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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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ist.
    »Ich bin ganz ruhig und schwer - mein Atem geht tief und ruhig - mein Körper ist warm und entspannt - die Mentha im Glas ist flüssig und naß.«
    Die Suren, die man zur Selbstbändigung vor sich hinbeten kann, sind ohne Zahl und verfehlen fast nie ihre Wirkung - das einzige, was man für ihre Effektivität braucht, ist Wärme, Ruhe und Entspanntheit.
    Man übt dies am besten an einem Sonntag nachmittag -wenn man ganz ruhig und warm ist, ganz friedlich und entspannt - wenn man völlig ausgeglichen ist mit dem Universum und einen ruhigen, tiefen Atem hat-in diesem Zustand also setzt man sich in seinen Lieblings-
    Stuhl und spricht zu sich selbst: »Es ist Sonntag nachmittag, und ich bin ruhig und warm-ganz friedlich und entspannt bin ich - ausgeglichen mit dem Universum sitze ich hier, und mein Atem ist tief und warm.«
    Man wird es nicht glauben - aber nach einigen Wiederholungen wird man feststellen, daß man ganz friedlich und entspannt ist - ausgeglichen mit dem Universum - und daß man einen ganz ruhigen, tiefen, warmen Atem hat. Tja - Übung macht eben immer das, was gerade ist, und jetzt gerade nützt mir das alles überhaupt nichts, weil ich viel zu nervös bin, um einen ruhigen Atem zu haben.
    »Sie würde eindeutig gewinnen, wenn sie nicht in Venedig am Markusplatz ins Café Florian ginge, um sich mit einem Versager zu treffen« - wußte es in mir und zählte mir im selben Atemzug all die besseren Möglichkeiten auf, die sich ihr anbieten konnten.
    Der Schlafwagenschaffner im Zug zurück in die Heimat zum Beispiel. Der Fesselballonfahrer, dem sie beim Sandabwerfen helfen muß, oder am Ende gar doch einer von den einäugigen Zyklopen vom Bahnhofscafé, denen sie beim Zahlen so zugelächelt hatte. »Wie süß sie lächelt«, hatte ich in dem Moment gedacht und wußte jetzt um so genauer, daß ihr jeder ordentliche sizilianische Padrone eine gescheuert hätte, weil sie fremden Männern ein Lächeln schenkt.
    Peter wird sich den Bauch halten vor Lachen, wenn ich ihm von meiner Idiotie erzähle, am Boden wird er sich winden vor lauter Zwerchfellkrampf, wenn ich ihm sage, daß ich im Hotelzimmer ein Nickerchen gemacht habe, während sie neben mir gelegen hat und geliebt werden wollte.
    Kalt duschen mußte sie gehen, um ihre Frustration abzuspülen, mit einem Pensionisten nach Venedig gefahren zu sein.
    »Oh Jesus und alle Heiligen - werde ich denn auf immer gezwungen sein, Donald Duck zu bleiben, und werde ich niemals die Glücksebene von Gustav Gans erreichen? - Gustav - einfältig zwar wie alle Gänse, mit einem lächerlichen Hütchen und geckenhaften Gamaschen - aber bei Daisy findet er immer ein offenes Ohr, und auch Onkel Dagobert schlägt ihn nie so oft wie mich.«
    Ich bin ein Produkt meiner Zeit, und diese Zeit hat mich entkernt.
    Verschwiegenheit und Härte - ertragene Einsamkeit und schwarzer Kaffee, das ist es, was Frauen an Männern lieben und ansteuern wie Motten das Licht.
    Ich bin nicht einmal eine Taschenlampe, verglichen mit all den Leuchttürmen, denen sie in den letzten zwei Stunden begegnet sein kann in diesem Sündenpfuhl, den die Welt im gegenwärtigen Stadium darstellt. Nicht einmal nach meiner Menta kann ich mehr greifen, um sie noch mehr zu verdünnen - entsetzensgelähmt versagen alle Muskeln ihren Dienst, weil sie meiner Autosuggestion so lange zugehört haben, die da heißt: »Ich bin warm und entspannt und eigentlich abgrundtief tot!« Man soll mich wegtragen und irgendwo verscharren, oder besser noch ins Meer kippen wie eine Zugladung fauler Tomaten. Leb wohl, süße Welt - leb wohl, süße Maria. Ich verstehe - ich verstehe dich - ich verzeihe dir ... Ich gehe - leb wohl. Nein - aber Ernst beiseite - Ingmar Bergman hat uns doch wirklich ausführlich genug bewiesen, daß es für
    Männer und Frauen unmöglich ist, in ein und derselben Großaufnahme aufzutauchen, und ausgerechnet ich nichtiger Wurm will mich in die Speichen des Schicksalsrades werfen, das schon Geringere als mich unter seiner Wucht zermalmt hat!
    Wie hohl plötzlich alles geworden ist und wie schal! Stehen wir denn etwa nicht an einer Zeitenwende, die von den Weisen, die Augen haben, zu sehen, als das erkannt wird, was sie ist - nämlich eine Endzeit?
    Haben Uranus, Pluto und Saturn etwa plötzlich ihre zerreißenden Einflüsse auf das Menschengeschlecht verloren, nur weil ich mir einbilde, »Verliebtheit« wäre mehr als ein zärtliches Wort aus Großmutters Schatzkästlein?
    Wenden wir doch unseren Blick,

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