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 Bufo & Spallanzani

Bufo & Spallanzani

Titel: Bufo & Spallanzani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rubem Fonseca
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wurde im Speicher gelöscht. Ich drückte auf die Tasten CONTROL und Q, quitting the document, und kehrte zum Programm-Menü zurück. Auf dem Bildschirm:
    (O) Open a document
    (D) Display disk directory
    (S) System setup Utility
    (P) Proofread a document
    (C) Compress a document
    (A) ASCII text conversion Utility
    (E) Exit to TRSDOS
    Ich drückte auf die Taste E. TRSDOS Ready.
    Ich schrieb: KILL BUFO: 1. Ich drückte auf die Taste ENTER.
    Der TRSDOS suchte und fand, was im drive 1 über Bufo & Spallanzani war, und löschte alles, den ganzen Anfang, den ich abgespeichert hatte; die Begegnung des Wissenschaftlers mit der Kröte, Lauras ersten Auftritt, den Turm von La Ghirlandina mit der Glocke, Spallanzanis Kindheitsgeschichte, meine Notizen, das ganze Konzept des Buches, alles wurde im Bruchteil einer Sekunde ausgelöscht, vernichtet. Bufo & Spallanzani war von der Erdoberfläche verschwunden, alles in den großen Abfalleimer des Vergessens geworfen. Der Befehl KILL war so gebieterisch, daß der Computer, ohne über die erhaltene Anweisung zu diskutieren, gehorchte.
    KILL. Töten, vernichten. Um Delamare zu töten, brauchte man auch nur auf eine Art Taste zu drücken, den Abzug der Pistole neben mir. Meine Phantasie schweifte ab.
    Es klopfte.
    Durch den Spion sah ich einen Mann mit einem riesigen, mit bunten Schleifen geschmückten Rosenstrauß.
    »Gustavo Flávio?« fragte er.
    Da begriff ich und versuchte, die Tür zu schließen, aber es war schon zu spät. Er drückte mir die Waffe auf die Brust und sagte: »Rein.«
    Er kam mir nach und stieß die Tür mit dem Fuß zu. Mürrisch warf er die Blumen auf den Fußboden.
    »Die Hände auf den Rücken«, sagte er. Geschickt fesselte er mir die Handgelenke. »Hier hinlegen«, befahl er kühl und zeigte auf den Fußboden. Ich streckte mich bäuchlings aus. Dann hörte ich ihn telefonieren.
    »Bin schon drin. Kinderspiel. Das Schwein hat einen Colt. Veraltet.« Er legte auf.
    »Hören Sie«, setzte ich an.
    »Halt den Mund.« Er klang nicht wütend, aber sein Tonfall war trocken und einschüchternd.
    Mühsam drehte ich den Kopf, um zu sehen, wo der Kerl war. Er saß aufrecht in einem Sessel im Wohnzimmer, beide Hände auf den Beinen abgestützt. Die Pistole war verschwunden. Er sah mich gleichmütig an. Wenn sein unerforschliches Gesicht überhaupt irgend etwas verriet, dann größtes Desinteresse an mir.
    Es klingelte, ich bekam Herzklopfen. Ich hörte, wie der Mann die Tür aufmachte. Den Geräuschen nach mußten es zwei sein, die da gekommen waren. Als ich den Kopf drehen wollte, um zu sehen, wer hereingekommen war, bekam ich einen Kolbenschlag in den Nacken.
    »Lieg still.«
    Ich merkte, daß sie mir den Gürtel lockerten und den Reißverschluß meiner Hose öffneten. Sie zogen mir die Hose herunter.
    »He!« protestierte ich.
    Noch ein Kolbenschlag, anschließend ein feiner Schmerz im Gesäß. Sie hatten mir eine Spritze gegeben. Einer der Männer ging so dicht an mir vorbei, daß er in mein Blickfeld kam. Er hatte einen schwarzen Bart. Bilder aus den Tagen im Irrenhaus schossen mir durch den Kopf. Psychiater. Detektive. Staatsanwälte. Richter. Blumen auf einem Grab. Die Grabplatte hob sich, wie in einem Vampirfilm, und ein ganz in Schwarz gekleideter Mann mit einer weißen Blume im Knopfloch sagte lächelnd zu mir: »Sehr angenehm, Maurício Estrucho.«
    »Am schlimmsten«, sagte Estrucho, »am arrogantesten und hinterhältigsten ist die Autorität des Künstlers: unerbittlich verurteilt er jeden, der anders denkt als er, und spielt sich dabei immer als gerecht und unparteiisch auf.« Als ich mich gerade über diesen Ausspruch von Estrucho wundern wollte, wurde sein Gesicht älter, ein weißer Bart wuchs ihm am Kinn, und wer nun zu mir sprach, war Tolstoi: »Wann bist du eigentlich endlich mit diesem verdammten Bufo & Spallanzani fertig?« Ich wollte ihm gerade sagen, daß Bufo & Spallanzani von dem Computer geKILLED worden war, da brach der Traum ab.

7
     
    Ich hörte Stimmen. Ich saß auf einem unbequemen Flugzeugsitz. Da ich groß und dick bin, war es für mich immer beschwerlich, in den engen Flugzeugsitzen zu reisen. Dieser Sitz, auf dem ich mich befand, klemmte mich ein, genau wie alle anderen. Ich schlug die Augen auf und sah ein Paar hochgehobener nackter Beine. Das waren ja meine Beine! Was war das für ein Albtraum? Ich machte die Augen wieder zu.
    Irgend jemand schlug mir ins Gesicht. Erst nur leicht, dann kräftiger. Ich versuchte zu begreifen, was vor

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