Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leander Haußmann
Vom Netzwerk:
Erinnerung. Das Ereignis wird sich schnell herumsprechen, bis nach Berlin.
     
    »Wach auf!« Uwe rüttelt an meiner Schulter.
    »Was ist denn los?«, frage ich matt, die Nacht ist lang und feucht gewesen nach diesem Erfolg.
    »Die sitzen im Theater und planen irgendein Ding gegen dich.«
    Ich renne über den mit Kohlenstaub bedeckten Hof, der Hahn kräht, es ist elf Uhr. Die Parteiversammlung findet heute in der Kantine statt. Die Kegelbrüder kommen mir entgegen, sie verschwinden im Keller, zum Training. Ich trete gegen die verschlossene Schwingtür, das Schloss zerbirst, die Tür schwingt auf. »Wer erzählt hier Scheiße?«, frage ich, breitbeinig vor dem Präsidium stehend, noch im Schlafanzug, die Fäuste geballt. Ich zeige auf einen dicken Mann, dessen schwitzendes Gesicht so rot geworden ist, dass es einem Geständnis gleichkommt. »Wer hier weiter so eine Scheiße erzählt, kriegt eine aufs Maul. Außerdem ist das ja hier wohl eine Kantine und kein beschissenes Sitzungszimmer, und jetzt wird hier gefrühstückt.« Ich setze mich an einen Tisch. »Spiegelei bitte, Gabi!«
    »Alles klar«, kommt es aus der Küche.
    Die Parteiversammlung geht weiter, während ich mein Spiegelei esse.
     
    »Du musst gehen«, sagt Intendant Thiede zu mir, es gefällt ihm nicht, er sieht in mir eine Begabung und sich als Entdecker. Seine Jacke hängt lässig über dem Stuhl, das Parteiabzeichen blinkt traurig. »Sie machen es mir zum Verhängnis. An einem Parteiverfahren komme ich wohl nicht vorbei, man fragt nach den 500   Mark für den, wie hieß er doch, Verstärker, den der Uwe haben wollte, und die Sache gestern, na ja, egal, jedenfalls musst du gehen, das ist mein Parteiauftrag. Wenn ich dich nicht rausschmeiße, sind meine Tage hier auch gezählt. Und sie haben deinen Ausreiseantrag herausgeholt, ich hätte dich gar nicht einstellen dürfen.«
    »Alles klar, Herr Thiede«, sage ich.
    Herr Thiede beugt sich zu mir nach vorne und flüstert: »Starkes Ding gestern, das war ja wohl Rock ’n’ Roll vom Feinsten.«
    Die Tür steht offen, im hinteren Raum kann man den Parteisekretär-Volkskammerabgeordneten-Dramaturgen sehen, wie er versunken in Akten blättert. »Ich krieg dich, du Hahn«, sagt er und wirkt etwas irre.
    »Die Genossen stehen hinter mir«, sagt Thiede, »sie werden mich verteidigen, aber für dich, Leander, kann ich leider nichts mehr tun.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Thiede«, sage ich, wir geben uns die Hand. »Danke«, sage ich noch und gehe. Ich drücke die rosafarbene Fluse im Vorzimmer. Sie hat Tränen in den Augen. Dann schließe ich die Tür hinter mir und gehe an das Deutsche Nationaltheater in Weimar. Dort spiele ich im Tankred-Dorst-Stück »Ich, Feuerbach«. Der Intendant Fritz Wendrich hat mich geholt, ihm ist mein Ausreiseantrag egal.
    Währenddessen gehen in Suhl, Zwickau, Zittau, später in Leipzig, Dresden, und ziemlich am Schluss auch in Berlin die Menschen auf die Straße.

10 ABENTEUERLAND
ABENTEUERLAND
    10 »HOHOHO«, RUFEN DIE BULLEN IM CHOR, »hohoho«, und stürmen die Hinterhöfe, in die sie die Demonstranten getrieben haben. Lastwagen fahren vor. Was für ein Abenteuer. Leute werden durch die Hofgänge gezerrt und auf die Lastwagen verfrachtet. Ich spüre ein unbändiges Verlangen, dabei zu sein. Ich jubiliere.
    »Du lässt dich nicht verhaften«, sagt meine Frau Christiane streng und zerrt mich einen Treppenaufgang hinauf. Und ich wäre doch so gerne mit auf den Lastwagen. Noch meinen Enkeln und Urenkeln würde berichtet werden, was ihr Vorfahre, ihr Stammvater, für ein Held gewesen ist.
    Aber Christiane, die Spielverderberin, hat bereits an eine Tür geklopft, der Bewohner lässt uns sofort herein und verschließt die Tür wieder. Wir hören die Motoren, wie sie aufheulen und mit ihrer zunächst johlenden, dann immer stiller werdenden Fracht Richtung Rummelsburger Zuchthaus verschwinden. Ohne mich.
     
    Ich stehe auf dem Bahnhof Alexanderplatz. Zwei Typen kommen auf mich zu. Ich denke, das gibt es doch nicht, dass es die noch gibt. Windjacke, Handgelenkstäschchen, Kurzhaarschnitt, Bügelfalte in der Jeans. Sie zeigen mir einen Ausweis, den ich nicht beachte. »Staatssicherheit«, sagt einer der beiden leise, der andere sagt: »Ausweis.«
    »Alles klar«, sage ich und zeige ihnen einen Vogel.
    Die beiden schnappen empört nach Luft. Dann fallen sie plötzlich synchron in sich zusammen. Sie drehen sich um und gehen eilig weg.
    Auf dem Alex findet eine Großkundgebung

Weitere Kostenlose Bücher