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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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sich zu wundern, daß man nach zwei Jahren immer noch am Marktplatz in Pfutzingen steht anstatt am Jupiter.
    Je weiter die Reise geht, um so genauer will der Koffer gepackt sein, und die Liebe ist die weiteste Reise in diesem Universum.
    Irgendein Kobold läßt aber leider die Vorlagen zum Glück, die man im Kino bewundern kann, immer dann aufhören, wenn es eigentlich beginnt, und die armen Zuschauer versuchen, das auch so zu machen wie Robert Redford, und tatsächlich - das Ergebnis ist ein wirklich dickes, fettes »ENDE«.
    Daher gilt es nichts zu verachten, was sich als unscheinbare Zahnpasta tarnt - der Teufel schläft nicht, und diesen Vorsprung von acht Stunden täglich können wir nur mit Geduld, Genauigkeiten und Verabredungen wieder einholen.
    Verabredungen wie zum Beispiel: »In zwei Stunden in Venedig am Markusplatz im Café Florian.«
    Das nenne ich der Programmierung ein Schnippchen schlagen, die da behauptet, zwei frisch verliebte Menschen müßten doch ununterbrochen Werbung für Sekundenkleber machen, und das natürlich ohne die geringsten Abnützungserscheinungen.
    Keiner von beiden hat dann natürlich den Mut, dem anderen einzugestehen, daß ihn die Fülle des plötzlichen Glücks nicht nur schwindelig, sondern auch etwas müde macht, und daher sprintet man weiter ohne Pause in siebentausend Meter Höhe hinauf - die Euphorie, die sich durch diesen Sauerstoffschock einstellt, nennt man dann »berauscht vor Glück«, und man wird natürlich panisch, wenn die Natur ihr Recht fordert und Pausen erzwingt.
    »Du liebst mich wohl nicht mehr«, heißt es dann, wenn die Nächte irgendwann einmal nicht mehr so schlaflos zugebracht werden wie in den ersten zwei Wochen und die Kußfrequenz so weit abfällt, daß man wieder einmal durch den eigenen Mund atmen kann. Oh Irrtum über Irrtum -
    Oh sprachloses Blättern im Wörterbuch der Gemeinsamkeiten, in dem die Druckerei die Übersetzungen vergessen hat -
    Wie soll man es machen, ohne es falsch zu machen, in einer Welt, die einem die Vorbilder verweigert, die einen Ausweg darstellen könnten!
    Ganz einfach - man tue nur das, was man will, und dies tue man deutlich, nach einiger Zeit der Übung wird es dann auch nicht mehr ruckartig geschehen und wird diejenigen, mit denen man in Verbindung steht, nicht mehr rütteln, sondern jeder Schritt, den man setzt, wird verständlich sein und von gelassener Ruhe -
    »Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, von heißen Eislutschern zu träumen, wenn ich mir so zuhöre« -dachte ich und bog endlich auf den Markusplatz ein, dem das Streben meiner Schritte während meiner letzten Ausführungen zu gelten begonnen hatte. Flatteratat - flogen diese Mistviecher in die Höhe, als ich durch ihre hochsubventionierten Freßansammlungen schritt, um in das Café Florian zu gelangen. Man muß sich nur einmal ausrechnen, wieviel Tonnen Maiskörner auf diesem Platz verfüttert werden, und dann kann es schon geschehen, daß man mit dem Kauf eines Luftdruckgewehres zu liebäugeln beginnt. Nein, nein - ich liebe Tauben und würde selbstverständlich nur Weichgummipfropfen verschießen, die den Tierchen das Adrenalin in die stämmigen Keulchen treiben und sie nicht vergessen lassen, daß das Leben eigentlich ein nicht endender Kampf ums Überleben zu sein hätte.
    Vielleicht bin ich auch nur neidisch auf diese Lebensversicherung, die da, mit vollen Händen ausgestreut, jede vogelfreie Initiative erstickt. Das kann er doch nicht gemeint haben, als er sagte: »Seht diese Tauben auf diesem Platz - sie säen nicht - sie ernten nicht -und die Touristen erhalten sie trotzdem«?!
    »Na gut« - dachte ich - »irgendeinen Sinn wird es schon haben, auch wenn ich ihn nicht erkenne - vielleicht diesen, daß aus den verfütterten Maiskörnern wenigstens kein Popcorn mehr hergestellt werden kann, das jungen Menschen den Magen verklebt.« Der Unergründliche wird es sicher ganz genau wissen, was er da zuläßt - also machte ich mir nicht mehr länger Mühe mit der Klärung dieser Frage, sondern nahm erlöst auf einem gedrechselten Holzstuhl Platz, der zu der Einrichtung eines der berühmtesten Kaffeehäuser der Welt gehörte.
    Mein Gott, wer soll hier nicht schon alles gesessen und Schokolade geschlürft haben. »Who's who in man's history« würde nicht ausreichen, um den Odem der Tradition zu übermitteln, der um diesen Kaffeeausschank liegt wie eine Federboa um Marilyn Monroes zartweiche Schultern.
    Raum schließt sich an Raum - verbunden durch offene

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