Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)
durchschaust mich. Ich bin kein guter Lügner. Ich gebe es zu, und
du erkennst es. Ich tanze um dich, ohne mich zu bewegen. Ich vergas für kurz,
warum wir hier sind und erinnerte mich wieder. Du versuchst eine Entscheidung
zu treffen, es fällt dir schwer. Du verstehst selbst nicht warum. Du machst dir
Sorgen. Echte. Richtige Sorgen. Du willst sie nicht haben. Du streichst einen
Satz nach dem Anderen. Zensur und mehr davon. Du willst es nicht haben. Ich
warte langmütig. Nachsichtig. Ich forsche. Ich erforsche dein Gesicht. Du
redest mit mir. Du sagst mir mehr, als du willst. Du hast dich entschieden. Nun
suchst du nach der richtigen Ruhe. Du suchst nach Worten. Du hast die richtigen
Begriffe gefunden. Die richtige Übersetzung. Doch du streichst alles erneut und
suchst stattdessen nach meiner Hand. Ich helfe dir. Hier ist meine Hand. Nimm
sie, heute gehört sie dir. Reibe sie, taste sie, umschlinge sie mit deinen
Händen.
..Eigentlich brauchen wir uns nicht zu beeilen. Sie warten
auf uns… Ich habe das für mich getan. Ich suchte das Gefühl der Zeitknappheit.
Irgendwann wirst du es vielleicht von alleine verstehen.
.Sicher.
Sie nickte mit dem Kopf Richtung Maschine. Wir marschierten
los. Ganz langsam. So unentschlossen, als hätten wir Zweifel. Das Rennen gefiel
mir besser, dachte ich.
.Wer zuerst ankommt, bekommt den Fensterplatz.
Und wir taten wieder so, als würden wir rennen, dies ohne
den Bund unserer Hände zu unterbrechen. Wir bogen in eine Kurve und eine
weitere. Der Gang wurde immer schmaler, die Türen gingen von alleine auf. Immer
die richtigen. Leuchtende Pfeile wiesen uns den Weg. Plötzlich sprachen die
Wände zu uns.
…Sie haben noch zwölf Sekunden, um die Maschine zu
erreichen. Zehn. Neun…
Ich blieb stehen, realisierend, was vor sich geht. Was?
Scherze? Bei „Acht“ rannte Mome los, ohne meine Hand loszulassen. Ich ließ mich
ziehen. Diesmal rannten wir tatsächlich.
…Sieben. Sechs…
Bei „Fünf“ bogen wir um die letzte Ecke ein, bei
„Zweieinhalb“ passierten wir das Tor, bei „Eins“, diesmal sprachen die Wände
des Flugzeugs, suchte ich mir ein schönes Fensterplätzchen aus. Ich fand keins.
Bei „Los geht’s“ gingen das Tor zu und die Triebwerke an.
.Wo sind die Fenster?
Ich sah kein Einziges. Und Fenster waren nicht die
Einzigen, die ich nicht sah. Zum Beispiel sah ich keine weiteren Passagiere,
oder gar einen weiteren Menschen. Keine Stewards, die uns den Weg und das
richtige Benehmen erläutern, auch keine blinkende Hinweise, man solle sich
anschnallen, oder das Rauchen einstellen. Einige der wenigen Sachen, die ich
registrieren konnte, waren Polstersessel und Polsterwände. Ich stand mitten im
Raum und drehte mich im Kreis. Mome entspannte sich bereits in einem von …
eins, zwei, fünf, sieben Sesseln.
..Du stehst darauf.
.Was?
In dem Moment gingen eine Art Jalousien unter meinen Füßen
auf. Nicht unmittelbar unter meinen Füßen, doch direkt unter dem Glas, auf dem
ich stand. Ich realisierte schnell, dass ich tatsächlich auf einem Fenster
stand und langsam, dass der Start bereits eingeleitet wurde. Im nächsten Moment
entfernten wir uns bereits senkrecht von dem Boden Richtung … Richtung …
Himmel.
Ich stand immer noch auf dem Fenster. Niemand sagte mir
auch, ich solle mich hinsetzen. Und eigentlich hatte ich eine unbewusste Angst,
das Schiff würde auseinander fallen, falls ich mich bewege… Normalerweise bin
ich nicht ganz schwindelfrei, doch in dieser Minute kam mir die Höhe recht
unrealistisch vor, als wenn ich auf einem Monitor stehen würde, der
zufälligerweise die Erde in zehn, zwanzig, dreißig Meter Entfernung abbilden
würde. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass wenn das Glas bricht, ich
genau da runter fallen würde, was sich in der Mitte des Bildschirms befand.
..Weißt du, was besser ist, als genau da herumzustehen?
Sie verließ ihren Sitzplatz, kam auf allen Vier zum
Fenster und legte sich mit Gesicht nach unten hin.
.Genau da herumzuliegen?
..Exakt.
Was hatte ich schon für eine Wahl? Vor allem, wie lange
kann man stehen, wenn man sich wegen der Beschleunigung doppelt so schwer
empfindet. Schon meine Kleidung hing an mir, wie die Rüstung eines Ritters. Die
Hose drohte, von der Hüfte runterzurutschen. Meine Jacke wollte ich ohnedies
ausziehen, sie war immer noch zu nass, und juckte an vielen Stellen. Sie fiel
zu Boden, wie
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