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Byrne & Balzano 1: Crucifix

Byrne & Balzano 1: Crucifix

Titel: Byrne & Balzano 1: Crucifix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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übernahm die erste Etage und stieg die Treppe hinauf.
    Jessica bewegte sich im Erdgeschoss vorsichtig zur Rückseite des Hauses und überprüfte jeden Winkel und jeden Schrank. Die Renovierung des Innenbereichs war in vollem Gange. Der Bereich der Eingangshalle, wo früher die Verkaufstheke gestanden hatte, wurde offenbar von Grund auf erneuert. Kabel, Kunststoffwasserleitungen und Heizungsrohre lagen frei und waren noch nicht verputzt.
    Jessica trat durch eine Tür in einen Raum, der einst als Küche gedient hatte. Die Küche war vollkommen ausgeräumt. Geräte waren entfernt, Anschlüsse herausgerissen. Die Wände waren vor kurzem mit Gipskartonplatten versehen worden. Jessica stieg der Geruch der Dichtungsmasse in die Nase, der von einem anderen Geruch durchdrungen war. Zwiebeln. Jessica sah einen Sägebock in einer Ecke des Raumes. Darauf stand eine halb gefüllte Salatschüssel aus einer Imbissbude. Daneben eine volle Tasse Kaffee. Jessica tauchte einen Finger hinein. Eiskalt.
    Sie verließ die Küche und näherte sich Schritt für Schritt dem Zimmer auf der Rückseite des Reihenhauses. Die Tür war nur angelehnt.
    Jessica rannen Schweißperlen übers Gesicht, den Hals und die Schultern. In der Diele war es warm und stickig. In der schweren Kevlar-Weste fühlte sie sich eingezwängt. Sie erreichte die Tür und atmete tief ein. Mit dem linken Fuß schob sie die Tür langsam ein kleines Stück auf. Die rechte Hälfte des Raumes trat zuerst in ihr Blickfeld. Ein alter Stuhl lag umgekippt auf dem Boden; daneben stand ein Werkzeugkasten aus Holz. Ein kräftiger Geruch stieg ihr in die Nase. Abgestandener Zigarettenrauch, frisch geschnittene Kiefernzweige. Doch dieser Geruch wurde von einem widerlichen Gestank überlagert.
    Sie trat die Tür auf blickte sich in dem kleinen Zimmer um und sah sofort, dass sie nicht allein war. Instinktiv wirbelte sie herum und richtete die Waffe auf die Gestalt, deren Umrisse sich auf den getünchten Fenstern an der entfernten Seite des Raumes abzeichneten.
    Es bestand keine Gefahr.
    Brian Parkhurst hing an einem Deckenbalken in der Mitte des Zimmers. Sein Gesicht war rotbraun und geschwollen, die Gliedmaßen hatten sich gedehnt. Seine schwarze Zunge hing ihm aus dem Mund. Ein Elektrokabel war um seinen Hals gewickelt und hatte sich tief ins Fleisch gegraben. Ein Ende des Kabels war um einen Deckenbalken geschlungen worden. Parkhurst war barfuß, sein Oberkörper nackt. Der Ekel erregende Gestank von getrocknetem Kot stieg Jessica in die Nase. Sie musste würgen und hielt den Atem an, ehe sie schnell den Rest des Raumes überprüfte.
    »Oben alles sauber!«, rief Byrne.
    Als die Stimme ihres Partners ertönte, zuckte Jessica zusammen. Sie hörte Byrnes schwere Stiefel auf der Treppe. »Hierher«, rief sie.
    Sekunden später stand Byrne neben ihr. »Scheiße.«
    Jessica sah den Ausdruck in Byrnes Augen und erriet seine Gedanken. Wieder ein Selbstmord. Wie im Fall Morris Blanchard. Wieder ein Verdächtiger, der in den Selbstmord getrieben worden war. Jessica hätte gern etwas gesagt, doch ihr fehlten die richtigen Worte.
    Bedrückende Stille erfüllte das Zimmer. Jetzt standen sie wieder da, wo sie angefangen hatten, und sie versuchten beide auf ihre Weise, die neuen Fakten mit ihren bisherigen Mutmaßungen in Einklang zu bringen.
    Alles, was nun folgte, war reine Routine. Die Gerichtsmedizin und die Spurensuche mussten gerufen werden. Sie würden Parkhursts Leichnam abschneiden und in die Gerichtsmedizin transportieren, wo die Obduktion vorgenommen wurde. Die Familie musste benachrichtigt werden. Die Zeitungen würden über den Vorfall berichten. Ein angesehenes Bestattungsunternehmen würde eine Trauerfeier ausrichten, ehe der Leichnam auf einem grasbedeckten Hang beigesetzt würde.
    Und alles, was Brian Parkhurst gewusst und getan hatte – falls es überhaupt etwas gab –, würde für immer im Dunkeln bleiben.
     
    Wie verlorene Seelen irrten sie durch die Mordkommission. Wenn ein Verdächtiger dem System durch Selbstmord ein Schnippchen schlug, stürmten unterschiedliche Gefühle auf die Detectives ein. Es würde keine Standpauke, keine Schuldzuweisungen, keine Unterbrechung der Ermittlungen geben. Nur unendliches Misstrauen.
    Byrne und Jessica saßen an ihren angrenzenden Schreibtischen.
    Jessica schaute Byrne in die Augen.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Sag es.«
    »Was?«
    »Du glaubst nicht, dass es Parkhurst war, nicht wahr?«
    Byrne schwieg einen Moment, ehe er die Frage

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