Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
eben bei Harrods zum Shoppen wäre.
»Geht es dir gut, liebe Frieda?«, frage ich sie, denn sie sieht ein wenig blass aus.
»Ja, natürlich. Schlechten Leuten geht’s immer gut, hat schon mein Vater immer gesagt«, antwortet sie lächelnd.
»Wenn es danach ginge, dürfte es dir eigentlich gar nicht gut gehen.«
Obwohl wir scherzen, bin ich ein wenig besorgt, denn sie ist wirklich auffallend blass und ihre schmale Hand zittert noch mehr als sonst, als sie den Tee eingießt.
»Frieda, könnte es vielleicht sein, dass Christian in letzter Zeit mal wieder hier war?«, frage ich sie, während wir aufs Wasser schauen und die Segelboote beobachten.
»Also ich habe ihn nicht gesehen, leider nicht, Herzchen. Sonst hätte ich dich angerufen. Nein, wirklich nicht. Aber ich habe ja auch manchmal ein Schläfchen gehalten, deshalb kann ich es nicht hundertprozentig sagen.«
»Ach, schade«, seufze ich. »Ich müsste ihn dringend sprechen wegen meines Kreditantrags. Ich muss die Höhe der Pacht wissen.«
»Wann sollte er wieder in seinem Büro in Stuttgart sein, sagtest du?«, fragt Frieda weiter.
»Soviel ich weiß, so um den 13. herum.«
»Ich würde es trotzdem vorher versuchen. Vielleicht ist er ja schon früher zurück oder zumindest seine Sekretärin«, rät Frieda. Sie hat immer so gute Ideen.
Ich verspreche, morgen wieder vorbeizukommen und dann ein bisschen mit Jojo spazierenzugehen und verabschiede mich.
Auch meine Mutter scheint uns vermisst zu haben und lädt uns für den kommenden Mittwoch zum Essen zu sich nach Hause ein. Nun sind es nur noch wenige Wochen, bis sie nach Amerika fliegen will, und sie freut sich schon so sehr darauf. Ich kann sie ja verstehen. Ich kenne Christian noch nicht so lange, aber würde am liebsten auch einen Flug nach Kanada buchen.
Stattdessen ruft am Abend Leon an und will sich mit mir verabreden. Ich vertröste ihn auf morgen und verspreche, mit ihm essen zu gehen. Nicht einmal die Aussicht auf das gute Essen im ›Rosmarin‹ lässt mich eine gewisse Vorfreude empfinden.
In der Nacht schlafe ich schlecht, denn ich grüble ununterbrochen, ob es richtig ist, was ich tue. Schließlich stehe ich auf und erstelle mal wieder eine Pro-und-Contra-Liste.
Was dafür spricht, dass ich mit Leon zusammenbleibe :
Wir kommen gut miteinander aus.
Wir haben regelmäßigen und guten Sex.
Er ist reich und kann mir ein tolles gesellschaftliches Leben bieten.
Er wohnt in einem der schönsten Anwesen hier am Bodensee.
Was dagegen spricht, dass ich mit Leon zusammenbleibe:
Seine Mutter.
Seine Familie.
Seine sexy Marketing-Assistentin (bzw. meine Eifersucht auf sie).
Er hat kein Verständnis für Nini.
Christian.
Ich glaube, ich liebe Leon nicht.
Als ich den letzten Punkt geschrieben habe, wird mir klar, dass eigentlich allein dieser ausreicht, die Beziehung zu beenden. Doch das ist nicht so einfach, denn die drei Jahre mit ihm lassen sich nicht von heute auf morgen auslöschen. Wir hatten ja eine gute Zeit zusammen. Doch ich muss es realistisch sehen. Reicht eine ›echt gute Zeit‹ aus, um miteinander die Zukunft zu planen? Ich bin nicht mehr 17 und habe somit nicht mehr alle Zeit der Welt vor mir. Und ich bin nicht alleine, sondern habe immer noch ein Kind, für das ich die Verantwortung trage. Auch wenn dieses ›Kind‹ schon fast erwachsen ist. Also gehe ich wieder ins Bett und versuche, noch ein klein wenig zu schlafen, um ein bisschen Kraft zu sammeln für das Gespräch, das mich morgen Abend erwarten wird.
Am nächsten Morgen hängen die Wolken tief und es sieht nach Regen aus. Ich hoffe, dass der Sommer nicht schon zu Ende ist. Obwohl der Spätsommer beziehungsweise der Frühherbst am Bodensee eigentlich fast schöner ist als der Hochsommer. Die Tage sind nicht mehr ganz so heiß und das Licht ist so besonders.
Nach meiner morgendlichen Ration Kaffee fühle ich mich wach genug, einen neuen Anlauf in Sachen Anruf in Stuttgart zu starten.
Und tatsächlich: Es nimmt jemand ab. Die Sekretärin scheint schon vor Ende des Urlaubs da zu sein (wahrscheinlich muss sie wichtige Anschreiben für Gerichtstermine tätigen) und meldet sich mit monotoner Stimme.
»Rechtsanwaltsbüro Keller, Sabrina Müller, schönen guten Tag, was kann ich für Sie tun?« Irgendwie habe ich bei diesem Satz das Gefühl, dass ihr der Anruf lästig ist.
»Schönen guten Morgen«, begrüße ich sie daher freundlich. »Da hab ich ja Glück, dass ich jemanden erreiche.«
Sie macht eine
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