Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
Vom Netzwerk:
drauf.«
    »Ach so, klar.« Sie pustete einen Brotkrümel von ihrem Einkaufszettel. »Dachte schon, dir wäre der Urlaub im Nachhinein peinlich. Könnte als Flucht verstanden werden oder so. War dumm von mir, entschuldige.«
    Ich lehnte mich zurück und pumpte Luft in meine Lungen.
    »Keine Angst, ich bin schon weg«, lächelte sie. »Gleich hast du wieder deine Ruhe.«
    »Von mir aus kannst du so viele Urlaubsfotos zeigen, wie du magst«, rief ich. »Hey, ich habe kein Problem damit. Nur zu!«
    Sie warf mir eine Kusshand zu und verschwand.

     

    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

5

    »Ach, da bin ich aber erleichtert!« Fröhlich knöpfte Michael Deininger seinen Mantel auf und schlug ein Bein über das andere.
    Ich schenkte ihm ein gnädiges Nicken. Es war immer wieder schön, Leuten beim Freuen zuzusehen, vor allem wenn man selbst der Anlass ihrer Freude war.
    »Ehrlich gesagt, habe ich fest auf Ihre Zusage vertraut«, fügte er hinzu.
    »Ich lege gleich los, wenn es Ihnen recht ist. Für heute berechne ich Ihnen einen halben Tag, ansonsten haben Sie jederzeit die Möglichkeit, das Engagement zu beenden. Ohne Begründung. Was entsprechend auch für mich gilt. Einverstanden?«
    »Einverstanden«, strahlte er.
    Ich nannte ihm meine Tagessätze, was sein Strahlen kurzfristig verschwinden ließ. Er begann sogar zu feilschen, mir vorzurechnen, dass ich unter den und den Umständen, angesichts der aktuellen Wirtschaftslage des Landes diesen und jenen Rabatt gewähren müsste, aber er tat es wohl nur aus Bankerroutine und ließ es bald sein.
    »Dann machen wir es uns mal gemütlich«, zwinkerte er mir zu, stand auf und entledigte sich seines Mantels. »Schnuckelig warm haben Sie es hier.«
    Ironie stand ihm nicht, dem Bärchen aus dem Finanzsektor. In meinem neuen Büro zog es wie Hechtsuppe. Ich hatte es mir auf Drängen Christines in einem ehemaligen Schuppen eingerichtet, der den Abschluss unseres gepflasterten Hinterhofs bildete. Früher war hier eine Werkstatt gewesen, später eine Voliere für Wellensittiche. Als ich die Klitsche bezog, hatte ich den Eindruck, es rieche immer noch nach Vogelkacke. Wie ich den Raum im Winter eisfrei halten sollte, war mir ein Rätsel. Das elektrische Heizöfchen unterm Schreibtisch kämpfte vergeblich gegen die feuchte Kälte des Spätherbsts an. Immerhin, mein Büro war nicht groß, und wenn sich ein warmer Klops wie Michael Deininger darin aufhielt, stieg die Temperatur gleich um ein paar Grad.
    »Erzählen Sie mir etwas über Ihre Frau«, sagte ich, nachdem wir die Formalitäten geklärt hatten.
    »Über Evelyn?«, stutzte er. »Wie meinen Sie das?«
    »Sie glauben, dass der Anschlag etwas mit der Promotion Ihrer Frau zu tun hat. Wenn ich dieser Spur nachgehen soll, brauche ich Informationen, Hintergründe. Welche Personen sind von ihren Forschungen in irgendeiner Weise betroffen, wem tritt sie damit auf die Füße? Hat sich vielleicht jemand bei ihr beschwert oder ihr gedroht?«
    »Ach so, verstehe. Natürlich, diesbezüglich wollte ich mit Ihnen reden.«
    »Diesbezüglich, genau. So wie ich Ihre Frau heute Morgen verstanden habe, hat ihre Arbeit eine wissenschaftliche und eine politische Seite. Die wissenschaftliche ist harmlos, es geht bloß um eine Art Biografie. Aber die politische hat es in sich: Da steht am Ende möglicherweise ein Denkmalsturz.«
    »Richtig«, nickte Deininger eifrig. »Wobei das am Anfang überhaupt nicht absehbar war. Wenn Evelyn vorher gewusst hätte, welche Wendung die Sache nimmt, hätte sie ein anderes Thema gewählt. Im Grunde ist sie eine ängstliche Natur, verstehen Sie, sie hasst politische Auseinandersetzungen. Aber dann hat es sich so entwickelt. Plötzlich ging ihre Arbeit in eine ganz andere Richtung. Was glauben Sie, wie ihr das zugesetzt hat, Herr Koller! Sie haben ja gesehen, wie gestresst sie ist, man kann kaum noch vernünftig mit ihr reden.« Betrübt hob er die Schultern. »Nicht einmal ich kann es.«
    »Seit wann ist sie so?«
    »Seit dieser Journalist anrief.«
    »Welcher Journalist?«
    »Hat sie das heute Morgen nicht erzählt? Es war im Sommer, Juli oder August. Da meldete sich einer namens Koschak bei ihr. Ein Reporter, der auf Investigativjournalismus macht, aber das haben wir erst später erfahren. Und dieser Koschak sagte, da habe jemand aus Russland zu ihm Kontakt aufgenommen, der ihm Unterlagen aus dem Dritten Reich verkaufen könne. Dokumente, die einen gewissen Butenschön

Weitere Kostenlose Bücher