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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Barylli
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sein« -sagte sie leise, und die Protuberanzen ihrer Heiterkeit durchsausten das Magnetfeld meiner äußeren Seelenschichtungen wie überlichtschnelle Tachyonen ein Vanilleeis in Gottes linker Hand.
    »Wie soll ich ganz genau sein« - sagte ich - »wenn du mich zu Vergleichen treibst, die nicht einmal ich selbst verstehen kann, geschweige denn mein Freund Harvey - der nicht einmal weiß, was Tachyonen sind.«
    »Martin ... geht es dir gut?«
    Sie richtete mich sanft zu einer sitzenden Position auf und klopfte mir leicht auf die Wange. Ich war schamlos genug, mich halb ohnmächtig zu stellen, weil ich es unendlich genoß, von ihr leicht auf die Wange geklopft zu werden, und weil ich nicht sicher war, ob sie das auch tun würde, wenn sie erkannt hätte, daß ich sehr wohl bei Sinnen war.
    »Ich dachte nur - weil du so seltsam gelächelt hast und siebenmal das Wort >Vanilleeis< vor dich hingeflüstert hast.«
    »So, habe ich das?«
    »Hast du - ja.«
    »Na gut - du mußt dir keine Sorgen machen - es ist wirklich alles in Ordnung. Ich bin nur dabei, langsam über diese frische Wiese zu schreiten, auf die wir da plötzlich während unseres Waldspazierganges gestoßen sind, und da flüstert man eben magische Worte vor sich hin.«
    »Verstehe.«
    »Ich weiß.«
    »Also gut - dann werde ich tatsächlich dasjenige tun, was ich in meinen Sonntagspredigten immer von anderen verlange. Ich werde genau sein, mein Engel. Ich sage dir nicht nur quallig-amorph und undetailliert wie glücklich ich gerade bin, sondern schildere dir meine Symptome - paß auf: - Ich fühle seit einiger Zeit, daß mein Atem etwas langsamer geworden ist und daß er gleichzeitig tiefer und voller wird. Wenn ich im Bahnhofscafe noch bis zur Brust geatmet habe, dann atme ich mittlerweile schon bis zum Bauch hinunter, und ich spüre, wie sich meine Seitenteile entspannen und mit jedem Ausatmen und Einatmen etwas breiter und weicher werden. Gleichzeitig fühle ich, wie durch dieses erlöste Atmen mehr Sauerstoff in meine Brust gelangt, der das Blut anzureichern beginnt, was dem ganzen Körper ein leichtes, prickelndes Gefühl verschafft.
    Ich merke es aber auch daran, daß sich meine Wangen genauso leicht und zart gerötet haben wie deine, die zur Stunde dasselbe Gefühl erleben. Durch dieses >Wachwerden< sind auch meine Augen wieder etwas weiter geöffnet und glänzender als am Morgen nach der Nachtzugfahrt, wo wir beide nicht sehr gut geschlafen haben. Dieses Atmen, dieses Wachwerden und Gelöstsein nimmt alle Verspannungen aus meinen Muskeln und läßt das Blut so frei fließen, wie es eigentlich geplant ist, und dadurch werden meine und deine Hände warm und fühlen sich leicht an, obwohl sie vor drei Stunden in der kleinen, grünen Bar etwas kühler waren, in dem Moment meiner Traurigkeit, der mich so lange verkrampft hat, bis du mich davon erlöst hast.
    Das sind in dürren Worten die offensichtlichen Merkmale meines Zustandes - wenn wir jetzt noch eine Apparatur hier stehen hätten, die meine Aura fotografieren könnte, würden wir ein starkes, pulsierendes Feld um meine Haut sehen können, von dem Lichtblitze wegzucken und sich mit den Lichtblitzen treffen, die von deiner gesunden Strahlung ausgehen. Um zu erkennen, wie harmonisch und gottgewollt dieser Zustand ist, könnten wir zum Vergleich eine Zigarette rauchen und würden nach fünf Lungenzügen entdecken, daß unser Aurabild blasser wird und die Farben, die jetzt hell und deutlich sind, trüber und matt.
    Wenn dir das noch immer nicht reicht, lasse ich uns filmen und dann die Mikrobewegungen unserer beiden Körper vergleichen, und dann würden wir erkennen, daß wir unsere Gesten bis in das Klimpern unserer Augenlider synchronisiert haben und schon längst auf dieser wortlosen Ebene einer Meinung sind «
    »Die da lautet« - sagte sie und wartete gespannt wie ein Katapult vor der Belagerung Karthagos, dessen Widerstand gegen Rom völlig sinnlos war - wie wir wissen
    Sic lautet« - sagte ich - »ich und du, wir sind sehr glücklich.«
    Mit diesen Worten hatte ich das Katapult-Seil durch-hauen, und das griechische Feuer ihrer jubelnden Zustimmung traf mitten ins Ziel.
    »Jawohl« - rief sie und zog einmal mehr die Blicke herumstehender Südländer auf sich, die langsam damit begannen, Platzkarten auszugeben, um dieses Schauspiel verfolgen zu können, das da an der siebenten Säule vor dem Café Florian stattfand, und doch waren es immer noch erst die Einleitungstakte zur Ouvertüre, die vor diesem

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