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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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Aussage.
Ich lande da, wo ich viel anstellen kann.
     
      Irgendwas mache ich falsch. Stehe schon seit zehn Minuten
zwischen dunklen Häusern, und weiß nicht, was tun. Die Aufgabe ist doch nicht
kinderleicht. Oder gar umgekehrt – gerade für Kinder leicht. Ein Erwachsener
kann doch nicht permanent Steinchen gegen die Fensterscheiben schmeißen und
Häuser in Brand stecken. Auch wenn es keinen prinzipiellen Grund gibt, sich
zurückzuhalten. Es macht eben keinen Spaß mehr. Irgendwann reizt es nicht mehr.
Kommt nichts mehr Neues. Die Begeisterung bleibt aus. Die Faszination ist nicht
mehr. Nur noch déjà vu. Das habe ich gesehen, das habe ich erlebt. Dies habe
ich so nicht gesehen, aber die Einzelkomponenten sind dieselben, wie immer. Das
muss man doch irgendwie korrigieren können. Es muss doch irgendwie gehen, sich
von herkömmlichen Dingen begeistern zu lassen. Auch ohne zu vergessen. Durch
Einbildung und Überzeugung. Durch die Ignoranz der Erfahrung. Ich muss das
Programm übergehen, das auf die alten Bewertungen und Feststellungen zurückgreift.
Vorurteile! Pauschalisierungen! Die muss ich umgehen und verkennen. Sich bei
jeder neuen Erfahrung neue Urteile bilden, statt mit alten, vorbereiteten,
aufbereiteten Erfahrungen zu vergleichen. Neugier.
     
      Ich muss mir bewusst werden, dass alles, was ich hier
sehe, tatsächlich neu ist. Diese Strasse. Ich habe sicherlich so eine schon mal
gesehen, genau diese sicherlich noch nie. Irgendwas wird an ihr neu sein, das
meine neu erweckte Neugier befriedigte. Wie schmeckt eigentlich die Strasse?
Das ist unbegreiflich. Eine Niedertracht! Ich weiß mit dreiundvierzig Jahren
nicht, wie eine herkömmliche Strasse schmeckt. Ich weiß gerade noch, wie sie
sich anfühlt, könnte mir gerade noch vorstellen, wie sie sich anhört, doch habe
nie im Leben die Zunge nach dem Asphalt gestreckt.
     
      Gravitation. Wie kommt es, dass ich aufrecht stehe? Ich
habe es gelernt, sich an die Anziehungskraft anzupassen, als ich noch einen
halben Meter groß war, so viel ist sicher. Nur. Kann man es wirklich nicht neu
lernen? Oder wenigstens so tun?
     
      Beobachten ohne zu bewerten, ohne Verknüpfungen zu bilden.
Beobachten als Selbstzweck. Eine Minute für jedes Haus, zwei für jeden Baum.
Dreißig Sekunden für jedes Straßenschild. Dasselbe noch mal für jede Laterne.
Ist vielleicht etwas übertrieben. Wenn man dagegen überlegt, dass es auch
Kompositionen zwischen Straßenschildern und Laternen gibt, so wie zwischen
Bäumen und Häusern, kommt man mit der Zeit ganz gut hin. Immer der Nase folgen.
Die Welt zu fuß umkreisen. Den Weg als Ziel stets vor Augen halten. Sich über
jeden neuen Schritt freuen. Über jeden gemachten, wie über jeden nachfolgenden.
     
      Ich schlendere durch die Strassen, versuche zu begreifen,
was mir Spaß machen würde, könnte. Was wünsche ich mir, was könnte ich mir
wünschen? Soll ich in die Wohnungen einbrechen, sich an den privaten Briefen,
Bildern und Videosammlungen vergreifen? Vielleicht ein Buch lesen, wenn ich
eins finde. Wohl wissend, dass jedes Wort und jede Pixel womöglich extra für
mich ausgedacht wurden. Allein schon um der Suche nach dem Unterschied zur
Realität.
     
      Ich bezweifle, dass ich den Unterschied merken würde. Ich
denke da etwa an den Aschenbecher vom Flohmarkt, den ich genau aus der
Motivation heraus penibel untersucht habe. Sogar wenn der Aschenbecher sich vom
Echten gravierend unterschied, müsste es mir keineswegs aufgefallen sein, da,
wie ich merke, das Bewusstsein in dieser Welt nach Belieben manipulierbar zu
sein scheint. Wenn mir also die Urlaubsvideos von beliebigen Menschen nicht
echt vorkommen, so weil ich oder die anderen es so gewollt hätten.
     
      Ich finde auf Teufel komm raus keine Bilder von Menschen,
weder auf Malereien, noch in Büchern, noch auf Videos. Sogar die Filme sind
menschenleer. Auch die, die ich persönlich kenne. Es ist ganz komisch und ganz
gemein. Eine Szene, in der sich Jugendliche geprügelt haben, zeigt nur
verdreckte und besprayte Hauswände. Die Kamera schwenkt hin und her, zeigt aber
nur Luft und Hintergrund. Ein Schwenk durch die leere Stadt. Leere
Landschaften. Bettszenen ohne Menschen. Faszinierend. Die Aufgabe, ist
eindeutig – es gibt niemanden auf dieser Welt außer mir.
     
      Ich bin also umgeben von Gegenständen und Abbildungen von
Gegenständen. Können >sie< vielleicht meine Freunde sein? Kann ich mit
ihnen reden? Mit ihnen was unternehmen? Wäre ich mit einem

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