Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
zu denken.
»Versuch, es positiv zu sehen. Dass es für Nini gut wäre, muss ich ja wohl nicht extra betonen. Aber denk doch auch mal an dich. Du warst immer für die Kleine da. Und jetzt ist deine Zeit gekommen.« Natürlich habe ich meiner Mutter von dem Pachtvertrag erzählt.
»Auch wenn ich immer noch denke, du solltest bei Leon bleiben und zu ihm auf das Weingut ziehen, ist das doch eine tolle Alternative. Du musst selbst herausfinden, was das Richtige ist für dich.«
»Und das soll ich hier so ganz alleine oder wie?«, frage ich sie. »Ihr lasst mich einfach so im Stich, und ich kann sehen, wo ich bleibe«, empöre ich mich.
»Maja, ich glaube, es ist Zeit für dich, erwachsen zu werden«, lacht meine Mutter.
»Ich kann leider keine Rücksicht auf dich nehmen, denn ich muss zu Steve. Aber ich bin sicher, dass du mit 39 in der Lage sein wirst, deinem Leben eine eigene Richtung zu geben.«
Es tut mir nach wie vor gut, sie so voller Liebe und Optimismus zu sehen. Sie ist absolut davon überzeugt, dass es das Richtige ist, was sie tut, und ich beneide sie regelrecht um diese Einstellung. Auch Nini scheint es besser zu gehen, seitdem sie diese London-Perspektive hat. Am Morgen habe ich mit ihrem Schulleiter telefoniert, der mir sagte, es sei überhaupt kein Problem, Nini für ein Jahr freizustellen. Unter der Voraussetzung, dass sie in London zur Schule ginge, müsste sie nicht einmal die zwölfte Klasse wiederholen, wenn sie wieder zurück sei.
Die beiden schmieden ihre Reisepläne, und ich fühle mich jetzt schon schrecklich allein.
Als ich nach Hause komme, klingelt das Telefon, und Herr Roth bittet mich wegen des Kreditantrags in sein Büro.
Er trägt wieder die lila Krawatte und dazu ein schreckliches braunes Hemd.
»Frau Winter, guten Tag.« Er streckt mir seine feuchte Hand entgegen.
»Ich will nicht lang um den heißen Brei herumreden. Also, ich habe mein Bestes versucht und mit dem Vorstand über Ihre ›Idee‹ gesprochen.« Wie er das ausspricht, hört es sich an, als handle es sich um einen Kinderplan. »Aber leider, leider sieht der Vorstand keinen zu erwartenden Erfolg in Ihrem Unternehmen. Und da Sie ja über«, er räuspert sich kurz, »keinerlei Sicherheiten verfügen, können wir Ihnen den Kredit in dem gewünschten Rahmen nicht bewilligen. Es tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber unter diesen Voraussetzungen können wir Ihnen leider keinen Kredit gewähren. Vielleicht haben Sie ja jemanden, der für Sie bürgen könnte, dann sähe die Sache anders aus.«
Ich habe Mühe, meinen Atem unter Kontrolle zu bringen.
»Soll das heißen, ich soll jemanden finden, der für den Fall, dass mein Café den Bach runtergeht, für das Geld geradesteht? Habe ich Sie da richtig verstanden?«
»Ja, so in der Richtung. Genau.« Herr Roth lächelt süffisant. »Aber ohne diese Bürgschaft, also, da sehe ich leider schwarz.«
Ich stehe auf, gebe Herrn Roth die Hand und bedanke mich für das Gespräch.
Seine Bürgschaft kann er sich sonst wohin stecken.
*
Irgendwie habe ich das Gefühl, die ganze Welt hätte sich gegen mich verschworen. Erst Christian, der mit seiner Ex- oder doch nicht Exfrau in Kanada sein soll und merkwürdige Post-its verschickt, dann Nini, die zu Carol nach London will, weil sie den Gedanken nicht erträgt, ihren Exfreund mit einer anderen zu sehen. Und jetzt die Bank, die mir das Geld nur dann geben will, wenn jemand dafür geradesteht. Ich fühle mich so verloren.
Der Einzige, der sich in letzter Zeit wirklich fair und nett verhalten hat, scheint Leon zu sein. Und bevor ich groß nachdenken kann, was ich tue, sitze ich im Auto und fahre Richtung Hagnau zum Weingut.
Im Büro ist niemand, aber das hatte ich bei dem schönen Wetter auch nicht erwartet. Natürlich gibt es im September in den Weinbergen genug zu tun. Trotzdem versuche ich es bei ihm zu Hause, treffe aber nur Katharina an, die mir erzählt, Leon sei irgendwo in den Reben. Das dachte ich mir ja schon. Als ich mich umdrehe und hinausgehen will, sagt Katharina allerdings etwas Merkwürdiges : »Ich denke, du solltest da jetzt nicht hingehen und ihn stören.«
Gut, ich weiß, dass sich kurz vor oder während der Weinlese keine Fremden in den Weinbergen aufhalten dürfen, aber ich bin doch keine Fremde, sondern seine Freundin.
Kopfschüttelnd marschiere ich los. Heute ist wieder so ein wunderschöner Tag, und so langsam beginnt sich das Laub zu verfärben. Ich genieße es, hier durch die Reben zu
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