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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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wir nur spekulieren. Wissen Sie, Frau Deininger, dass ich bis zu diesem Treffen die Möglichkeit, einer der Butenschöns könnte hinter dem Brandanschlag stecken, nie ernstlich erwogen habe? Inzwischen denke ich anders darüber.«
    »Ach, und wie?«
    »Nehmen wir einmal an, Gärtner möchte aus irgendwelchen Gründen nicht, dass Sie die aufgetauchten Dokumente für Ihre Arbeit auswerten. Weil er selbst nicht in Erscheinung treten darf, informiert er die Butenschöns, genauer gesagt ihren Anwalt. Dann brennt es in Ihrem Büro, und prompt wird Gärtner bei Brouwer vorstellig: ob man das Problem nicht etwas eleganter hätte lösen können? Musste es gleich ein Brandsatz sein? So stelle ich mir das vor, Frau Deininger. Wobei ich keinen einzigen Beweis für diese Theorie habe. Vielleicht fragen Sie Ihren Doktorvater einfach selbst.«
    Pure Verachtung schlug mir entgegen. »Das, Herr Koller, werde ich ganz bestimmt nicht tun.«
    Nach diesem Satz herrschte Schweigen in dem kleinen Raum. Evelyn schaute verbittert, ihr Mann verlegen. Koschak faltete das Taschentuch zusammen und betastete vorsichtig sein geschwollenes Riechorgan. Leid tat er mir nicht. Meine Beule war schließlich auch noch da. Agata hustete und sah zur Uhr. Der Computer summte vor sich hin.
    Schließlich durchbrach Michael Deininger die Stille. »Verzwickte Geschichte«, murmelte er. »Sie müssen meine Frau verstehen, Herr Koller, Sie kann Professor Gärtner nicht einfach so fragen, ob er die Butenschöns informiert hat. Immerhin ist er der Betreuer ihrer Arbeit, und diesbezüglich …«
    »Darum geht es nicht«, schnitt ihm Evelyn das Wort ab. »Ich werde ihn nicht fragen, weil ich dieses Szenario für absurd halte. Mit dem Brand hat Gärtner nichts zu tun, basta!«
    Das Lächeln, das ihr Mann zustandebrachte, geriet ziemlich schief. »Ich fürchte fast, wir werden nie klären, wer dahinter steckt. Es sei denn, die Polizei findet noch eine Spur. Was meinen Sie, Herr Koller?«
    »Ich kann noch einmal versuchen, mit dem Ehepaar Butenschön zu sprechen. Vielleicht ergibt sich heute beim Festakt eine Gelegenheit.«
    Knödelchen verdrehte die Augen. Ich musste grinsen, weil mir eben ein hübscher Gedanke gekommen war. Angenommen, Albert Butenschön hätte auch zu den Kunden Romanas gehört, die vor ihren Enthüllungen bibberten. Dann hätte ich ihm leicht ein Geständnis erpressen können: Gib das mit dem Anschlag zu, sonst steht dein Name morgen in der Zeitung. Schade, dass Butenschön 100 war!
    »Gut«, meinte ich. »Lassen wir es dabei bewenden. Falls ich noch etwas erfahre, melde ich mich bei Ihnen.«
    Evelyn Deininger erhob sich und ging wortlos hinaus. Ihr Mann folgte zögernd. Ich sah, wie sie draußen miteinander diskutierten; Michael schaute unglücklich drein. Koschak bat mich um eine Schmerztablette. Er habe mich in Frankfurt ja auch ärztlich versorgt. Ich schickte ihn und Agata hoch zu Christine. Dort sollten sie auf Kommissar Fischer warten.
    Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, kontrollierte ich den Posteingang von Koschaks Mailprogramm. Der Russe hatte noch nicht geantwortet. Wer weiß, ob und wann er es überhaupt tun würde! Gut möglich, dass er tatsächlich nur die paar Seiten besaß, die er Evelyn geschickt hatte. Ein paar tausend Euro Vorschuss machten zwar keinen Großverdiener aus ihm, aber drüben in Russland war das sicher eine hübsche Summe, mit der sich etwas anfangen ließ. Vor allem, wenn man sie für eine Handvoll Altpapier bekommen hatte.
    Die Tür öffnete sich. Bärchen Deininger trat ein, wieder dieses schiefe Grinsen im Bankergesicht.
    »Herr Koller?«
    »Was gibt’s?«
    »Ich wollte noch mal kurz mit Ihnen …«, er zog sich im Reden einen Stuhl heran und nahm Platz, »bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber mittlerweile läuft doch alles darauf hin, dass die Geschichte vielleicht nie ganz aufgeklärt werden kann, und diesbezüglich wollte ich Sie fragen, ob man nicht   …   auf die Dauer ist es ja auch eine finanzielle Überlegung, nicht wahr?«
    Ich antwortete nicht.
    Der arme Kerl, er kam regelrecht ins Schwitzen. Wo war seine Beraterroutine geblieben? »Sehen Sie, ich habe mich am Montag ziemlich spontan entschlossen, Sie zu engagieren, um Evelyn zu helfen, und zwar in jeder erdenklichen Form. Aber inzwischen, so wie sich das Ganze entwickelt hat, fürchte ich, dass es Evelyn eher belastet als hilft, vor allem wenn ihr Doktorvater irgendwie in die Sache involviert sein sollte.«
    Ziemlich spontan war

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