Bullet Catcher: Wade (German Edition)
worden.«
»Die Todesstrafe ist noch lange nicht abgeschafft in South Carolina, mein Häschen. Es kommt da ganz und gar« – er offenbarte gerade, schimmernde Zähne – »auf den Richter an.«
Eileen schloss die Augen. Sie hatte gewusst, dass so etwas kommen würde. Seit sie sich in der Philadelphia Alley hinter diese Mauer geduckt und verfolgt hatte, wie ihr Exliebhaber eine Kugel in Wanda Sloane jagte, wusste sie, dass Flucht zwecklos war, dass sie sich nie lange würde verstecken können. Nicht vor ihm.
»Es ist ein ganz einfacher Deal. Sie sagen dem Anwalt, was passiert ist, Leenie. Und als Gegenleistung … « Er zuckte die Achseln, als würde sich jede weitere Erklärung erübrigen.
»Sagen Sie schon«, beharrte sie in heiserem Ton. »Sprechen Sie es aus.«
Er beugte sich näher zu ihr. »Erklären Sie sich für schuldig … dann wird Ihrem Baby nichts passieren.«
Sie hatte es gewusst.
»Es ist gar nicht wahr, dass ich ein Baby habe.«
Diese Aussage war die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Denn sie hatte nicht ein Baby, sie hatte Drillinge. Aber das wusste er nicht. Niemand in Charleston wusste das.
»Sie haben ein Kind«, verbesserte er sie herablassend. »Klar, jetzt nicht mehr. Sie haben ja den armen kleinen Bastard verkauft. Aber mit Hilfe der richtigen Leute … « Er kramte ein Taschentuch heraus, schnäuzte sich die Nase und ließ den angefangenen Satz einen Augenblick im Raum stehen, ehe er fortfuhr: »… lässt sich jeder Mensch auf der Welt finden.«
Sie blickte ihn durchdringend an.
Er faltete das Tuch und stopfte es in eine Brusttasche. »Wissen Sie, Schätzchen, diese Schwarzmarktbabys sind oft nicht die Gesündesten. Es kommt immer wieder vor, dass sie plötzlich tot in ihrer kleinen Wiege liegen.«
Dieser verfluchte, verlogene Mörder. Würde er sein eigen Fleisch und Blut töten?
Natürlich würde er das. Er war zu allem fähig. Er kaufte Polizeibeamte wie diesen Schleimbolzen hier, Geschworene, Zeugen – wen immer er brauchte. Auch sie hatte er gekauft.
Aber er wusste nur, dass sie zur Entbindung in das Farmhaus am Sapphire Trail gegangen war. Dass sie an jenem Abend vor acht Monaten Drillinge zur Welt gebracht hatte, wusste niemand – außer der Hebamme, der Frau, die das Haus leitete, und einem der Adoptivelternpaare.
Drei hilflose winzige Mädchen waren an Fremde verkauft worden. Er wusste nur von einem, allerdings ahnte sie nicht, von welchem der drei. Eines der Babys konnte ihm zum Opfer fallen, es sei denn, sie …
»Akzeptieren Sie den Deal.« In seiner Stimme schwang Ungeduld. »Oder sie stirbt.«
Im Moment noch waren ihre Töchter in Sicherheit und wurden geliebt – und sie trugen ein Zeichen. Ob sie ihnen dieses Mal eines Tages erzählen würde, was ihre Mutter getan hatte und warum? Doch alles, worauf es jetzt ankam, war, dass sie am Leben blieben. Eileens Leben wäre ohne sie ohnehin wertlos.
»Also gut«, ergab sie sich.
Er stieß sich vom Tisch ab und schlenderte zur Tür, im Gesicht den Anflug eines überlegenen Grinsens. »Ich hatte schon gehört, dass Sie ein kluges Mädchen sind, Leenie. Das scheint ja wohl zu stimmen.« Er zog die Tür auf, und sie hörte, wie er sagte: »Die Verdächtige ist bereit, auf den Handel einzugehen.«
Eileen ließ den Kopf auf ihre Hände sinken. Vielleicht würden ihre Töchter ihr eines Tages verzeihen, dass sie sie an Fremde verkauft hatte. Und falls sie je herausfanden, wer sie zur Welt gebracht hatte, würden sie vielleicht auch verstehen, warum sie sich acht Monate nach ihrer Geburt für ein Verbrechen schuldig erklärte, das sie nicht begangen hatte.
1
Astor Cove, New York
The Hudson River Valley
Sommer 2008
»Ich nehme keinen Job mehr an, bei dem ich töten muss.« Wade Cordell schob den Vertrag über Lucy Sharpes Schreibtisch. Sein markiges Kinn und die stahlblauen Augen bildeten einen deutlichen Kontrast zu seinem weichen, gedehnten Südstaaten-Slang.
»Bullet Catcher töten nicht, Wade. Wir beschützen. Wenn es nicht anders geht und das Leben eines Klienten auf dem Spiel steht, tun wir natürlich, was getan werden muss. Und das tun wir besser als jeder andere Sicherheits- und Ermittlungsdienst der Welt.« Sie schob ihm das Blatt wieder hin und tippte mit einem ihrer roten Fingernägel auf die Stelle, an der er unterschreiben sollte. »Und genau deshalb möchte ich Sie künftig in meinem Team haben.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen, Ma’am, aber töten ist töten, und damit habe ich
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