Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
Absätzen eben geht, die Treppe hinunterzueilen, was nicht gerade einfach ist. Und deshalb stolpere ich fast in seine Arme.
»Hoppala«, sagt er zur Begrüßung, »da bist du ja schon. Dann können wir ja gleich losdüsen. Wird zeitlich ohnehin eng werden.«
Über mein Outfit verliert er kein Wort, aber an seinem wohlwollenden Blick erkenne ich, dass es in Ordnung ist. Schwierig genug. Leon liebt es, wenn Frauen gut gekleidet sind, doch es darf nicht zu extravagant sein. Teuer soll es aussehen und feminin, aber nicht zu aufgestylt. Sein schwarzer Porsche prescht los, und ich halte mich unauffällig am Sitz fest. Er mag es nicht, wenn ich seinen Fahrstil kritisiere, doch ich habe einfach Angst, wenn er so schnell fährt. Im Nu sind wir in Salem und ich mit den Nerven am Ende. Der Parkplatz ist bereits voll, denn das Modehaus Singer aus Friedrichshafen genießt einen guten Ruf, und die Modelagentur ›visual artists‹ aus Dornbirn ist bekannt für ihre schönen Models und sensationelle Fashion-Shows mit vielen Tanzeinlagen. Natürlich hat die Familie Römfeld Karten für die erste Reihe, sind doch alle drei Damen Römfeld die besten Kundinnen des Modehauses Singer.
Wir gehen durch den Schlosshof in Richtung Bibliothek, wo die Modenschau stattfinden wird, und wieder einmal bin ich gefangen von der einzigartigen Atmosphäre an diesem Ort. Vor dem Eingang hat man einen roten Teppich ausgerollt, und so fühlt man sich selbst ein bisschen wie ein Star. Leon sieht sehr gut aus heute Abend, das liegt nicht nur an seinem perfekt geschnittenen Maßanzug, sondern auch an seinem gebräunten Teint, den er sich bei einem Ski-Wochenende am Arlberg erworben hat. Er strahlt diese gewisse Selbstsicherheit aus, die nur erfolgreiche Menschen besitzen, und ich wünschte, ich hätte heute Abend ein wenig davon. Habe ich mich zu Hause in dem engen Rock (gut, er ging kaum zu, aber dafür sitzt er auch verdammt sexy am Hintern) noch richtig schick gefühlt, so fällt jetzt mein Selbstbewusstsein angesichts der vielen schönen Menschen in sich zusammen. So viele teure Handtaschen, Schuhe und vor allemKleider habe ich lange nicht gesehen. Und natürlich sind die Damen Römfeld schon von Weitem zu erkennen. Mein Herz klopft, und ich greife unwillkürlich nach Leons Hand. Katharina hat ihre hellblonden Haare von einem Coiffeur zu einem tadellosen, glänzenden Bob gestylt. Sie trägt einen Jil-Sander-Hosenanzug in schwarz, pures Understatement mit raffiniertem Schnitt. Die Accessoires dazu bestehen aus topmodischen, italienischen Schlangenlederpumps mit der dazu passenden Handtasche und einer exklusiven, besonders gearbeiteten Perlenkette. Als einziger Farbtupfer sind die Lippen in perfektem Rot geschminkt. Susann, Roberts schöne Frau, trägt ein Kleid von Cavalli, das ist unschwer zu erkennen. Auch ihre Haare sind wie üblich perfekt frisiert und frisch goldblond gesträhnt. Sie trägt trotz der Kälte Sandalen mit grau (!) lackierten Zehen und eine Handtasche von Hermès. Ganz anders Emily: Als kleine Reminiszenz an ihre Studentenzeit in Florenz trägt sie ein wild gemustertes Hippiekleid, und ihre naturblonden Haare hängen in dünnen Strähnen herunter. Emily ist, im Gegensatz zu Susann, nicht wirklich ›schön‹ zu nennen. Sie hat zwar ein schmales Gesicht, helle Augen und ebenmäßige Haut, aber alles an ihr ist blass, ihre Haut, ihre Haare, ihre Wimpern. Außerdem ist sie sehr groß und superdünn und hat darum etwas Spinnenhaftes an sich. Eigentlich wäre sie das perfekte Model, aber ich vermute, dass sie selbst dazu zu faul ist. Alle drei mustern mich eingehend, als wir auf sie zugehen, aber nur Emily lässt sich zu einem Lächeln herab. Neben ihnen steht eine junge Frau etwa Anfang 30, die mit ihrem hautengen schwarzen Overall und einer Zigarette in der Hand sehr lässig wirkt. Sie hat glatte, dunkelbraune, fast schwarze Haare, und der akkurat geschnittene Pony verleiht ihrem Gesicht etwas Puppenhaftes.
»Hallo, ihr beiden«, begrüßt uns Katharina und hält mir elegant die Hand hin. Ich bin versucht, einen Knicks zu machen und ihr die Hand zu küssen, aber natürlich verkneife ich mir diese Aktion, nehme mein ganzes Selbstbewusstsein zusammen und begrüße alle freundlich. Auch Robert hat sich in einen eleganten Anzug geworfen, was bei ihm sehr ungewöhnlich ist, da er sonst meist in Jeans unterwegs ist. Das war sicher Susanns Idee, denn man sieht ihm an, dass er sich darin eigentlich gar nicht wohl fühlt. Unterschiedlicher
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