Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
könnte mit 17 Mutter werden. Und dass ausgerechnet der Junge, in den sie bis über beide Ohren verliebt ist, sie im Stich gelassen hat. Warte bitte einen Moment, ich bin gleich wieder da.« Und mit diesen Worten gehe ich Nini hinterher.
»Hey, Maus«, sage ich, als ich sie hinter der Toilettentür schniefen höre. »Komm mal heraus.« Es dauert eine Weile, dann öffnet sich die Tür.
»Ich weiß, ich bin blöd, gell, Mami?«, sagt sie weinerlich.
»Was für ein Quatsch. Ist doch kein Wunder bei dem, was du hinter dir hast«, antworte ich.
»Ich freu’ mich wirklich für Tante Carol, aber ich musste eben wieder an Marcus denken und wie er reagiert hat und gesagt hat, es sei nicht sein Problem und so.«
»Ja, das ist es auch nicht mehr, zum Glück. Wir vergessen jetzt mal den Blödi und machen uns einen schönen Abend. Und morgen gehen wir ein bisschen in die Stadt, was meinst du, meine Hübsche?« Nini wischt sich die Tränen ab und legt ein wenig Make-up auf. Ich nehme sie in den Arm. »Na, siehst du, nichts zu sehen. Und jetzt schauen wir mal, wie die schwarzen Gnocchi schmecken.«
Dieser kleine Gefühlsausbruch bleibt jedoch der einzige in unserem Londonurlaub. Die nächsten Tage vergehen wie im Flug, wir sind fast nur unterwegs in den zauberhaften Geschäften, tollen Museen und coolen Pubs. Abgesehen von den berühmten Sehenswürdigkeiten wie Buckingham Palast, Piccadilly Circus, Trafalgar Square, Hyde Park, Tower Bridge, die wir alle zu Fuß abklappern, sehen wir uns viele Kunstgalerien und Museen an. Um alle in Ruhe anzuschauen, müssten wir mindestens drei Monate bleiben, denke ich, und wir haben schließlich auch ein paar Geschäfte eingeplant … London ist für mich die tollste Stadt, was Shopping angeht. Allein bei Harrods könnte ich Tage verbringen. Man sieht so viele ungewöhnliche und schöne Dinge wie sonst kaum irgendwo. Und was die Mode angeht, hat London die Nase ganz vorn. Auch Nini ist begeistert und aus den coolen Läden fast nicht herauszubekommen. Das Tolle ist, dass gerade alle Sommersachen drastisch reduziert sind und teilweise die aktuelle Herbstkollektion schon hängt. So ersteht Nini zum Beispiel ein süßes Minikleid und eine schicke Lederjacke, die sie auch im Herbst gut miteinander kombinieren kann und die am Bodensee garantiert niemand hat. Carol und ich treiben uns in den Babymodegeschäften herum und tätigen allerhand Leichtsinnskäufe, weil die Sachen so niedlich sind. Ich kaufe einen süßen Stoff-Marienkäfer als Spieluhr, der dem Baby Glück bringen soll und die Melodie ›You are my sunshine, my only sunshine‹ spielt. Außerdem erstehe ich ein hübsches Top für Eva, das um die Hälfte reduziert ist. Also da muss ich ja zugreifen, oder etwa nicht? Passende Ohrhänger gibt es in Covent Garden, wo wir in den alten Markthallen trendige kleine Läden entdecken. Als Abschiedsgeschenk überreiche ich Carol eine wunderschön bestickte Tunika von Karen Millen, die sie die ganze Schwangerschaft über tragen kann.
»Maja, das sollst du doch nicht!«, schimpft sie mit mir an unserem letzten Abend, als wir ausnahmsweise bei ihr zu Hause bleiben. Wir sind erschöpft von den vielen Touren durch die Läden und Galerien und haben keine Lust mehr auszugehen.
»Ich wusste, dass du kein Geld von mir annehmen würdest«, sage ich zu ihr.
»Ja, wofür auch? Dafür, dass ich einen Riesenspaß mit euch hatte und ihr mich aus meiner Einsamkeit befreit habt? Du spinnst wohl«, meint sie lachend.
»Vielen, vielen Dank, liebe Carol, du weißt nicht, was mir dieser Urlaub bedeutet hat. Erstens, dich so glücklich zu sehen. Ich freue mich für euch und kann es nicht erwarten, euch zu dritt wiederzusehen. Und zweitens, wie gut diese Tage für Nini waren. Sie war so verzweifelt, so völlig ohne Freude in der letzten Zeit. Und hier bei dir ist sie so gelöst.«
Wie auf ein Stichwort steckt sie den Kopf durch die Tür und fragt: »Soll ich uns einen Salat machen?«
»Au ja«, sagen wir beide gleichzeitig. Nini verschwindet in der tollen Küche und wir reden weiter.
»Sie ist ein ganz anderer Mensch, seit sie hier ist«, sage ich noch einmal.
Carol überlegt eine Weile und schlägt dann vor: »Willst du sie nicht hierlassen? Ich meine, nicht nur für die Ferien?«
»Du liebe Zeit, nein. Wie meinst du das?«
»Na, ich dachte nur … Es würde ihr vielleicht guttun. Wenn sie wirklich so sehr unter der Trennung von Marcus leidet, wie du sagst, würde ihr der Abstand helfen. Du hast selber
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