Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)
Komödien. Es wird inszeniert… Und auch wenn
nicht alle sofort aufgehört haben zu reden, so glotzten mich plötzlich mehrere
Milliarden Augen an. Leute machten sich bequem, wie würde gleich der Hauptfilm
anlaufen…
Ich blickte durch die Mengen. Konnte wieder mit
bestechender Schärfe jede beliebige Situation besichtigen. Ein jung aussehender
Mann in etwa fünfzehn Kilometer Entfernung suchte sich einen Platz zum
hinsetzten … Nein, nicht ganz… er suchte sich einen Platz, um einen Stuhl aus
dem Boden zu ziehen … Nein … auch nicht richtig… die Leute lassen ihn nicht …
er miss ausweichen an den Rand der Gruppe… Ein anderer befreite seine Kleider
vom verschütteten Popcorn. Ein Pärchen diskutierte weiter über den Ring auf dem
Finger der Frau. Zwei Frauen auf dem anderen Ende der Kugel winkten grüssend in
meine Richtung. Eine von ihnen rauchte eine Minizigarre. Auf dem Tisch daneben
lag eine Streichholzpackung mit der Aufschrift: „Ein zehntägiger
Zehnjahressprung!“ in einer Sprache, die ich zwar nicht kannte, aber verstand.
Hundert Meter weiter lief gemächlich eine Katze in den Himmel starrend. Als sie
merkte, dass ich sie anschaue, blieb sie stehen und setzte sich auf den
meeresgrünen Rasen – nur die Spitze ihres Schwanzes bewegte sich noch… Ich
bildete mir ein, sie würde lächeln, und lächelte… Nicht weit von uns auf der
anderen Seite .. etwa drei vier Kilometer entfernt hatte ein Mann eine
ausgewachsene Glatze. Ich glitt über die Reihen .. es gab Menschen ohne
Kopfhaar, aber nur wenige hatten Haarinseln um die Ohren…
Sani und Mome warteten geduldig, wie auch die meisten
Anderen. Ich fühlte mich wie ein Film, der, bevor er anläuft, die Zuschauer
genau unter die Lupe nimmt. Dabei wartete der Text – meine Geschichte - bereits
auf demselben Monitor wie vorhin auf mich. Er war nur tiefer gerückt, um den
Blickkontakt mit dem Zuschauer zu gewährleisten, während ich über den Köpfen
der Nächstsitzenden auf eine geometrisch unerklärliche Weise hervorragte…
Dieser Boden … fasziniert mich … ich muss bei Gelegenheit darüber berichten…
Meine Geschichten von mir über mich.
Und nu der Text! Eigentlich gewagt, was ich auf dem
Monitor sah, Text zu nennen. Das sah aus, wie eine Matrix aus kuriosen Zeichen,
die, wie ich es irgendwoher wusste, sich gegenseitig bezeigten. Der erste
Buchstabe der Geschichte befand sich auf fünfzehn verschiedenen Stellen, auf drei
Feldern und sieben Ebenen … ebenfalls verstreut über dem ganzen Monitor. Worte
und Sätze bildeten sich durch Verweise kreuz und quer durch das ganze Gewirre.
Die Überschrift war bereits direkt oder indirekt mit achtzig Prozent des
vermeintlichen Textes verbunden. Wenn man zwei, drei Schritte die logische
Kette nachgeht, erreicht man jedes Zeichen. Wenn ich es nicht besser wüsste,
erinnerte es mich an den fotografierten Inhalt eines Gehirns. Doch es fehlte an
den letztendlichen Assoziationen mit den Sinneswahrnehmungen und konkreten
Empfindungen. Die musste man anscheinend mitbringen, um die Information
herauslesen zu können. … Ich könnte auch kaum behaupten, die Geschichte wäre in
einer Sprache geschrieben… Erinnerte mehr an ein logisches Konstrukt, ein Algorithmus..
ein dichtes zulösendes Rätsel. Einen Intelligenzquotient von grob geschätzt
Millionen bräuchte man, um das Rätsel zu lösen. Und wenn man es in einer
Sekunde lösen wollte, wozu ich offenbar in der Lage war – von Milliarden. Noch
absonderlicher empfand ich die aktive Konsistenz der Matrix – sie veränderte
sich immerfort, wie lebte.
.Die kleine süße Überraschung.
Ich verstand nicht nur den oberflächlichen Sinn dessen,
was ich herauslas, sondern wusste, wie man es liest und was man dabei empfinden
darf .. und was nicht. Zum Beispiel spürte ich sofort die Ironie der beiden
Adjektive … und das völlig … oder so ziemlich unabhängig davon, dass ich vor
nicht all zu langer Zeit im Gespräch mit Mome den Satz quasi erfand…
Die Membran, die unter anderem meine Organe von einander
Trennt, drückte gegen die Lunge, die Stimmlippen verschlossen die Lüftröhre bis
auf einen kleinen Spalt. Es entstand ein kurzlebiges Geräusch, das der meiste
Mensch als einen ungesteuerten Ausdruck der kleinen Freude versteht… Ich
schaute in die Mengen – der meiste Mensch lächelte dezent und war gespannt.
„Lauter!“ – schrie jemand aus der fünftausendsten Reihe.
Ich legte los.
.Von
Weitere Kostenlose Bücher