen aufmachen.«
Jemand gab mir eine kräftige Ohrfeige.
»Weißt du, was das hier ist?« Delamare kam mit seiner Hand näher an mein Gesicht. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er eine beigefarbene Kugel; sie sah wie ein Teil der Jacafrucht aus, eiförmig, glatt, matt, fest. »Das ist einer von deinen Klöten, du Weiberhengst.«
Delamare riß das Ei mit den Fingernägeln auf und zog die langen Kanälchen heraus, die wie Schnüre aussahen, als wäre mein Hoden ein Knäuel dickes Garn.
»Hast du schon mal Kampfhunde in Aktion gesehen?« fragte Delamare, während er die Schnüre aus meinem Hoden herauszog. »Wenn ich nach England fahre, gehe ich immer zum Hundekampf, das sind die besten der Welt, die Engländer verstehen ihr Geschäft, die haben Format, Tradition. Schon als kleinem Welpen bringt man dem Kampfhund, dem Pit-Bull-Terrier, einer Kreuzung zwischen Bulldogge und Terrier, eine Vorliebe für das Fleisch und das Blut von anderen Hunden bei.«
Delamare stellte sich wie ein Redner in Positur. Mein Hoden war jetzt ein langer dünner Darm, der über den Boden schleifte. Seine Gefolgsleute hörten ihm ehrfürchtig zu.
»Wenn er ins kampffähige Alter kommt, sperrt man den Hund mehrere Tage, ohne ihn zu füttern, mit einem anderen, schwachen Tier zusammen, dessen Körper man vorher blutende Wunden zugefügt hat. Ich brauche ja wohl nicht zu sagen, was dann passiert. Der Bull-Terrier zerfleischt den anderen Hund. Das wird während der Ausbildungsphase mehrfach wiederholt. Später nimmt man einen Hund ohne Verletzungen, auch der wird in Stücke gerissen und aufgefressen. Von da an sieht der Bull-Terrier in jedem Hund einen Feind, den er zerfetzen und verschlingen muß. Das werde ich zwar nicht mit dir machen, ich bin ja kein bissiger Hund. Ich schneide dir nur deine Klöten ab, schön der Reihe nach, ganz in Ruhe, ohne Hast – ich hab’s dir versprochen, erinnerst du dich? –, und dann, zur Krönung des Festes, schneide ich dir den Schwanz ab und werfe alles in den Abfall. Ich hoffe, das tut deiner Kreativität keinen Abbruch. Deine Bücher gefallen mir. Außerdem ist es für dich für eine Belcanto- Karriere viel zu spät, und ich glaube auch nicht, daß sie in den Opernhäusern heute noch Kastraten einsetzen.«
Delamare schnitt sorgfältig die andere Seite meines Hodensacks auf und holte vorsichtig meinen zweiten und letzten Hoden heraus.
Da fiel ich vor Entsetzen in Ohnmacht.
Ich wachte im Krankenhaus auf. Das erste, was der Arzt mir sagte, war, daß ich nicht in Lebensgefahr schwebte. Ich hätte etwas Blut verloren, aber man hätte beschlossen, mir in Anbetracht der Gefahr, daß Aids, Hepatitis et cetera übertragen werden könnten, keine Transfusion zu geben.
Delamare hatte
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