Butterbrot
für den Mount Everest an Glückserwartungen, die hinter unserem Zauberwort stecken. Ich verstehe zwar, daß man sich wünscht, solche Erlebnisse oft und oft zu erleben, und darum ruft man immer wieder laut um >Liebe<, aber eigentlich erwarten wir doch, daß das jetzt ab dem Moment immer so sein möchte - ja? -bitte sehr! - bitte schön -
Und dieses Erwarten ist doch eine Unverschämtheit sondergleichen den Schmetterlingen gegenüber, die sich als Boten des Zufalls und des Glücks getarnt haben, aber doch nicht als Perpetuum mobile der Seligsprechung zweier Menschenkinder mit eigenem Willen.
Ich weiß nicht wieso - aber ich sehe nur diese selbstverständliche Erwartungshaltung ab dem Moment, in dem das Wort >Liebe< aufgetaucht ist, und keine Bereitschaft mehr, mit wachem Bewußtsein an der Landebahn für einen möglichen Schmetterlingsanflug zu arbeiten.
»Ancora una menta, per favore -«
»Signore -«
»Si?!«
»Un altra per me -«
»Donnerwetter« - dachte ich - »das wird ihre erste ganze Menta, bin gespannt, was sie sagt.«
»Rede weiter, bitte! -«
»Ja ... Vielleicht ist das auch der Grund, warum man so hoffärtig die Hände aufhält und auf die Sterntaler wartet, weil man glaubt, das Wort >Arbeit< hätte im Zusammenhang mit dem Wort >Liebe< nichts zu suchen. Ich glaube, das ist es - ich glaube, da sitzt der Haken - irgendwo ist in uns eingespeichert, daß das Wort >Liebe< mit dem Wort >Glück< zusammenhängt -und weil >Glück< diejenigen gebratenen Hühner bezeichnet, für die man nicht Pfeil und Bogen auf die Jagd mitnehmen muß, soll das gleiche auch für die Liebe gelten.
Aber lieben kann ich doch nur einen Menschen, den ich kenne oder kennenlerne, und vor allem diejenigen Seiten in ihm, die mir fremd sind und die mir sogar Schmerzen bereiten. Eigentlich ist das Wort >Liebe< ein Übersetzungsfehler. Es müßte heißen: Erarbeitetes Kennenlernen einer anderen Menschengeschichte, das während des Erarbeitens Lust und Wohlbehagen auch in möglichen schmerzenden Augenblicken erzeugt und dadurch dafür sorgt, daß der Antrieb, in diesem Kennenlernen nicht nachzulassen, stetig vorhanden ist< - und das stell dir jetzt bitte in einem Hollywooddrehbuch für Stewart Granger vor -!
Verstehst du mich - es liegt nur an der Sprachfaulheit der Leute, daß so viele glückliche Ehepaare zu Weihnachten die ganze Wohnung anzünden und hoffen, daß der andere zuerst verkohlt bis zur Unkenntlichkeit
- Maria - verstehst du mich?!«
»Ja -«
»Herrlich, ich habe noch nie so ein Gespräch führen können, ohne mich selbst zu unterbrechen.«
»Warum?«
»Weil das doch >unromantisch< ist.«
»Aha.«
»Was heißt >aha!«
»Du mußt wissen - ich bin das unromantischste Bücherregal, das man sich nur vorstellen kann, und bin nur hier mit dir im Florian, damit wir unsere Titel vergleichen können.«
»Da haben wir es - du machst dich lustig über mich.«
»Oh nein - es ist zwar lustig mit dir - aber ich lege den Sinn des Wortes auf >Lust< und nicht auf >ig<.«
»Ich hätte >Lust<, dich zu küssen, bis wir beide in Ohnmacht fallen« - flüsterte ich in ihr Ohr und wurde fast zentrifugiert, als sie mir nach einem siebenundsechzig Sekunden lang dauernden Kuß über die Wange strich und leise »weiter« sagte.
»Warum weiter?!«
»Weil du dabei bist, mir zu sagen, wer du bist, und weil sich solche Startfenster nur alle heiligen Zeiten öffnen.«
»Und - zünden die Triebwerke?«
»Weiter, amico.«
»Erst einen Schluck.«
»Übrigens - ich bin in der Zwischenzeit eine glühende, abhängige Verehrerin von dir geworden -«
»Ja?!!!«
»Ja - du bist der Mann, der mir dieses grüne Teufelszeug nahegebracht hat. Und diesen Zauberschlüssel hat noch nie einer in der Tasche gehabt.«
»Ich glaube, ich muß dich jetzt fressen.«
»Weiter -«
»Wo war ich denn stehengeblieben -«
»Bei der Unkenntlichkeit von Ehepaaren - oder so -nein, warte - bei den bis zur Unkenntlichkeit verkohlten Ehepaaren -«
»Willst du mich verkohlen?«
»Idiot.«
»Ich liebe es, wenn du mich beschimpfst.«
»Aha - jetzt werden die geheimen Wünsche offenbart!«
»Apropos Wünsche - darauf wollte ich hinaus - nenne mir sofort sieben Paarungen von Männern und Frauen, egal ob verheiratet oder sonst irgendwie zerstritten, die einander ihre wirklichen höchsten und tiefsten Wünsche offenbaren, um vielleicht sogar mit der Hilfe des anderen dadurch ein Trampolin zu entdecken, das ihnen zu unvorstellbaren Pirouetten
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