Bullet Catcher: Jack (German Edition)
versuchte, ihre Finger in Richtung der Handgelenke zu krümmen, um die Fessel zu lockern.
»Warum haben Sie mich dann beauftragt, ihn auszuspionieren?«, fragte sie und gab sich Mühe, ruhig und gefasst zu klingen.
»Ich wollte Sie und Ihren Freund Jack unter meine Kontrolle bringen. Sie kennen doch bestimmt die alte Maxime: Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.«
Lucy bekam die Schnur zwischen die Finger und zog, doch die Fessel wurde nur noch enger. Verdammter Mist! »Die Prostituierte geht auch auf Ihr Konto, nicht wahr? Deshalb hat Sie Ihren Namen hinterlassen.«
Marilee bewegte sich sicher durch das Dunkel und nahm etwas aus dem Regal. »Ich habe ihr natürlich nicht selbst die Kehle durchgeschnitten, wenn Sie das meinen. Aber ich muss sagen, Sie haben bei Owen richtig gute Arbeit geleistet. Er ist unschlagbar.«
Und sie hatte sich Sorgen gemacht, dass Jack sich nicht an den Plan halten könnte.
»Ich lasse andere die Drecksarbeit tun – aber dafür hat man schließlich Geld und Einfluss«, fuhr Marilee fort. »Ich habe beides ausgiebig genutzt, um Eileen Stafford immer im Auge zu behalten. Risa war nicht billig, aber sie gehört inzwischen zu den ganz wenigen, die ich jetzt nicht mehr benötige. Genau wie dieser schreckliche Officer Gilbert, der Eileen damals festnahm. Er wurde einfach zu gierig.«
»Und Howard Porter?«
Marilee schüttelte den Kopf. »Ein Besucher im Gefängnis, wenn ich mich recht entsinne. Risa meinte, Eileen sei an dem Tag viel zu gesprächig gewesen. Wer war der Mann überhaupt?«
Vanessas Adoptivvater. Offenbar wusste Marilee nichts von den anderen Mädchen. Konnte Lucy diese Kenntnis möglicherweise nutzen, um Marilee dazu zu bringen, einen Fehler zu machen? Lucy studierte ihre Gegnerin aufmerksam.
Jack hatte so recht gehabt … und war gleichzeitig vollkommen auf dem Holzweg gewesen. Er hatte seine gesamte Energie auf den falschen Higgins verwendet.
Wo war er jetzt? Hatte er es rechtzeitig nach draußen geschafft? Oder würde er sterben, ohne die Wahrheit zu erfahren? Ohne zu wissen, was sie für ihn empfand?
Aber sie durfte sich jetzt nicht ihren Gefühlen hingeben. Sie musste sich voll auf Marilee konzentrieren. Die hatte inzwischen einen großen Sack auf den kleinen Tisch gewuchtet und in aller Seelenruhe angefangen, mit einer kleinen Grabschaufel dessen Inhalt in einen großen Plastikeimer umzufüllen.
Der scharfe Geruch von Stickstoffdünger breitete sich im Schuppen aus. Außer für Pflanzen fiel ihr nur eine Anwendung dafür ein.
»Sie glauben doch nicht etwa, dass Sie damit durchkommen.«
Marilee lachte leise. »Zunächst einmal wimmelt es hier von Sicherheitsleuten, die ich höchstselbst engagiert habe – ich werde also als argloses Opfer dastehen. Zweitens wird sich die Presse voll auf den Tod meines Mannes konzentrieren. Wenn da ein Bodyguard im Feuer umkommt, ist das keine Schlagzeile wert. Wir werden ein großes Drama inszenieren, aus dem mein Mann als strahlender Held hervorgeht.«
Lucy versuchte erneut, ihre Hände unter sich hindurchzuschieben, doch die Schnur schnitt ihr ins Fleisch, und sie hatte nicht genug Platz zwischen den Armen. Schweiß juckte sie im Nacken, und ihr ganzer Körper schmerzte vor Frustration.
»Es wird polizeiliche Ermittlungen geben«, sagte Lucy. »Die können Sie nicht aufhalten.«
Sie zerrte verzweifelt an der Schnur, ohne darauf zu achten, dass sie ihr in die Haut schnitt.
Eine kleine Flasche in der Hand, sah Marilee von ihrer Beschäftigung auf. Es gab zahlreiche explosive Flüssigkeiten, doch Benzin war besonders wirkungsvoll.
»Es scheint, Sie haben da etwas vergessen, Lucy.« Lächelnd schraubte sie die Flasche auf, und sofort breitete sich der typische Geruch von Sprit aus. »Ich kann alles und jeden aufhalten, wenn ich will. Sogar Sie.«
Lucy blieb nur noch ein letzter Trumpf im Ärmel. Ein Stück Information, das Marilee vielleicht aus der Fassung bringen könnte. »Vanessa und Miranda werden Sie nicht aufhalten. Sie wissen alles.«
Die Frau des Richters blickte sich mit gerunzelter Stirn um, als suchte sie etwas. »Ich weiß nicht, wer das ist, deshalb denke ich, dass sie keine große Rolle spielen.«
»Sie sind Kristens Schwestern. Die beiden anderen Töchter von Spessard und Eileen.«
Marilees Blick war scharf und böse. »Was?«
»Kristen und die anderen sind Drillinge.«
Einen Moment lang sagte Marilee nichts, und sie hielt den Kopf geneigt, als würde Lucy eine fremde Sprache
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