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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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anderen Leuten geschrieben werden -
    Ich bin doch ich, und Susanna ist Susanna, aber ich glaube nicht, daß sich Martin und Susanna jemals getroffen haben, um miteinander zu gehen, sondern immer nur ihre Schatten, die vom Licht der Öffentlichkeit auf den Boden geworfen wurden.
    Ich weiß, daß sie versucht hat, eine »gute Frau« zu sein. Ich weiß, daß sie alle Details auf einem Teller versammelt hat, von denen es heißt, daß eine Frau einen Mann damit glücklich machen kann - aber was heißt schon »eine Frau«, und was heißt »ein Mann«?
    Sie war doch sie und hatte in der tiefsten Tiefe ihres Herzens nie Lust gehabt zu kochen - dafür wollte sie um so öfter mit mir ans Meer fahren, um das Ehebett mit dem Sternenhimmel am Strand zu vertauschen. Es tut mir leid, daß ich Sonnenallergien bekomme und lieber in weichen Betten meinen Verstand verliere -aber bevor ich mir das eingestehen konnte, hatte sie schon hundertmal zu oft Forellen gebraten und ich viel zuviel Kalzium gegen Nervenschäden geschluckt. Was wäre geschehen, wenn wir uns am Anfang die Wahrheit gesagt hätten, solange noch die Liebe bei uns wohnte, und nicht erst in der letzten Nacht, in der der grinsende Haß die Schleusen öffnete, um der Sehnsucht nach dem eigenen Selbst den Weg ins Tal zu ermöglichen?
    Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - dachte ich und hielt mich an der blauen Halskette fest wie ein Gibbon-Äffchen an der Haarkrause seiner Mutter - aber wer hat mir denn schon jemals beigebracht, ohne Schuldgefühle zu mir zu stehen - wer hat uns denn immer eingetrichtert, daß man nicht egoistisch sein darf und in der Folge »selbst-bewußt«.
    Aber nur mein Selbst ist es doch, das sich voll Freude zu einem Nächsten hinwenden kann, um seinem Selbst zu schenken, was es gerne hat. Und das kann ich doch nur dann tun, wenn ich aus eigener Erfahrung weiß, daß ein anderes Selbst nichts dagegen hat, wenn mein Selbst fünf Kilogramm Sand aufschüttet, um historische Momente nachzubauen.
    Man muß sich doch auf einen Menschen, mit dem man das Leben teilt, verlassen können. Und in diesem Ausdruck steckt das Wort »lassen« drinnen und auch »verlassen« als Vorgang des Weggehens, von dem beide wissen, daß es nur die einleitende Stufe ist zum Anlauf, der vor dem Wiederkommen steht.
    Im großen wie im kleinen -
    Es gibt doch nichts Herrlicheres, als die eigene Frau im Kreise ihrer Freundinnen zu wissen, wo sie sich über das Leben auf eine Weise die Lippen fusselig plaudert, die ein Mann nie verstehen wird und gar nicht verstehen kann, weil er einen nachmeßbar anderen biologisch festgelegten Ablauf seiner Mikrobewegungen hat, die ja das eigentliche treibende Element eines Dialoges sind - Herrgott, ich kann doch nichts dafür, daß die Wissenschaft erst in unseren Tagen die Beweise dafür nachliefern kann, daß vier und vier immer schon acht war.
    Ahnend gewußt haben wir es immer schon - nur gelebt haben wir unsere Ahnungen nicht, sondern nur zur Perversion benutzt und zur Unterdrückung des anderen Selbst, weil das ja »egoistisch« ist.
    »Oh Mißverständnis der menschlichen Notwendigkeit, eine Gemeinschaft zu bilden« - dachte ich und wanderte solistisch durch die Wogen der Venedigbenutzer, die alle schon irgendwelche »Vergißmein-nichts« in den Händen hielten.
    »Oh fehlgeleitete kosmische Energien - oh verlorene
    Pole des All-Einen ... oh sinnlos wehende Winde -vergebens um die durchlöcherten Seelen unserer sinnentleerten Welt blasend - um Seelen - die doch Segel sein sollten, das Schiff der Erkenntnis an Paradiesens Strand zu treiben ...«
    Susanna hatte so geweint - ich habe auch so geweint
    - wir haben beide so geweint und ganz tief drinnen haben wir auch gewußt, daß wir nicht nur weinten, weil ab morgen niemand mehr den Salzstreuer zum Frühstücksei stellen würde - sondern weil wir einen Teil des Lebens vergeudet hatten, in eine Sackgasse zu kriechen, in die wir niemals hätten hineinrobben müssen, wenn unsere Programmierungen anders ausgesehen hätten.
    Vielleicht hätten wir uns treffen können in den Ereignissen, die uns miteinander glücklich gemacht hätten
    - wenn wir es gelernt hätten, daß ein Mensch allein für den anderen nicht alles sein kann.
    Vielleicht hätten wir gemeinsam staunen können über die Reiseberichte des anderen zu den Stränden, die uns verborgen bleiben mußten und die nur durch Erzählungen des Liebsten Gestalt annehmen konnten
    - wenn wir gewußt hätten, daß zwei Menschen nicht immer auf

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