Burnout vorbeugen und heilen
2013)
„Wenn ich etwas verändern möchte, brauche ich aber Zeit, sonst geht das nicht; und ich habe keine Zeit“, sagte eine Zuhörerin im Diskussionsteil eines Vortrags, den ich über „Die Kraft der Gefühle“ gehalten hatte. Ja, das stimmt, ohne Zeit geht es nicht. Wenn wir uns die Zeit und den Raum nicht nehmen bzw. geben, können wir uns unsere Wahrnehmungen nicht bewusst machen und unsere Einschätzungsprozesse nicht bewusst durchlaufen. Ja, wir brauchen Zeit und die Zeit ist da. Die Zeit vergeht nicht, sie ist nicht wie ein Fluss, wie man üblicherweise sagt. Ich stelle mir die Zeit als einen See vor und wir bewegen uns durch den See. Nicht die Zeit vergeht, wir vergehen in der Zeit [23] . Wir fließen und fühlen uns im Fluss, wenn wir uns spüren und uns die Zeit geben. Interessanterweise brauchen wir auch gar nicht „viel Zeit“, wenn wir uns die Zeit nehmen bzw. geben.
Entscheiden
Manchmal füge ich in die Handlungskaskade einen kleinen, sehr bedeutsamen Unterschritt ein Entscheiden ( Abb. 4-7 ). Nachdem wir alle Einschätzungen vorgenommen und Unterscheidungen getroffen haben, kommen wir vor dem Handeln zur Entscheidung. Wir kommen dazu, „das Schwert [24] aus der Scheide zu ziehen“ und geistig und in der Tat das, was wir hinter uns lassen, von dem zu trennen, dem wir uns jetzt bewusst zuwenden und das wir in die Tat umsetzen. Entscheiden beinhaltet in der Regel ein Verwerfen, einen Verzicht, einen Verlust, ein Loslassen, Sich-Lösen und gleichzeitig ein Zupacken, Auf-etwas-Zugehen und Umsetzen. Entscheiden beinhaltet einen bewussten Akt als Person in Zeit und Raum.
Genauer betrachtet steht der Unterschritt Entscheidung nicht nur zwischen Einschätzen und Handeln; es gibt ihn zwischen allen einzelnen Schritten der Handlungskaskade, denn er steht für eine aktive Bewegung hin zur Bewusstheit, Eigenständigkeit und Verantwortungsübernahme.
Abbildung 4-7: Entscheiden und die einfache Handlungskaskade (© Schneider 2013)
Wenn wir miteinander „gute“ Gespräche führen, tauschen wir uns aus. Wir durchlaufen gemeinsam die Schritte der Handlungskaskade. Wir reichern uns in unserer Wahrnehmung, unserer Einschätzung und in den Handlungsmöglichkeiten an, bevor wir dann zu Entscheidungen darüber kommen, wie wir handeln. Wir durchlaufen so einen ko-kreativen, wechselseitig schöpferischen Vorgang, einen Diskurs, in dem wir eine gemeinsame Wirklichkeit schaffen ( Abb. 4-8 ).
Abbildung 4-8: Miteinander reden – ein wechselseitig schöpferischer Prozess (© Schneider 2013)
Menschen im Disstress sprechen nicht wirklich miteinander. Sie tauschen sich nicht mehr aus, durchlaufen nicht gemeinsam die Schritte der Handlungskaskade, sondern beanspruchen für sich selbst, meist ohne es zu merken, Definitionshoheit. Jeder wähnt sich im Vollbesitz der Wahrheit und so reden sie aneinander vorbei.
Im Burnout handeln Menschen, ohne innezuhalten, ohne genau wahrzunehmen, ohne Einschätzungen vorzunehmen und ohne Entscheidungen zu treffen ( Abb. 4-9 ).
Abbildung 4-9: Einfache Handlungskaskade im Burnout (© Schneider 2013)
Konfliktgespräche führen
Konflikte gibt es immer, da Menschen, die miteinander arbeiten und leben, natürlicherweise verschiedene Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen haben. Treffen diese aufeinander, liegt ein Konflikt vor. Es ist das natürlichste in der Welt, Konflikte zu führen – und Konflikte zu lösen. Mit Konflikte-Führen meine ich, dass wir manchmal einen Konflikt nicht lösen können. Das müssen wir uns bewusst machen und uns der Situation stellen. Die meisten Konflikte lassen sich jedoch lösen. Mithilfe der „Formel K“, einer kleinen Erweiterung der einfachen Handlungskaskade, lässt sich hervorragend lernen, Konfliktgespräche zu führen und mit Konfrontationen umzugehen. Dazu teilt zunächst der konfliktführende bzw. konfrontierende Partner Folgendes mit:
seine subjektive Wahrnehmung des von ihm als schwierig angesehen Verhaltens,
seine eigene innere Wahrnehmung dazu,
seine Einschätzung
und seine Erwartung an die Situation und das Verhalten des Konfliktpartners.
Wenn diese Schritte geklärt sind, können sinnvolle Verhandlungen geführt und Lösungen erarbeitet werden.
Abbildung 4-10: Formel K (Formel für Konfliktgespräche und Konfrontationen) (© Schneider 2013)
Beispiel:
Ich habe festgestellt, dass du nicht wie verabredet die Mülleimer an die Straße gestellt hast und dass deshalb der Müll nicht abtransportiert wurde.
Das hat zur Folge, dass
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