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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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dem Wehrsteg, nur Ihr Russe fehlte. Warum?«
    Koschak verschränkte die Arme vor der Brust und sah aus dem Fenster.
    »Warum, Herr Koschak? Gibt es den Mann vielleicht gar nicht?«
    Verblüfft wandte er den Kopf. »Wie, gibt’s nicht? Woher stammen dann die Dokumente, die er mir geschickt hat?«
    »Sagen Sie es mir.«
    Er tippte sich an die Stirn. »Nun überlegen Sie mal: Warum sollte ich den Mann erfinden? Was hätte ich davon? Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen den Mailverkehr mit ihm zeigen, so was sauge ich mir doch nicht aus den Fingern! Ich habe ja versucht, mehr Informationen über ihn zu bekommen, habe mich sogar bei der deutschen Botschaft nach ihm erkundigt, aber was nützt das, wenn er sich bei mir unter einem Decknamen meldete? Nein, ich weiß nicht, warum er uns hängen ließ.«
    »Es gibt nur zwei Möglichkeiten«, mischte sich Evelyn Deininger ein. »Entweder ihm ist etwas dazwischengekommen, oder er besaß nie mehr als die paar Seiten, die er uns geschickt hat, um uns zu ködern. So sehe ich das.«
    »Dann hätte er Sie ganz schön gelinkt. Wäre das nicht zu vermeiden gewesen?«
    »Wie denn?«, rief Koschak. »Natürlich war der Deal nicht ohne Risiko. Wir haben es minimiert, so gut wir konnten. Durch die genaue Prüfung der Dokumente zum Beispiel. Und seinen Vorschuss bekam der Kerl erst, als er mir eine Kopie seines Flugtickets mailte.«
    »Aber der Vorschuss war deutlich höher als der Preis für ein Ticket, nehme ich an.«
    Achselzucken bei Koschak. »Das hört sich wirklich nach einem Betrüger an«, nickte Michael Deininger und strich seiner Frau über den Arm. »Schade um das Geld.«
    Evelyn schwieg. Sie reagierte auch nicht auf seine Berührung.
    »Okay«, sagte ich. »Wie geht es jetzt weiter mit dem Russen?«
    »Dem schicke ich eine Mail, sobald ich kann«, antwortete Koschak. »Aber eine gepfefferte!«
    Ich schob ihm die Tastatur meines PC hin und drehte den Monitor in seine Richtung. »Tun Sie es. Jetzt.« Während das Gerät hochfuhr, wandte ich mich an Agata. »Was Sie angeht, werde ich den nettesten Polizisten der ganzen Stadt anrufen, damit er sich um Sie kümmert. Einen älteren Herrn, der auf Skandale ebenso wenig Lust hat wie auf albanische Schläger. Es wird sich bestimmt eine Lösung für Sie finden. Einverstanden?«
    Sie nickte ergeben.
    Ich erreichte Kommissar Fischer zuhause und bat ihn, noch am Vormittag vorbeizukommen, da eine junge Frau und Heidelberger Berühmtheit seiner dringenden Hilfe bedürfe. Irgendwie schien ich den Ton nicht recht getroffen zu haben oder er hasste Anrufe am Sonntagmorgen; erst als ich hoch und heilig versprach, ihm das Gutachten für seinen verkannten Neffen mitzugeben, willigte er ein. Das machte einen weiteren Anruf notwendig. Ich klingelte Marc Covet aus den Federn und erklärte ihm, was es in Sachen Adrian zu tun gab. Auch seine Reaktion war nicht eben freundlich, und auch ihn musste ich mit einem Zuckerl ködern: Ich garantierte ihm eine Exklusivmeldung zur Edelnuttenaffäre, für die seine sämtlichen Mitredakteure ihr letztes Hemd gäben, wenn sie könnten.
    »Du kennst die Hemden von denen nicht«, knurrte er.
    »Sehen wir uns nachher beim Festakt?«
    »Falls ich ihn vor lauter Telefonaten nicht verpasse, ja.« Er legte auf.
    »Okay, das wars«, meinte Koschak und drehte den Monitor so, dass wir seine Mail lesen konnten. Sie war kurz und, wie angedroht, nicht gerade diplomatisch, aber an den Stil des Sensationsreporters würde sich der Empfänger mittlerweile gewöhnt haben.
    »Dann los damit.« Ich betätigte den Senden-Knopf. Dass es sich bei dem Russen um eine Erfindung Koschaks handeln könnte, hatte ich natürlich nicht im Ernst angenommen. Aber irgendwie musste ich den Reporter ja zum Reden bekommen. »Vielleicht hätten Sie sich noch für das Durcheinander am Wehrsteg entschuldigen sollen. Falls der Mann doch vor Ort war und sich wegen des Lärms nicht aus der Deckung traute.«
    »Er war nicht da! Oder verdammt unpünktlich. Um zehn herrschte ja noch die Ruhe selbst. Sie wollen mir wohl aus allem einen Strick drehen? Herrgott, ich bin doch der Gelackmeierte, nicht Sie! Der Russe lässt mich hängen, dafür zerdeppert mir einer der Albaner die Nase, und jetzt springt mir auch noch die Romana ab.«
    »Agata.«
    »Ja, die Agata.« Er drehte sich zu ihr. »Sag mal, willst du es dir nicht noch einmal überlegen? Eine kleine Story würde mir reichen. So ein paar Namen nur, du kannst sie dir aussuchen.«
    Die Kroatin schüttelte den Kopf.

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