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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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hingesetzt und hat die anderen Teile deines Lebens mit dir erlebt, die man eben nur bei einer Frau erleben kann - und da gehst du jetzt eines schönen Tages so mir nichts, dir nichts durch die Stadt, und der Zufall sendet dir jemanden, der ausgerechnet eines deiner verborgensten Stichwörter kennt.«
    Peng!
    Natürlich fallen da alle Dämme in sich zusammen -denn wenn diese Frau etwas so Geheimes wie dieses Code-Wort kennt, dann könnte man doch sofort eine Hochrechnung machen, daß sie viel mehr kennt, viel mehr in sich trägt, viel mehr mit dir teilen kann - daß sie vielleicht überhaupt die Traumfrau aller deiner Reinkarnationen ist, die sich auf deinem Lebensweg durchgearbeitet hat - von Karma zu Karma in Ewigkeit amen!
    Vorsicht.
    Ich schließe nicht aus, daß das alles möglich ist - nur werde ich nie wieder »glauben«, daß das schon zur Realität geworden ist, bevor ich voll Geduld und Hingabe die Hufspuren im Sand auf ihr Alter untersucht habe. Vielleicht stellt sich heraus, daß alles ganz einfach ist, ein Film, der sie letzten Endes gelangweilt hat, ein Spielwarenladen - eine flapsige Bemerkung -und nun - wir werden ja sehen.
    In unserem ersten Gespräch, das wir nach unserem Treffen vor der Auslage hatten, gab es einige wirklich
    - wie soll ich sagen - es gab einige wirklich neugierig machende Augenblicke.
    Um die Wahrheit zu sagen - alles machte mich neugierig - nicht nur Augenblicke. Aber so schnell wollte ich diesen Gedanken nicht von meinem Sprachzentrum in mein Herz sinken lassen, ich wollte ihr erst einmal zuhören.
    »Ich kenne fast keine erwachsenen Männer, die so traumverloren vor Indianerfiguren stehen wie Sie -deswegen mußte ich lachen - verstehen Sie?« Natürlich verstand ich, was sie sagte - aber was heißt »fast« keine erwachsenen Männer -Wieso »fast« - wer waren die anderen, wie viele gab es
    - gibt es - oder wird es geben?!
    »Also gut - ich wollte sagen - ich kenne keine, außer meinem Bruder, aber der erlaubt sich ja alles mit mir.«
    Sie lächelte schon wieder so wunderschön, während sie das sagte, daß ich fast nicht mehr zuhören konnte.
    Ihr Lächeln war so eine schimmernde Perle, die in hundertdreiundzwanzig Schichten in die Tiefe leuchtet, und jede Schicht Perlmutt erzählte eine andere Strömung dessen, was sie bis zu diesem Tag erlebt hat. Ganz vorne war es ein wunderschönes, weiches, deutliches, offenes Gesichtlächeln - mit zarten Bögen über den Wangen und einem offenen, gleichmäßigen Lippenmund, auf dem kein Rotstift die Farbe ihrer Haut belog.
    In der nächsten Tiefe waren es ihre Augen, die mitlächelten und aus denen eine weiche, grüne Heiterkeit herausklang, hinter der wiederum ein zarter Schleier einer blauen Melancholie stand, der hinter sich das eigentliche letzte Leuchten dieses Lächelns nicht verbergen konnte.
    So war das - und wenn es zu Ende ging, gab es da noch einen Nachhall in ihrem Gesicht - so wie ein letztes Wehen im Gras, wenn sich der Abendwind beruhigt und es still wird zwischen Tag und Nacht.
    Eigentlich lachten wir ununterbrochen während dieses Gesprächs, weil wir beide bemerkten, daß da etwas in Gang kommen konnte, das unabsehbar war, und da lächelt man dieses Lächeln, von dem man nicht weiß, von wo es kommt, von dem man nur spürt, daß ein einziges Wort dahintersteht, und dieses Wort heißt -»endlich«.
    Endlich, endlich, endlich, endlich, endlich, endlich, endlich ...
    Aber was - »endlich«?!
    Heißt das: »Endlich ist da ein Fremder - ein Unbekannter, von dem ich nicht einmal weiß, ob er lachsfarbene Dessous trägt, ein potentielles Schlagloch also auf der Straße des eigenen Schicksals, oder heißt das nicht vielmehr - endlich ist da jemand, dessen äußeres Bild auf irgendeine halbmystische Weise dazu beiträgt, meine persönlichen Phantasien laufenzulassen, die mit dem Wesen des anderen überhaupt nichts zu tun haben müssen - heißt das etwa - um es auf einen Nenner zu bringen - endlich ist da eine Filmleinwand, auf die ich das Cinemascope meiner Sehnsüchte werfen kann, die mit der Filmleinwand gar nichts zu tun haben müssen?!«
    »Oh Sehnsucht - Sehnsucht - Mutter aller Illusionen!«
    Wo finde ich die Wahrheit - wo?
     
    Wir saßen uns am Bahnhof gegenüber und schwiegen
    - ich hatte mir in der Zwischenzeit einen dritten Cafe-Latte bestellt und ihn auch schon zur Hälfte getrunken.
    Ich liebe es, daß dieses Getränk in hohen Gläsern serviert wird und nicht in Porzellanschalen wie jeder andere Kaffee. Ich schütte

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