Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
jetzt bin ich schon wieder dabei, mit dem anderen nach Hause zu gehen. So kann das nicht weitergehen. Ich muss heim, und zwar gleich und allein. Erst mal muss ich mein Leben sortieren, sonst komme ich völlig durcheinander. Und herausfinden, ob Christian wirklich noch mit seiner Frau zusammen ist. Ich schleiche zurück zum Weinstand, passe Emily ab und sage, dass ich sofort nach Hause muss. Sie soll mich bitte bei Leon entschuldigen und ihm sagen, mir sei schlecht geworden. Sie nickt verständnisvoll, nimmt mich in die Arme und sagt : »Bis bald.« Ich rufe mir ein Taxi und fahre zu Nini.
Kapitel 22
Das Krankenhaus
Während der ganzen Fahrt von Meersburg nach Überlingen plagen mich Gewissensbisse. Leon hat sich heute Abend so nett verhalten und hat mich sogar gebeten, mit Nini zu ihm zu ziehen. Und was mache ich? Lasse ihn sitzen und verabschiede mich nicht mal. Aber ich konnte einfach nicht mehr bleiben. Auf einmal ging mir Christian nicht mehr aus dem Kopf. Ich fühle mich schrecklich. Doch als ich zu Hause ankomme, weiß ich, dass es richtig war, heimzufahren. Nini sitzt im Dunkeln tränenüberströmt auf dem lila Sofa.
»Hallo, Maus! Was ist denn los?« Bevor sie antworten kann, fängt sie schon wieder an zu weinen.
»Mama, ich halte das nicht aus. Ich kann nicht mehr.«
Ich nehme sie in den Arm, damit sie sich beruhigen kann. Dann erfahre ich den Grund für ihren Kummer. Nini war mit ein paar Freunden im Café Walker an der Uferpromenade einen Cocktail trinken. Marcus war auch dort mit seiner neuen Freundin. Vor Ninis Augen flirtete und knutschte er anscheinend hemmungslos mit ihr herum. Dieser Mistkerl. Gut, dass er ihre Tränen nicht wert ist, wussten wir ja schon seit der Babygeschichte. Aber dass er so gefühllos ist, hätte ich nicht von ihm gedacht.
»Ach, Süße. Nimm das doch nicht so schwer. Es gibt viele nette Jungs, und du bist so hübsch. Vergiss ihn einfach«, versuche ich, sie zu trösten.
»Das kann ich nicht, Mama. Ich hab’s versucht. Ich kann nicht einschlafen, ohne an ihn zu denken und an die Zeit, die wir hatten. Und morgens ist es das Erste, woran ich denke, wenn ich aufwache. Und ich hatte immer Angst und gleichzeitig die Hoffnung, ihn wiederzusehen. Und dann ist er da mit dieser …, dieser … Ich halte das nicht aus!«
Sie tut mir so leid. Normalerweise müsste sie jetzt wütend auf ihn sein und ihn erst recht vergessen. Aber das sagt sich so leicht. Wenn man liebt, handelt man nicht nach dem Verstand. Dabei fällt mir mein eigenes ›verrücktes‹ Verhalten wieder ein.
»Mama, als wir in London waren …«, schnieft Nini weiter, »da hat Tante Carol doch mit dir über mich gesprochen, oder?«
O Gott, sie hat in der Küche unser Gespräch mit angehört.
»Was meinst du, Schatz?« Ich tue so, als wüsste ich nicht, worauf sie hinaus will.
»Tante Carol hat dir angeboten, ich könnte ein Jahr bei ihr verbringen, stimmt’s?«
»Ja, sie hat so was angedeutet. Sie meinte, du würdest dich in London wohlfühlen, und sie könnte ein bisschen Hilfe brauchen, jetzt, da sie schwanger ist …«
»Mama, darf ich das? So ein Auslandsjahr wäre wirklich super für mein Englisch. Und außerdem muss ich hier weg. Ich ertrage das nicht länger, alles erinnert mich hier an diesen Mistkerl.«
»Aber Nini. Du kannst doch vor deinen Problemen nicht davonlaufen. Manchmal muss man sich den Schwierigkeiten im Leben stellen. Du kannst doch nicht nur, weil du jetzt gerade unglücklich bist, so eine Entscheidung treffen und einfach abhauen. In ein paar Wochen geht es dir bestimmt besser und …«
Sie unterbricht mich.
»Nein, das glaube ich nicht, Mami. Ich hab’s versucht. Nur in London ging es mir gut, da war ich weit weg und habe überhaupt nicht an ihn gedacht. Aber seit ich wieder hier bin, fühle ich mich von Tag zu Tag schlechter. Ich hab schon mit Tante Carol telefoniert. Sie würde sich riesig freuen, und ich soll dir sagen, dass sie auch auf mich aufpassen würde.« Nini lächelt schief. »Bitte, Mami. Es ist doch nur für ein paar Monate. Dann bin ich wieder bei dir.«
»Und was ist mit deiner Schule? Du kannst doch nicht einfach ein Jahr aussteigen?«, frage ich, alarmiert, weil ihre Planung offenbar schon weit gediehen ist.
»Das muss ich gar nicht. Ich gehe dort zur Schule. Das ist sogar gut für mich. Was meinst du, wie das mein Englisch pusht. Und nächstes Jahr mach ich hier die zwölfte einfach noch mal. Ist doch egal, ob ich ein Jahr früher oder später fertig bin,
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