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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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gemacht - fragte ich mich und blinzelte in die Spiegelung des Sonnenlichtes auf dem Silbertablett, das auf meinem Tischchen lag.
    Sie ist wahrscheinlich irgendwo hängengeblieben -dachte ich mir - denn seit ich sie zum letzten Mal gesehen hatte, waren schon fast fünf Stunden vergangen, und ich begann, eine leichte Unruhe zu verspüren -ich blickte zur Sicherheit auf meine Uhr, die ich nur aus Gründen der Zierde trage, da mein Zeitgefühl einen Ruf wie Donnerhall hat.
    Eine Stunde und fünfunddreißig Minuten -
    Ich wollte es nicht glauben, aber es war so - es waren erst eine Stunde und fünfunddreißig Minuten seit unserem letzten Zuwinken vergangen, und beschämt zog ich meine Ohren wieder unter den Hut der Ungeduld, den ich schon so selbstsicher geschwungen hatte.
    Woher nahm ich denn eigentlich das Recht, so drängend auf sie zu warten - woher kam denn diese patzige Sicherheit, daß sie überhaupt wiederkommen würde?
    Vielleicht war diese Pause, die sie sich erbeten hatte, nur ein schonender Vorwand, um sich auf und davon zu stehlen, weil sie schon längst wieder genug hatte von mir.
    Oh Gott - welch zerbröselnder Gedanke -Vielleicht war sie in unser Hotel gegangen, hatte gepackt und mir einen Abschiedsbrief hingelegt, in dem zu lesen ist: »Ich kann Susanna gut verstehen« - und vielleicht steigt sie gerade jetzt in ein Flugzeug oder einen Fesselballon - egal - irgend etwas, das sie auf dem schnellsten Weg von der Stätte des Grauens hinwegschaffen konnte.
    »Mein Gott - du Idiot« - knurrte der triefäugige, grüne Hilfsteufel, der mir immer die Augen öffnet, wenn es um Fakten geht und nicht um Ideale. »Du dreimal verblödeter Idiot - du hast sie gehen lassen ohne Widerstand - ja, nicht nur das - du hast sie vertrieben mit deinen Enthüllungen über das Scheitern deiner Ehe, deiner Gesundheit und deiner Männlichkeit. Volltrottel - viermal gesiebter - glaubst du denn wirklich, daß das für eine junge, gesunde Frau attraktiv sein kann, mit so einem Kaffeeklatschgemosere erobert zu werden?!
    Packen hättest du sie sollen am Genick und jede Diskussion im Keim ersticken.
    >Pause willst du haben< - hättest du sagen sollen ->Pause?!! Hahaha - willst du sehen, wie eine Pause bei mir aussieht, Süße - willst du es?< - Ungeachtet der fotografierenden Asiaten hättest du sie auf den Gondelanlegesteg drücken müssen und ihr siebenundzwanzigmal hintereinander klarmachen, wie es zugeht, wenn man sich mit dir für eine Pause hinlegen möchte -
    >Na - zufrieden ...<, hättest du knurren sollen und deine Krawatte wieder gelangweilt festzurren, während sie sich maßlos staunend an deinem Rücken gerieben hätte, voll der seligmachenden Erkenntnis, endlich einen Mann entdeckt zu haben, der ein Kerl ist und kein Quatschkopf.
    Aber nein« - fauchte Teufelchen - »nein - Herr Martin Sterneck muß ja lieber losheulen wie Lieschen Müller beim Abschlußball und Kußhändchen schmeißend zusehen, wie sie Abschied nimmt.«
    Verflucht - dachte ich - was ist, wenn er recht hat, was ist, wenn ich wirklich zu weich war und zu - ich meine
    - ich habe - ich meine, ich bin doch - oder?! was - wie
    - sag doch was - rief ich verzweifelt und blickte mich nach meinem gefiederten Bruder um - aber der hatte wieder einmal jene Form angenommen, die selbst meinen Augen verborgen bleibt, und wieder einmal war ich ganz allein auf mich gestellt.
    »Schöne Bescherung« - murmelte ich und erhöhte die Verdünnung meines Minzesirups von eins zu drei auf eins zu sieben. Ja, so schnell kann es gehen, und aus einem siegessicheren Superman wird ein zappelndes
    Bündelchen, wenn er so unvorsichtig war, mit dem grünen Kryptonit des Selbstzweifels in Berührung zu kommen.
    In langsamen Schlucken schlürfte ich mein grünes, homöopathisches Wässerchen und lauschte auf den unrhythmischen Herzschlag, den ich in meinem flachen Atem als ersterbendes Echo meiner sich verabschiedenden Lebensgeister wahrnahm.
    »Tja - gestern noch auf hohen Rossen - heute durch die Brust geschossen« - flüsterte es in mir und versuchte, sich auf die Chimäre des Galgenhumors zu schwingen.
    »Ruhig - ganz ruhig bleiben« - sprach ich ein ums andere Mal zu mir, da ich erkannt hatte, daß von meinem Schutzengel keine Hilfe zu erwarten war, die mir als Hilfe bewußt gewesen wäre.
    Gott sei Dank habe ich für solche Momente einen kleinen Notvorrat an autosuggestiven Tricks bei mir, die das Schlimmste verhindern können, wenn zufällig einmal kein Zehner-Valium bei der Hand

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