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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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drückte die rote Hörertaste seines Handys und sah seinen Ruderkameraden an, der das Gespräch verfolgt hatte.
    »Das wollte sie nicht glauben, was?«, fragte Harm Wientjes.
    »Ist ja auch unglaublich!«, erwiderte Jande.
    Noch immer rührte Harm Wientjes seinen Kaffee um und schien den kleinen Schlieren nachzusehen, die sich auf der Oberfläche des braunen Getränkes abzeichneten. Sie waren kaum vergleichbar mit dem Wulkje, das die Sahne auf der Oberfläche des Tees bildete, wenn man sie vorsichtig hinzugab.
    »Ist aber auch ein Scheiß!«, murmelte Gernot Jande in sich hinein.
    »Riesenscheiß!«, stimmte Wientjes zu.
    »Schüsse in dieser gottverlassenen Gegend – auf ein Ruderboot!« Jande schüttelte den Kopf. »Mann, da fallen mir tausend andere Ziele oder Leute ein, auf die man mal schießen könnte …«
    »Sag’ nicht so was!«, meinte Wientjes und hörte nicht auf zu rühren. Der Kaffee musste inzwischen kalt sein.
    »Du hast doch mal erzählt …«, begann Jande unvermittelt und sah seinen Begleiter an, »dass du öfter Streit mit deinem Nachbarn hast.«
    »Und?«
    »Im Moment auch?«
    »Ach, einig werden wir uns in diesem Leben wohl nicht mehr! Mal geht’s, mal flippt er wieder aus und hat irgendetwas zu meckern …«
    »Ist der nicht im Schützenverein?«
    »Ist er. War sogar mal Schützenkönig. Er bildet sich Gott-weiß-was darauf ein!«
    »Wenn er so richtig wütend wäre auf dich – er kann mit Waffen umgehen, sogar besonders gut …« Jande brauchte nicht weiterzureden.
    »Du meinst …«, stockte Wientjes, sah Jande konsterniert an.
    »Der Gedanke kam mir so.«
    Harm Wientjes betrachtete ein Foto an der weißen Wand auf der anderen Seite des Flures. Es zeigte das Emder Rathaus mit dem davor liegenden Feuerschiff ›Deutsche Bucht‹. Plötzlich schüttelte er heftig den Kopf und sagte: »Er ist ein Arschloch, aber er ist nicht kriminell!« Wientjes’ Antwort war, was den ersten Teil anbelangte, wenig sachlich, dennoch klang sie überzeugend.
    »Ich sag’ ja, es war nur so ein Gedanke. Immerhin ist es doch seltsam, dass mitten im Schilf Schüsse fallen. Der Kommissar sagte doch schon – da gibt es Ansitze von Jägern. Ich erinnere mich, dass du erzählst hast, er gehe manchmal auf die Jagd. Und er ist öfter am Großen Meer, hast du nicht von dessen Wochenendhaus erzählt? Dazu kommt, dass er weiß, was du so treibst.«
    »Auf die Jagd geht er manchmal, das stimmt. Und sein Meerhaus ist ganz in der Nähe des Tatortes. Ich wollte – obwohl ich ihn nicht ausstehen kann – dort Hilfe holen.«
    »Und?«
    »Niemand da!«
    »Oder wohlweislich nicht geöffnet!«
    »Du siehst Gespenster.«
    Wientjes dachte an die vielen Kontroversen mit seinem Nachbarn, den Schlag ins Gesicht … Er wusste, dass Ahlert schnell überhitzen konnte, aber so etwas? Er war Schütze, aber mit entsprechendem Verantwortungsbewusstsein. Oder?
    »So weit würde er nicht gehen!«, entschied er. »Außerdem ist Stöwers angeschossen worden, nicht ich!«
    »Vielleicht nicht richtig gezielt? Vielleicht war er duhn?«
    »Nee, lass’ mal. Der trifft. Hat mehrere Preise gewonnen. Darauf weist er immer wieder hin. Selbstlob stinkt bei dem nicht.«
    »Die Polizei wird’s klären, aber eventuell sollte man ihr einen Hinweis geben?«
    »Ich will niemanden in falschen Verdacht bringen, selbst Ahlert nicht! Lass mal gut sein, die werden wissen, was sie tun. Wenn sie tatsächlich fragen, kann man das immer noch erwähnen. Jetzt ist erst einmal wichtig, dass Dietmar überlebt hat.«
    »Das kann man auch von dir sagen, vielleicht von uns allen! Mann, stell’ dir mal vor, es hätte wirklich einen von uns erwischt …«
    »Nee, das stell’ ich mir lieber nicht vor!«
    In diesem Augenblick kam der Assistenzarzt vorbei und wurde von den zwei Ruderern, die nach wie vor in ihrer Sportbekleidung dort saßen, zur Rede gestellt. Von diesem beruhigt, einigten sie sich darauf, zum Ruderverein zurückzukehren, bevor Stöwers’ Freundin eintraf. Die anderen hätten wohl bereits die Boote geputzt und an ihre Plätze befördert und warteten auf Nachricht aus dem Krankenhaus. Diese wäre entscheidend dafür, wie der letzte Abend der Rudertour gestaltet würde. Ausgelassen und fröhlich sicherlich nicht – aber wenn Stöwers wieder einigermaßen fit war, könnte man sich wenigstens guten Gewissens noch ein, zwei Pils genehmigen und etwas essen. Eine Erklärung finden für das, was geschehen war, würden sie wohl kaum. Soviel war klar, hier half nur

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