Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
Lippen, während sie darauf hinabblickte. Ihre Finger waren dünn und trocken und schienen die Haut kaum zu berühren, trotzdem stach es tief in Fawns Arm, als sie daran entlangfuhren. Fairbolt schaute aufmerksam zu und erinne r te sich nur gelegentlich daran zu atmen. Endlich setzte Hoharie sich auf, einen schwer deutbaren Ausdruck auf dem Gesicht.
»Nun. Das ist ein machtvolles Stück Essenzmanipul a tion für einen Streifenreiter. Versteckst du hier etwa Begabungen, Fairbolt? «
Fairbolt kratzte sich am Kopf. »Wenn das so ist, dann hat Dag sich selbst versteckt. «
»Hat er dir gegenüber diese Sache mit der Glasschü s sel und der Geisterhand erwähnt? «
Fairbolts Augenbrauen schossen in die Höhe. »Nein …?«
»Oh. «
»Ist es « – Fawn schluckte – »das, was Dar gesagt hat? Üble Magie? «
Hoharie schüttelte den Kopf, mehr ein Ausdruck der Zurückha l tung als der Verneinung. »Du musst daran denken, ich habe nie Sklaven eines Übels aus der Nähe gesehen. Ich habe nur von ihnen gehört. Auch wenn ich schon Erdleute seziert habe, und darüber könnte ich e i niges erzählen.
Aber um ehrlich zu sein, dies hier erinnert mich fast an die Art, wie wir die Essenz zur Heilung verschränken. Was mehr ein Tanz zwischen zwei Essenzen ist, die jeweils gegeneinande r stoßen. Im Gegensatz zu einer geformten oder ungeformten Essenzverstärkung, bei der der Heiler tatsächlich etwas von der eigenen Essenz fortgibt. Möglicherweise ist die Essenz eines Übels einfach so mächtig, dass sie unterwirft statt zu tanzen, die andere Essenz einfach beiseite stößt . Obwohl es in diesem Fall auch eine Ungleichheit gibt … kann ich doch nicht fes t stellen, wie weit sie reicht, solange Dag nicht gleich d a neben steht. «
Fawn seufzte wehmütig bei der Vorstellung, dass Dag direkt neben ihr stand und in Sicherheit war.
Mit ein wenig erstickt klingender Stimme stellte Fairbolt fest: »Sind hundert Meilen nicht ein wenig viel, um noch die Essenz zu verschränken, Hoharie? Meiner E r fahrung nach macht man das für gewöhnlich Haut an Haut. «
»Hier kommt das fast ins Spiel. In diesem Fall ist beides ve r mischt. Dag hat ein wenig geformte – sehr fein geformte Es s enzverstärkung in Fawns linkem Arm und der Hand platziert, die mit seiner Essenz im Eheband und mit der ihren zugleich tanzt. Das ist es, was Fawn fühlt. Es ist eigentlich alles sehr, äh … gefühlsgeleitet. «
Vermutlich erkannte sie die Verwirrung in Fawns G e sicht, denn Hoharie fuhr fort: »Es ist so, Kind: Was ihr Landleute als Za u berei bezeichnet, ob von Seenläufern oder Übeln, ist stets nur eine Art Essenzmanipulation. Ein Formwirker zieht die Essenz, mit der er arbeitet, aus sich selbst, und er muss sich erholen, indem er sie wieder nachwachsen lässt, so rasch ein lebendes Wesen seine Essenz eben regenerieren kann.
Ein Übel stiehlt die Essenz aus der Welt um sich herum, une r sättlich, und gibt nichts davon zurück. Stell dir einen Bach vor und einen Fluss bei Hochwasser. Bei dem einen kannst du an einem heißen Tag etwas zu trinken finden. Der andere spült dir dein Haus weg und ertränkt dich gleich noch dazu. Beides ist Wasser. Aber niemand bei vollem Verstand hat irgendwelche Schwierigkeiten, das eine vom anderen zu unterscheiden. Ve r stehst du? «
Fawn nickte, wenn auch ein wenig unsicher, um guten Willen zu zeigen.
»Ist mein Truppführer nun also verletzt oder nicht? «, fragte Fairbolt und rutschte ungeduldig hin und her. »Was geht da in Feuchtwalde vor, Hoharie? «
Hoharie schüttelte wieder den Kopf. »Du fragst mich, wie etwas aussieht, von dem ich gerade mal einen Blick durch eine um die Ecke gehaltene Spiegelscherbe erhascht habe. Im Dunkeln. H a be ich alles davon gesehen oder nur einen Ausschnitt? Steht es mit irgendwas in Z u sammenhang? « Sie wandte sich an Fawn. »Was genau tut dir weh? «
Fawn streckte die Finger aus und beugte sie wieder. »Haup t sächlich die linke Hand. Je weiter es den Arm hinaufgeht, umso mehr verblasst das Gefühl. Nur dass ich mich insgesamt etwas kühl fühle. «
Fairbolt murmelte: »Aber Dag hat überhaupt keine …« Dann verzog er das Gesicht, und für einen kurzen A u genblick wirkte er sogar noch verwirrter als Fawn.
»Es ist … wie soll ich es sagen «, erklärte Hoharie widerstr e bend. »Wenn der Rest seiner Essenz ebenso ang e spannt ist wie das, was ich fühle, dann muss sein Körper in einem ziemlich schlechten Zustand sein. «
»Wie schlecht, wie ? «, schnauzte
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