Bushido
ich ja alle Verbrecher persönlich. Meinen Kumpels hätte ich immer heimlich Tipps gegeben und die Leute, die ich nicht mochte, wären in den Knast gewandert. So stellte ich mir meinen Bullen-Alltag vor – schön wie in Miami Vice. Zum Glück habe ich damals meinen Kumpels nichts davon erzählt. Ich wäre der Trottel des ganzen Viertels gewesen.
Die Opfer-Festivals
Das Splash!
Mein erster Auftritt auf dem »Splash!« im August 2003 war noch okay. Ich stand zuerst mit Fler auf der Bühne, später noch einmal mit Sido – kein Problem. Wir rockten die Show. Außerdem wurde gerade das Carlo-Cokxxx-Nutten-Album veröffentlicht und die Leute in Chemnitz waren ohnehin heiß darauf, die Songs live zu hören. Alles lief reibungslos ab. Zufrieden fuhren wir wieder zurück nach Berlin.
Genau ein Jahr später sollte sich das Verhältnis zwischen mir und dem »Splash!« aber ein für alle Mal ändern. Ich chillte ganz relaxt mit einigen Kumpels im Künstlerbereich des Festivals. Wir hatten keinen Bock, uns irgendwelche anderen Rapper anzugucken, deswegen hingen wir einfach so rum. Auf einmal tauchten ein paar Securities auf, die offensichtlich ein Problem mit uns hatten. Sie stellten sich demonstrativ vor uns und unterhielten sich lautstark, von wegen, dass jetzt schon Berliner Kanaken auf ihrem Festival auftreten würden. Wir guckten uns verwundert an, weil wir diese Typen vorher noch nie gesehen hatten. Sie waren nur gekommen, um uns zu provozieren.
»Habt ihr ein Problem?«, fragte ich in ihre Runde.
Sie schauten mich an, als ob ich ein dreckiger Straßenköter wäre.
»Wer redet denn mit dir?«, meinte einer von ihnen abfällig.
Meine Jungs waren schon sichtlich genervt – eigentlich wollten wir nur einen chilligen Tag auf dem »Splash!« verbringen, aber von diesen Nazis konnten wir uns natürlich nicht beschimpfen lassen.
»Wenn ihr echte Männer seid, dann kommt her zu uns!«, meinten sie doch tatsächlich.
Natürlich hatten sie nicht damit gerechnet, von uns auf die Fresse zu bekommen. Als ob ich vor ein paar behinderten Nazis Schiss hätte. Wir hauten denen auch nicht wirklich aufs Maul, sondern sie kassierten nur ein paar Schellen. Als Warnung.
Später heulten diese Opfer rum, wie kleine Mama-Söhnchen, und machten ein Riesen-Trara. Die Festivalleitung stand natürlich auf der Seite ihrer Securities – was auch sonst! – und verlangte, dass ich mich offiziell für mein Verhalten entschuldigen sollte. Hatten die noch alle Tassen im Schrank? Unser damaliger Tourmanager war auch zu feige, um zu mir, sprich seinem Künstler, zu halten und versuchte, mich davon zu überzeugen, doch noch zu Kreuze zu kriechen.
»Ich entschuldige mich doch nicht bei irgendwelchen rechtsradikalen Hurensöhnen, die mich als Kanake beschimpfen. Niemals. Schon mal was von Stolz und Ehre gehört?«, fragte ich ihn.
Ich packte meine Sachen zusammen und fuhr zurück nach Berlin. Doch dann fing das ganze Theater erst richtig an. Diese »Splash!«-Typen wurden richtig übermütig und sprachen irgendwelche kindischen Verbote aus. Anscheinend dachten sie wirklich, dass sie etwas zu melden hätten. Man sieht ja heute, was aus ihnen und was aus
mir geworden ist. Den Unterschied muss ich, glaube ich, keinem erklären, oder? Damit wäre sowieso alles gesagt.
Rock im Park
Juni 2006. Heute frage ich mich schon, was um Himmels Willen mich geritten hat, auf einem Rock-Festival aufzutreten. Dann auch noch gleich auf dem größten Europas. Na ja, jede Erfahrung ist dazu da, gemacht zu werden. Ich wusste schon, dass mein Auftritt extrem hardcore werden würde. Dass er im Endeffekt so krass wurde, hätte ich diesen Leuten nie im Leben zugetraut. Als ich danach wieder in Berlin war und meinen Freunden aus dem Café davon erzählte, fragten sie mich, wie ich mich während des Auftrittes gefühlt hätte. Ich antwortete ihnen: »Stellt euch ein Schaf vor, das zu einem Altar geführt wird. Der Schlachter holt ein Messer aus seiner Tasche und schneidet dem Tier dann ganz langsam die Kehle auf. Ich war das Schaf!«
Die Festivalbesucher hatten im Vorfeld meines Auftrittes untereinander abgesprochen, gegen mich eine kleine Revolution zu starten. Ich wusste auch davon, denn die Polizei kam in meinen BackstageBereich und teilte uns mit, dass ihre V-Männer, die überall auf dem Gelände verteilt wären, von einer Sabotageaktion Wind bekommen hätten. Sie wollten sogar bewaffnete Bullen in Kampfmontur auf die Bühne stellen, die mit Kameras alles filmen
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