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Butenschön

Butenschön

Titel: Butenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbisweiler
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zwei leere Fahrradtaschen für die bestellten Kürbisse. Gegen den böigen Nordwestwind ankämpfend, legte ich mir zurecht, was ich Kleinfeld sagen würde.
    Kurz vor dem Hof überholte mich ein Porsche Cayenne. Eine ganze Weile war er hinter mir hergeschlichen, mit seinem dumpfen, hässlichen Motorengrollen, um erst, als ich mich hart rechts an der Grasnarbe hielt, vorbeizuziehen. Ich wettete auf eine Blondine am Steuer, denn so schmal waren die Wege durch die Felder nun auch wieder nicht. Was tat die arme Frau, wenn ihr ein Traktor entgegenkam? Hände vors zarte Gesicht? Ich würde es nie erfahren, sondern bekam bloß das Gift des schwarzen Geländewagens in die Lungen gepustet. Der Gegensatz zwischen seiner polierten Großspurigkeit und den matschigen Feldwegen hätte nicht größer sein können.
    Als ich den Kleinfeld-Hof erreichte, betrat die Porschefahrerin gerade den Laden. Und ob sie blond war! So viel zu meinen Vorurteilen. Sie war auch schlank, langbeinig, und unter anderen Umständen hätte ich sie als hübsch bezeichnet oder wenigstens als vorzeigbar. So stiefelte ich hinterher, ein paar blondinenfeindlichen Gedanken nachhängend, und wartete, bis die Dame ihren Einkauf getätigt hatte. Die Kleinfelds betrieben wie so viele Handschuhsheimer Bauern einen Hofladen   –   aber kein Kämmerchen neben der Scheune, in dem die Kohlköpfe über knarrende Regalbretter rollten, sondern einen schicken Gemüsesupermarkt, in dem es vor lauter Frische blitzte und glänzte und der Eichblattsalat formvollendet aus der Terrakottaschale lugte. Auf dass sich auch der Cayenne wieder wie zuhause fühlte.
    »Ein Kilo Biokartoffeln und zwei kleine Zucchini«, orderte die Blonde. Ihr Pfefferminzatem ließ mich etwas Abstand halten.
    »Es sind unsere letzten«, erklärte die rundliche Verkäuferin beim Einpacken der Zucchini. »Ich gebe Ihnen noch eine dritte gratis dazu.«
    »Danke, das wird uns zu viel. Lieber ein paar Tomaten.«
    »Da habe ich aber nur noch spanische. Den hiesigen ist es zu kalt geworden.«
    »Ach?«, machte die Blonde irritiert. Diese Renitenz war sie von deutschem Gemüse offenbar nicht gewohnt. Zwei neue Kunden, ebenfalls mit dem Auto angerückt, leisteten uns Gesellschaft. Die Blonde entschied sich nach reiflicher Überlegung für die Spanier und erhöhte ihren Einsatz um ein Bündchen glatte Petersilie. Weil die krause immer so in den Zähnen hängen blieb. Einer der Neukunden nickte mitfühlend.
    Dann öffnete sich die Tür zu einem Nebenraum, und eine zweite Frau im Kittel trat ein. »Wer ist dran?«
    »Ich hätte dann mal gerne zwei Kürbisse«, meldete ich mich.
    »Welche Sorte?«
    »Welche haben Sie denn?«
    »Birnen, Moschus, Hokkaido, Flaschen, Spaghetti, Feigenblatt und Riesen«, ratterte sie herunter. »Und natürlich Zierkürbisse.« Ich konnte mich irren, aber irgendwie klang sie etwas weniger verbindlich als ihre Kollegin.
    »Tja«, sagte ich. Mit einem derartigen Angebot hatte ich nicht gerechnet. Ich folgte der Frau in den rückwärtigen Teil des Raums, wo sich die Kürbisse zu Hunderten stapelten. Natürlich hatte auch dieses Arrangement seinen eigenen Chic, der aus der Wahl des richtigen Kürbis eine ästhetische Frage machte. »Es soll eine Suppe werden«, meinte ich achselzuckend. »Empfehlen Sie mir einfach zwei, die lecker sind.«
    »Suppe können Sie aus allen Sorten zubereiten.« Und dann, als ich weiterhin dumm rumstand, drückte sie mir zwei Riesenexemplare in die Arme. »Hier, nehmen Sie einen Hokkaido, den brauchen Sie nicht mal zu schälen, und einen grünen, falls Sie was einmachen wollen.« Während das Kürbiskunstwerk keinen Schaden nahm, brach ich unter der Last schier zusammen. »Sonst noch einen Wunsch?«
    »Ja, etwas ganz anderes. Sind Sie Frau Kleinfeld?«
    Sie nickte.
    »Könnte ich mit Ihrem Mann sprechen?«
    »Der ist krank. Worum geht es?«
    »Er ist doch im Bündnis Pro Hendesse aktiv?« Und als sie erneut nickte, ließ ich meine vorgefertigten Sätzchen vom Stapel: dass das Misstrauen der Handschuhsheimer gegenüber der Stadtverwaltung und der Universität durchaus gerechtfertigt sei, dass Pro Hendesse viele Sympathien genieße, überall, auch in den restlichen Stadtteilen, dass es unter den vielen Anhängern aber auch welche geben könne, die hin und wieder mit den falschen Mitteln operierten, Stichwort Brechstange, ob sie sich das vorstellen könne und wie sie, gesetzt den Fall, darauf reagieren werde, genauer gesagt Pro Hendesse   –   ob also der Verein

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