Bushido
ihnen eine Mail, dass sie weitere Beats schicken sollten, was auch prompt geschah. Da mir auch das neue Material sehr gut gefiel, vereinbarten wir ein Treffen in Wien. Mir war es wichtig abzuchecken, ob auch die zwischenmenschliche Seite stimmte. Die Jungs waren mir aber auf Anhieb sympathisch – alles kein Problem.
Zurück in Berlin entschloss ich mich kurzerhand, mein neues Album Staatsfeind Nr.1 komplett mit ihnen zu produzieren. Mir war schon klar, dass diese Entscheidung riskant war, immerhin hatte Electro Ghetto gerade Goldstatus erreicht – meine erste Goldene! – und mit meinem neuen Album wollte ich natürlich nicht abkacken. Schließlich konnte man nicht vorhersehen, ob sie dem Druck standhalten würden, innerhalb eines abgesteckten Zeitfensters ein ganzes Album aufzunehmen. Ob man für irgendwelche drittklassige österreichische Vögel ein paar Beats zusammenfrickelte oder ein komplettes Album für Bushido produzierte, das dem Anspruch gerecht werden sollte, mindestens 100000-mal über den Ladentisch zu gehen, war nicht wirklich miteinander zu vergleichen.
Ich bezog eine Suite im Hotel Schillerpark, fuhr mittags ins Studio zu Chakuza und DJ Stickle und abends ging es wieder zurück. Tag für Tag. Das Studio lag inmitten eines ziemlich heruntergekommenen Industriehofs am Stadtrand von Linz und war, wie soll ich sagen, eher low-level ausgestattet. Es war schon in Ordnung, man konnte dort aufnehmen, aber richtig professionell ging es dort nicht zu. Lustig war, dass sie sich die Räume mit dem Linzer CB-Funk-Verein teilen mussten. Zweimal pro Woche tauchten die auf, witzige Typen, übelste CB-Funker-Atzen, und machten ihr Ding. Ich musste jedes Mal an die alten Burt-Reynolds-Filme denken, wie »Bandit« zusammen mit seinen Trucker-Kumpels auf dem Highway die Bullen verarschte. Übelst lustig.
Meine Zeit in Linz fiel genau in die Periode des Sommers, in diese zwei, drei Wochen, in denen es in ganz Europa so krass heiß war, dass jeden Tag aufs Neue irgendwo ein Hitzerekord aufgestellt wurde. Zum Glück war ich gut vorbereitet: Ich hatte meine Wasserpfeife dabei und chillte, so oft es ging, draußen vor dem Studio in einem Liegestuhl, den Stickle noch extra für mich aus dem Baumarkt besorgt hatte. Ich konnte rauchen, in der Sonne chillen, eiskalte Cola trinken, nebenbei mein Album aufnehmen – perfekt.
Es reiste auch immer irgendwer aus Deutschland an. Saad kam aus Bremen und blieb drei, vier Tage, Eko Fresh kam aus Köln, Cassandra Steen aus ihrem Kaff bei Stuttgart, eben jeder, der auch ein Feature auf dem Album hatte.
Im Bett mit Kurt Cobain
Nachdem ich schon zwei Wochen in Österreich war, legte DJ Stickle eines Abends in einem kleinen Club am Stadtrand von Linz auf. Er sagte zwar schon im Vorfeld, dass es eine miese Party werden würde, mir war das aber egal. Ich wollte mal etwas anderes sehen, als immer nur meine Hotelsuite und das Studio im Industriehof. Chakuza hatte einen Abtörn auf den Laden und meinte, da würden nur Zecken und Idioten rumhängen, und versuchte, mich doch noch umzustimmen. Keine Chance. Ich brauchte dringend etwas Abwechslung.
Am Tag zuvor waren noch zwei Kumpels aus Berlin zu Besuch gekommen, Mike und Akil, die Semesterferien hatten und ein bisschen feiern wollten. Akil studierte Medizin und war richtig im Lernfieber, deshalb wollte er sich in Linz mal ein paar Tage erholen. Zu fünft fuhren wir also in meinem 7er zum Club. Es dauerte keine zwei Sekunden, bis ich feststellte, dass Chakuza recht hatte. Der Laden war ein richtig ekelhafter Assi-Schuppen, dreckig, versifft, mit komischen Menschen und schlechter Musik. Ein richtiger Abfuck, aber egal. Wir beschwerten uns nicht, schließlich hatten wir ja alle vorher gewusst, was uns erwartete. Als DJ Stickle dann die Turntables übernahm, wurde wenigstens die Musik etwas cooler. Er mixte If I Can’t von
50 Cent mit Shook Ones von Mobb Deep und Jigga That N***A von Jay-Z. Korrekt! Ziemlich schnell klärte ich zwei Weiber und meine Laune wurde von Minute zu Minute besser.
Als der Clubbesitzer uns dann auch noch ein Zimmer zur Verfügung stellte, war für mich der Abend sowieso schon gelaufen. Im positiven Sinne. Ziel erreicht! Wir gingen in die zweite Etage des Clubs, wo es mehrere Räume mit Betten gab, also perfekt für solche Typen wie mich, die zwischendurch mal schnell einen wegparken wollen. Der Besitzer zeigte mir sein »bestes Zimmer«, wie er mehrfach betonte, deutete auf das Bett in der Ecke und sagte stolz: »Da
Weitere Kostenlose Bücher