Bullenball
lieb haben.
Marie dachte nach. Der König von Brook. Der Schatten, der sie im
Probenraum niedergeschlagen hatte, war jedenfalls nicht Niklas gewesen.
Zumindest hatte das die Polizei gesagt: Während des Überfalls habe Niklas im
Bus nach Brook gesessen, der Fahrer könne sich noch gut erinnern. Er hatte also
ein Alibi. Marie glaubte ohnehin nicht, dass Niklas zu so etwas imstande wäre.
So seltsam er sich auch benehmen konnte, im Grunde war er ein guter Typ.
Außerdem war es sehr wichtig für ihn, ein Teil der Jazzband zu sein, auch wenn
er das niemals zugeben würde.
»Was macht Niklas jetzt eigentlich?«, fragte sie.
»Er hat Hausarrest. Sitzt den ganzen Tag auf seinem Zimmer und schmollt.
Papa ist total ausgerastet. Er hat Niklas beschimpft, ich sage dir, so was hab
ich noch nicht erlebt. Der Ärmste. Hat mir fast leidgetan.« Sie seufzte. »Aber
Niklas ist auch ein Idiot. Und diese Sache mit den Amokdrohungen war wirklich
zu viel des Guten. Wie Papa durchgedreht ist, hat ihn das bestimmt getroffen.
Tief innen drin ist Niklas nämlich doch ein kleines Sensibelchen, auch wenn er
das keinem zeigt. Und Papa hat Dinge zu ihm gesagt, die gingen wirklich unter
die Gürtellinie. Der war echt fuchsteufelswild.«
»Niklas wird schon drüber wegkommen.«
»Na ja, das hoffe ich.«
Sie fuhren auf den Hof von Jules Eltern. Marie parkte vor dem
Tennentor, und sie gingen ins Wohnzimmer, um sich wieder an die
Hochzeitsvorbereitungen zu machen.
Marie konnte sich jedoch kaum konzentrieren. Je länger sie darüber
nachdachte, desto zwingender erschien ihr der Gedanke, dieser König von Brook,
den Adelheid für einen potenziellen Amokläufer hielt, könnte etwas mit den
Angriffen auf die Jazzband zu tun haben. Sie musste unbedingt mehr darüber
herausfinden.
Jule hatte Kochbücher hervorgekramt. Sie blätterte darin herum auf
der Suche nach Rezepten für irgendwelche Häppchen, die sie bei der
standesamtlichen Hochzeit anbieten konnte.
»Diese Fleischbällchen in Blätterteig sehen doch gut aus, oder was
meinst du? Obwohl ich nicht sicher bin, ob wir uns nicht besser auf
vegetarische Häppchen konzentrieren sollten.«
Marie hielt es nicht länger aus. »Sag mal, Jule, kann ich vielleicht
mal kurz an deinen Computer? Ich würde gerne meine E-Mails abrufen.«
»Ist das denn so wichtig?«
»Uli wollte sich noch mal melden wegen der Häppchen. Vielleicht hat
sie ja eine Idee, dann brauchen wir gar nicht weiterzusuchen.«
»Ach so?« Jule legte das Kochbuch zur Seite. »Natürlich, kein
Problem. Der müsste sogar noch hochgefahren sein.«
Sie machte Anstalten aufzustehen, doch Marie winkte ab.
»Lass mal, guck du ruhig weiter. Ich komm schon alleine klar. Bin
gleich wieder da.«
Bevor Jule etwas erwidern konnte, war sie bereits aufgesprungen. Sie
rannte die Treppe hinauf und drückte Jules Zimmertür hinter sich zu. Der
Rechner war tatsächlich noch hochgefahren. Marie setzte sich davor und öffnete
den Browser.
Dann wollen wir mal, dachte sie und gab »König von Brook« in die
Suchmaske ein.
»Wo bist du?«, murmelte sie.
Dann drückte sie auf Enter.
Hambrock hatte für den Nachmittag eine Besprechung angesetzt. Er
wollte sich noch einmal einen Überblick verschaffen, bevor alle ins verlängerte
Wochenende gingen. Nach seiner Mittagspause in der Polizeikantine blieb ihm
noch etwas Zeit, und er beschloss, in sein Büro zurückzukehren und ein paar
Telefonate zu erledigen. Er fummelte gerade mit dem Schlüssel an der Tür herum,
als Guido Gratczek hinter ihm auftauchte.
»Wie war das Essen?«, fragte er.
»Penne mit Garnelen. Die Soße schmeckt aber nach alten Autoreifen.
Du hast nichts verpasst.«
»Na dann …«
Er steuerte bereits das Treppenhaus an, als Hambrock ihn
zurückhielt. »Sag mal, Guido, könntest du mir einen Gefallen tun?«
»Ja?«
»Ich möchte, dass sich einer noch mal Benedikt Steinhauser vornimmt.
Einfach wieder die gleichen Fragen durchkauen. Kannst du hinfahren?«
»Heute?«
»Wenn das geht.«
»Und wozu das Ganze?«
»Ich weiß nicht. In diesem Typen brodelt irgendetwas, da bin ich mir
sicher. Wenn wir ihn ein bisschen in die Enge treiben, rastet er vielleicht
aus. Ein Versuch ist es wert.«
»Und das hat nicht Zeit bis Dienstag?«
»Heute wäre es mir lieber.«
Gratczek verzog das Gesicht. »Na, ich werd versuchen, ob ich das
noch hinkriege. Versprechen will ich aber nichts.«
»Was ist eigentlich mit der Spur im Drogenmilieu? Hast du irgendwas
zu unserem toten Wachmann
Weitere Kostenlose Bücher