Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
olle Fru, und es ist nicht immer lustig, alt zu sein, glaub mir. Manchmal muss man einfach daran denken, dass die Tage hier nicht endlos sind.«
»Du würdest es mir aber sagen, wenn du dich nicht wohlfühltest, ja?«, frage ich, immer noch besorgt. »Du weißt, ich habe ein Auto und kann dich jederzeit zum Arzt fahren.«
»Du bist lieb, danke. Aber es ist wirklich nichts.«
Nachdem wir uns schon wieder total verquatscht haben, rufe ich bei Leon auf dem Handy an, um die Verabredung abzusagen. Nach diesem aufregenden Tag bin ich absolut nicht in der Stimmung für ein ›ernstes Gespräch‹ und erfinde irgendwelche Bauchschmerzen.
Leon lässt sich zwar von mir auf einen der nächsten Tage vertrösten, steht aber am Abend plötzlich mit Blumen vor meiner Tür.
Meine ›Krankheit‹ hat er mir ohnehin nicht geglaubt, und als er sieht, dass es mir gut geht, überredet er mich, mit ihm auf das Weinfest nach Meersburg zu gehen.
Eigentlich würde ich mich viel lieber zu Hause einigeln und mich in meiner Enttäuschung über Christians Unaufrichtigkeit vergraben, aber dann fällt mir Friedas ostfriesische unerschütterliche Haltung ein, und ich denke: Jetzt erst recht. Wenn Christian wirklich mit seiner Frau in Kanada ist, obwohl er zu mir gesagt hat, sie seien getrennt, dann kann ich wohl mit meinem ›Noch-Freund‹ auf ein Weinfest gehen, oder nicht?
In Windeseile bin ich geduscht und umgezogen. Der Wind hat die dunklen Wolken wieder weggeblasen und die Sonne erneut zum Vorschein gebracht. Es ist allerdings dadurch nicht mehr so warm wie in den letzten Tagen, und ich wähle deshalb meine weißen Jeans, eine rote Bluse und nehme vorsichtshalber meine Lederjacke mit.
Als wir in Leons Porsche sitzen und Richtung Meersburg fahren, fühle ich mich fast wie früher, wenn er mich abgeholt hat. Ich genieße den Fahrtwind in den Haaren und den herrlichen Blick auf den See. Wir reden nur wenig, aber ich bemerke, dass Leon mich verstohlen von der Seite betrachtet. Er trägt heute sein schwarzes Hemd und seine schwarzen Jeans, ein Outfit, das ich immer besonders an ihm mochte. Ob er es bewusst gewählt hat? Als wir in Meersburg ankommen, herrscht bereits reges Treiben, und das kleine Städtchen ist voller Menschen. Zum Glück hat Leon viele Freunde hier, so dass wir sein Auto in einer Seitengasse in der Oberstadt abstellen können und nicht allzu weit laufen müssen. Das kommt mir sehr entgegen, denn ich konnte es nicht lassen, ein Paar rote, hochhackige Schuhe anzuziehen. Während wir zum neuen Schloss laufen, nimmt Leon auf einmal meine Hand und sagt: »Es tut mir so leid, Maja. Ich wollte mich nicht mit dir streiten.« Er zieht mich an sich. »Ich habe nachgedacht. Vielleicht habe ich falsch reagiert. Ich weiß doch, wie viel dir Nini bedeutet. Und dass du dir Sorgen um sie machst, ist ganz klar. Da konntest du nicht einfach mit mir wegfahren.«
Obwohl ich mich darüber freue, dass Leon offenbar über uns nachgedacht hat und es ihm anscheinend leidtut, wie er reagiert hat, fühlt es sich trotzdem seltsam an in seinen Armen. Wahrscheinlich liegt das an Christian, ich bekomme einfach die Gedanken an uns beide auf dem Segelboot nicht aus meinem Kopf.
»Leon, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dir Gedanken über uns gemacht hast«, antworte ich daher, »aber, ehrlich gesagt, weiß ich trotzdem nicht, ob das so das Richtige ist mit uns beiden. Unsere Vorstellungen vom Leben sind einfach total unterschiedlich.«
»Aber das ist doch gerade das Spannende an Beziehungen«, sagt Leon und lacht. »Es wäre doch furchtbar, wenn wir alle gleich wären.«
»Ja, schon, aber es ist ja nicht nur das. Ich meine, es gibt doch nicht nur uns, sondern auch noch Nini und deine Familie und …«
»Ach, Schatz. Du grübelst einfach zu viel. Wir lieben uns. Alles andere wird sich finden. Komm zu mir auf das Weingut. Lass es uns einfach ausprobieren. Ich glaube, es wird funktionieren.« Er zieht meinen Kopf zu sich hoch und küsst mich auf die Nasenspitze. »Meine kleine Grübelmaus. Ich hab dich so vermisst.« Und ohne eine weitere Antwort von mir abzuwarten, nimmt er wieder meine Hand und zieht mich in Richtung Festgetümmel.
Auf dem Schlossplatz ist schon fast kein Durchkommen mehr, und da im Moment gerade der Fanfarenzug spielt, ist sowieso keine Unterhaltung mehr möglich. Überall stehen kleine Stände mit Bodenseefischen, Bodenseekäse und natürlich mit Bodenseeweinen. Auch die Familie Römfeld hat einen großen Stand mit ihren
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