Bullet Catcher: Wade (German Edition)
nicht ganz, und die kleine Lücke wirkte fast … wie eine Aufforderung.
Sie war durchaus sehr weiblich, aber irgendwie nicht richtig feminin . Er mochte Frauen, die wie zarte reife Pfirsiche waren, weich und frisch und duftend. Vanessa Porter war kein Pfirsich.
Sie war Pfirsichschnaps.
UndsiewarnichtimUrlaub.Umdaszuerkennen,brauchteerkeinezehnMinuten.SiehattemiteinemWassertaxivoneinemgroßenSegelschiffübergesetzt,daseinpaarhundertMeterweitervorAnkerlag,undplaudertekurzmiteinerälterenFrauineinemorangefarbenenhawaiianischenMuumuuundeinemalbernenSonnenhutindergleichenFarbe.DiebeidenunterhieltensichvermutlichüberdenPlanfürdenTag,vielleichteineShopping-Tour,eingemeinsamesMittagessen.DochdannrannteVanessaplötzlichmitLichtgeschwindigkeitdavonundließdieorangefarbeneFraumitleichtenttäuschterMienestehen.
Wade nahm ihre Verfolgung mit Leichtigkeit auf, konnte aber nicht umhin, ihr Tempo und ihre Wendigkeit zu bewundern.
Sie umkurvte Gruppen von Touristen, wich Straßenverkäufern aus, die ihre Waren auf der Strandpromenade feilboten, um sich zielstrebig in die verstopften Gassen von Basseterre zu stürzen. Wie eine Rakete schoss sie durch die Menschenmenge, mit klatschenden Flipflops, ohne Kamera oder Reiseführer, nur mit einer riesigen Handtasche über der Schulter. Ganz offensichtlich war das eine Frau mit einer Mission – und dabei ging es nicht darum, die Hauptstadt von St. Kitts zu besichtigen.
Was auch immer sie im Sinn hatte – ihre Pläne würde sie wohl bald ändern.
Er hatte vor, seine Botschaft so schnell und so deutlich wie möglich loszuwerden. Ziel ausfindig machen, Lage erfassen, Schuss abgeben, fertig.
Wenn er Glück hatte, würde sie allein mit dem Jet der Bullet Catcher nach South Carolina fliegen, und er könnte noch ein wenig die Tropen genießen, ohne Hemd, ohne Schuhe, ohne Probleme.
Während er sie durch Basseterre flitzen sah, verging ihm diese Fantasie allerdings rasch wieder. Alles an ihr war abweisend und verschlossen. Ihr zartes Kinn war trotzig nach vorne gereckt, ihr linker Arm umklammerte die Tasche wie einen Kampfschild, und ihre rechte Hand hatte sie wie zum Schutz in ihre Seite gepresst. Was konnte so verdammt wichtig sein?
Vielleicht war das aber auch nur der typische Gang einer New Yorkerin und verwunderte nur einen Mann, der fünfzig Meilen südlich von Alabama aufgewachsen war. Immerhin konnte er ihr ohne Probleme folgen, und allmählich regte sich Neugier in ihm. Wade hatte jahrelang Personen verfolgt und ein gutes Gespür dafür entwickelt, was jemand im Sinn hatte.
UndVanessaPorter,dreißigJahrealt,anderWallStreetaufderÜberholspur,dieseitsechsJahrenkeinenUrlaubmehrgemachthatteundalsVizepräsidentinundLeiterinderAbteilungFusionen&ÜbernahmenbeiRazorPartners LLC eineViertelmillionDollarimJahrverdiente – Boninichteingerechnet – ,hatteunzweifelhaftetwasziemlichDringendesimSinn.
Alle paar Minuten fischte sie ein Smartphone aus der Tasche und drehte es im Sonnenlicht, um leise murmelnd auf dem Bildschirm herumzutippen. Einmal, nur so zum Spaß, beschrieb er einen Kreisbogen um sie und hörte im Vorbeigehen »das Schlimmste aller schlimmen Wörter«, wie seine Mutter es genannt hätte, als ihr der kleine Computer in ihrer Hand den Dienst verweigerte.
Sie sah auf und hielt seinem Blick stand, länger als jedes Mädchen es in den Südstaaten getan hätte, wo wohlerzogene junge Frauen die Augen niederschlugen. Nachdem sie ihn kurz von oben bis unten gemustert hatte, stürmte sie weiter – ohne dem pittoresken Uhrturm einen Blick zu schenken, ohne den süßen Duft der Frangipani-Blüten zu genießen, der über der ganzen Insel hing, oder den Trauben barfüßiger Kinder, die an jeder Ecke bettelten, ein paar Münzen hinzuwerfen. Sie schoss an farbenfrohen Häuserfassaden vorbei über Kopfsteinpflaster und Asphalt, mit der Zielstrebigkeit einer Frau, die ganz genau wusste, wohin sie wollte – und warum.
Wade blieb ihr stets auf den Fersen und beobachtete, wie ihre Hüften von links nach rechts schaukelten, im Takt ihres Stechschritts.
Kurz hinter dem Uhrturm am »Circus«, dem zentralen Platz des Ortes, verlangsamte sie ihre Schritte und blickte über die geschäftige Kreuzung von Fort Street und Bank Street, ehe sie den Platz überquerte und das Ballahoo-Restaurant betrat. Draußen unter Sonnenschirmen saßen schon hier und da Mittagsgäste. Sie schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch und ging zur Bar, wo sie sich auf einen Hocker setzte und erneut ihr
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