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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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heran. Fast berührte sein Vorderreifen die Treppenstufen. Eintretend hielt ich einem gesetzten Pärchen die Tür auf und erntete erstaunte Blicke. Die dachten wohl, ich sei der Hausmeister. Dabei hatte ich mir sogar eine Art Sakko übergeworfen. Okay, mit meiner Kellnermontur von gestern konnte es nicht mithalten.
    Marc Covet stand bereits wartend im Foyer. Hin und wieder nickte er einem aus dem Besucherstrom zu oder schüttelte flüchtig eine Hand. Der Marmorboden hallte von vielen Absätzen wider, Wellen von Parfüm und After Shave schwappten durch den Raum. Alles geladene Gäste, alle standesgemäß aufgebrezelt. Da gab es die Politiker im parteineutralen dunkelgrauen Anzug, alte Herren mit Burschenband unter ihren Jacketts, Professoren mit Brille und Gelehrtenblick, ja sogar Vertreter der US-Army, fesch in Uniform. Weibliche Gäste gab es natürlich auch. Sie stachen durch ihr mehr oder weniger erfolgreiches Bemühen um ein individuelles Outfit ins Auge, ohne sich ihrer Aufgabe, einen dekorativen Hintergrund abzugeben, entziehen zu können.
    »Gehen wir hoch?«, schlug Marc vor.
    »Ich warte noch auf meine Begleitung.«
    »Begleitung?« Er zog die Brauen nach oben. »Rein grammatikalisch gesehen, ist das ein weiblicher Begriff.«
    »Nicht nur grammatikalisch, mein Lieber. Da fällt mir ein: Hast du dich mal wieder in diesem Internetforum herumgetrieben? Du weißt schon, wo du einen Kommentar zu dem Brandanschlag hinterlassen hast.«
    »Richtig, da bin ich auf etwas Interessantes gestoßen. Stell dir vor …«
    »Den Kerwegroschen-Eintrag kannst du vergessen, der ist von mir.«
    »Von dir?« Seine Enttäuschung war mit Händen zu greifen. »Wie kommst du auf so einen dämlichen Nickname?«
    »Fahr mal nach Schnakenbach, dann kapierst du es. Und sonst? Etwas von Belang?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keine Einträge, die dich interessieren könnten.«
    »Mach dir nichts draus. War einen Versuch wert. Schau mal, da kommt unser Oberbürgermeister. Als wüsste er, dass ihm die Presse nichts anhaben kann.«
    Gutgelaunt betrat Heidelbergs Stadtoberhaupt das Gebäude. Von Depressionen wegen schlüpfriger Schlagzeilen keine Spur. Auch der Kalbskopf von gestern Mittag, der ihm auf dem Fuße folgte, schaute so heiter drein, als könne er kein Wässerchen trüben. Dabei wollte ich wetten, dass er in seiner Tasche einen Flachmann Bernsteingold mit sich trug. Als ich Dr. Brouwer erspähte, drehte ich mich um und suchte hinter Covet Schutz. Vor dem Rechtsanwalt wollte ich meine Anwesenheit so lange wie möglich geheim halten. Am Ende war sie ihm ein kleines Gespräch mit den Butenschöns wert: Wussten Sie, welcher Profession dieser unpassend gekleidete Mensch dort hinten nachgeht? Student? Da muss ich Sie enttäuschen, Frau Butenschön!
    Bei Prof. Gärtner bestand diese Gefahr weniger. An der Seite einer jungen Frau in glänzenden Lederstiefeln und kurzem Rock betrat er eben das Gebäude. Immerhin: Er war da, er hatte eine Einladung erhalten. Als Leiter eines Instituts der Uni? Oder eben doch als Vertrauensmann der Butenschöns? Wenn tatsächlich er Koschaks Name ausgeplaudert hatte   –   ließ das dann nicht auf ein enges Verhältnis des Ösis zu den Butenschöns schließen? Dabei spielte keine Rolle, ob es sich um ein freundschaftliches oder ein Abhängigkeitsverhältnis handelte, ob Gärtner vor den Butenschöns kuschte oder ob er auf eine Gegenleistung hoffte. Gerechnet hatte ich mit seiner Anwesenheit jedenfalls nicht.
    »Kennst du Professor Gärtner?«, fragte ich Covet.
    »Das soll ein Prof sein? Du meine Güte, die werden auch immer jünger. Aber wenn ich ehrlich bin, wäre mir die Bekanntschaft seiner Frau noch lieber.«
    »Ich weiß nicht, ob das seine Frau ist.«
    »Seine Begleitung.«
    »Du sagst es. Meine ist übrigens auch nicht ohne.«
    Da kam sie schon: Susanne Rabe, blass und ernst wie immer, dezent geschminkt, in der Hand einen Strauß roter Rosen. Unter ihrer Windjacke trug sie einen schwarzen Anzug. Ich fand, sie sah einfach hinreißend aus, und Covets neidischer Blick sagte mir, dass ich mit dieser Meinung nicht allein stand. Ich stellte die beiden einander vor.
    »Solltest du einen Artikel über Studenten oder Studierende schreiben wollen, Marc, halte dich an sie. Wenn du einmal groß feiern willst, auch.«
    »Feiern?« Covet verstand nicht.
    »Und sollten Ihre Gäste über die Tische reihern, hätte ich auch einen Tipp«, erwiderte Susanne ohne das geringste Lächeln. »Gehen wir?«
    Mit raschen

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