Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
oder? Dann bekomm ich sicher super Noten, vor allem in Englisch, und kann mich in Ruhe auf mein Abi vorbereiten.«
»Nini, das kann ich so nicht entscheiden. Ich muss erst mal in Ruhe darüber nachdenken, einverstanden?« Ich streiche ihr sanft über den Kopf. »Und jetzt schlaf schön. Wir reden morgen über alles, ja?«
Ich muss wohl nicht betonen, dass diese Nacht wieder mal eine schlaflose für mich ist.
Am nächsten Morgen rufe ich Leon an und entschuldige mich für mein unmögliches Verhalten am Abend zuvor. Aber da ich auch wieder Schwierigkeiten mit Nini andeute, hat er Verständnis und tröstet mich sogar. Danach rede ich lange mit Carol am Telefon. Sie ermutigt mich, Nini zu ihr zu schicken. Sie meint, wir könnten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen (allerdings sagt sie »mit einer Klatsche schlagen«, was mich zum Lachen bringt): Nini würde es leichter fallen, Marcus in London zu vergessen, und für ihre Sprachkenntnisse wäre es auch gut.
»Haben wir nicht immer gesagt, dass Nini eines Tages für eine Weile nach London kommen soll? Warte nur, bis dein Patenkind groß genug ist, dann schicke ich es auch zu dir nach Deutschland«, meint sie lachend.
»Ich weiß, dass wir oft darüber gesprochen haben, aber doch nicht gleich für ein ganzes Jahr«, wende ich ein.
»Wenn sie Heimweh bekommt oder sonst etwas sein sollte, kannst du sie jederzeit vorher holen«, schlägt Carol vor.
Nachdem sie mir noch einmal versichert hat, dass sie gut auf Nini aufpassen und es ihr bei ihnen ganz bestimmt gut gehen wird, legen wir auf. Vielleicht hat sie ja recht. Für Nini wäre es sicher nicht schlecht. Es fällt mir nur so furchtbar schwer, loszulassen.
Die Post kommt und bringt als Überraschung einen großen Umschlag von der Kanzlei Keller, Stuttgart. Mein Herz klopft laut, und ich traue mich kaum, ihn aufzumachen. Endlich ein Lebenszeichen von Christian. Es ist jedoch nur der Pachtvertrag mit einer lächerlich geringen monatlichen Pacht. Christian möchte weniger Miete von mir, als ich für die kleine Wohnung hier bezahle. Das ist zwar sehr nett von ihm, aber das kann ich doch nicht annehmen. Leider findet sich kein Brief von ihm in dem Umschlag, wie ich es gehofft hatte, lediglich ein kleiner gelber Post-it klebt auf dem Vertrag mit dem lapidaren Satz : ›Hallo Maja, anbei der versprochene Pachtvertrag, welchen du bitte unterschrieben an meine Büro-Adresse nach Stuttgart zurücksendest. Falls du überhaupt noch pachten willst. Alles Gute, Christian‹.
Ich bin vollkommen fertig. Also, das ist ja wohl eindeutig, dass Christian nichts mehr von mir wissen will. Ansonsten hätte er sich gemeldet, angerufen, wäre vorbeigekommen, hätte mit mir geredet. Stattdessen lässt er mir diesen Vertrag zuschicken mit einer lächerlichen Notiz obendrauf. Offenbar hat ihm unser kleiner Ausflug bei Weitem nicht so viel bedeutet wie mir. Ich blöde Kuh. Ich bin so wütend auf mich selbst. Wie konnte ich mir nur einbilden, ich sei für ihn mehr als nur ein kleines Abenteuer? Bestimmt war die ganze Zeit geplant, dass er mit seiner Frau nach Kanada geht, und er wollte nur mal nebenbei mit einer anderen schlafen. Na, super. Wahrscheinlich hat er ein schlechtes Gewissen und die Pacht ist deshalb so gering. Ja, so muss es sein. Er hält es nicht einmal für nötig, mir das persönlich zu sagen. Ich bin so wütend, dass ich am liebsten den Vertrag zerreißen und das ganze Projekt aufgeben will. Doch dann fallen mir Friedas Worte wieder ein: ›Jetzt erst recht!‹.
Wenn Christian weit weg ist und sich nicht um das Haus kümmern kann, ist es doch in Ordnung, wenn ich das tue. Und das war schließlich mein Traum von Anfang an. Von einer Liebesbeziehung mit Christian war nie die Rede. Und wenn er mir jetzt diesen Traum mit Hilfe der geringen Pacht ermöglicht, kann ich doch zufrieden sein. Bevor ich es mir anders überlegen kann, unterschreibe ich den Vertrag, klebe ebenfalls ein Post-it darauf mit den Worten : ›Hallo, Christian. Vielen Dank für den Vertrag, den du hiermit unterschrieben zurückbekommst. Für euch auch alles Gute, Maja‹. Und ich rufe sofort bei der Bank an und teile Herrn Roth die mickrige Höhe der Pacht mit, in der sicheren Gewissheit, dass nun der Zusage des Kreditantrags nichts mehr im Wege steht.
Nini und ich fahren zu meiner Mutter und erzählen von Ninis London-Plänen. Wie ich es erwartet hatte, unterstützt meine Mutter Nini in ihrer Idee und rät mir, endlich loszulassen und auch einmal an mich
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