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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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himmelhohen Unterschied. - Es ist nie - nie, nie >nie< - sage ich - nie ein einziges gereiztes Wort gefallen - nie eine einzige ungeduldige Handbewegung in der Aura des anderen gelandet, ein einziger Blick als Tötung einer Lebenssekunde mißbraucht worden. Es war ... es ist, um es kurz zu sagen, das Paradies auf Erden. Genauso wie man es sich eigentlich erträumt, wenn man mit einem anderen Menschen den Bund fürs Leben eingeht, um fein zu sein und beieinander zu bleiben.
    >Tja, mein Lieber< - sagte Stefan einmal in der Küche, als ich fassungslos darüber sprach, daß unser Beisammensein genau den Erleichterungsschwung in mein
    Leben gebracht hatte, nach dem ich in meiner Ehe so oft gesucht hatte - >Tja, mein Liebere, - hat er an diesem Tag gesagt - >wer die Liebe fühlen durfte, weiß die Freundschaft zu schätzen. <
    Er hat überhaupt immer einen klugen Spruch zur Hand, wenn es darum geht, aus der Frucht eines Augenblicks den Saft herauszulocken, der die meisten Vitamine in sich trägt. Seine Art zu leben war von einer nicht zu sagenden, mitreißenden Vorbildwirkung für mich - ja, wirklich - ich schäme mich überhaupt nicht, das zu sagen, weil ich durch seine Sicht der sogenannten gewöhnlichen, normalen Üblichkeiten dazugekommen bin, nichts - aber auch überhaupt nichts in meinem Leben, in meinem Herzen, in meinem ganzen Wesen als ein für allemal festgeschraubt zu betrachten.
    Wir waren gewissermaßen ein Testballon in die Stratosphäre der Freiheit des Individuums, das entdeckt, daß nichts so sein muß, wie wir gelernt haben, daß es sein soll.
    Ich habe das Gefühl gehabt, alles, alles, alles neu lernen zu müssen, weil ich viel zu früh geglaubt habe, es schon zu können.
    Am Abend, wenn ich mich hingelegt habe, war das zum ersten Mal in meinem Leben ein Bett, in dem ich dankbar und bewußt gelegen bin, um mich auszuruhen und um in einem tiefen Schlaf Kraft zu sammeln
    - und nicht nur ein Ort, an dem ich mich zudeckte, um von der Welt nichts mehr hören und sehen zu müssen. Am Morgen war das Licht, das in mein Zimmer gefallen ist, der Weckruf unserer Kraftspenderin, die mir zugerufen hat: >Du bist am Leben - du darfst atmen, gehen, laufen, arbeiten und dein Schicksal in die Hand nehmen< - und nicht ein greller Lichtkegel, der mir eines auf den Kopf schlug und mich aus schweren Träumen riß, so wie ein Orkan Walnußbäume aus ihrem Mutterboden reißt und verwüstet.
    Die Arbeit an meinen Entwürfen wurde besser und besser, weil ich nicht nur daran dachte, welche teuersten Materialien ich irgendwelchen reichen Pfeffersäcken auf den Steinweg in ihrem beheizbaren Glashaus hindonnern sollte - sondern weil ich mir vorzustellen begann, ob ich selbst in den Häusern, die ich baute, leben könnte - und wenn ich leben sage, meine ich: leben und nicht nur biologische Abläufe so keimfrei wie möglich abzuwickeln, damit keine Stauungen entstehen, die in Muße ausarten könnten.
    Ich glaube, daß viele von den Menschen, denen ich so zu einem neuen Dach über dem Kopf verholfen habe, mittlerweile verliebt sind in ihre Lebensinseln, in denen sie herumtollen können, wie es ihre Lust von ihnen verlangt - >verliebt< - sage ich - und nicht nur befriedigt darüber, daß der Kostenvoranschlag auch tatsächlich eingehalten wurde - was von meinen Kollegen fast keiner von sich behaupten kann.
    Ja - so war das in dieser Epoche meiner Geschichte. Ich möchte sie als die goldene Gründerzeit bezeichnen, in der ich gelernt habe, mir zuzuhören und in der Folge zu versuchen, meinen Vorschlägen, die ich mir machte, auch zu dienen. Weil ich in steigendem Maße erkannt habe, daß ich nie etwas Unsinniges von mir verlangt habe, oder gar etwas, das meinen Nerven schadet und schlechte Laune, schlechten Schlaf, schlechte Gesundheit und schlechte Gedanken produziert hätte. Ich war, wie man so sagt, mit mir im reinen und hatte auch nicht die geringste Lust, meine Fenster jemals wieder ungeputzt zu lassen.
    In den ersten Monaten war ich natürlich auch ein schlimmer Junge, der den Finger in verbotene Töpfchen steckt - aber das dauerte nur so lange, wie der Überdruck an ungelebter Lebensfreude brauchte, um durch das Ventil der Schuldfreiheit abgelassen zu werden.
    Ich bin oft nächtelang weggeblieben und habe Captain Flint gespielt, um mir zu zeigen, daß ich noch nicht zur Schweizer Uhrmachergilde gehöre, die Regelmäßigkeit über Spontaneität setzt. Ich bin zu Frauen mitgegangen und habe dort Frühstück gemacht, nur weil sie

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