Byrne & Balzano 1: Crucifix
bei mir ist es anders. Ich bin froh , dass ich diesen Job nicht mehr machen muss. Als ich von dem Fall hörte, in dem Sie jetzt ermitteln, erkannte ich, dass die Welt mich überholt hat, Detective. Dieser Kerl, den Sie suchen … mein Gott, der stammt von einem Ort, an dem ich niemals war.« Eddie hob den Blick und musterte sie mit seinen traurigen, wässrigen Augen. »Und ich danke Gott, dass ich nichts mit den Ermittlungen zu tun habe.«
Jessica hätte sich auch gewünscht, nichts damit zu tun zu haben. Aber dazu war es zu spät. Sie zog die Autoschlüssel aus der Tasche und zögerte. »Gibt es noch etwas, das Sie mir über das Blut auf der Kirchentür sagen könnten?«
Eddie schien zu überlegen, ob er es ihr anvertrauen sollte oder nicht. »Gut, ich werde es Ihnen sagen. Als ich mir die Blutflecke angesehen habe, an dem Morgen danach, glaubte ich, etwas zu erkennen. Die anderen sagten, ich würde mir das einbilden, so wie Menschen das Gesicht der Heiligen Jungfrau in Ölflecken in ihrer Einfahrt sehen oder so. Aber ich war sicher, dass ich was erkannt hatte.«
»Was war es?«
Eddie Kasalonis zögerte wieder. »Es sah aus wie eine Rose«, sagte er schließlich. »Eine Rose, die auf dem Kopf steht.«
Jessica hatte auf dem Heimweg noch einiges zu erledigen. Sie musste zur Bank, zur Reinigung, bei Wawa ein paar Lebensmittel einkaufen und ein Paket für ihre Tante Lorrie in Pompano Beach aufgeben. Die Bank, das Lebensmittelgeschäft und UPS lagen alle in der Nähe der Zweiten und der South.
Als sie den Jeep parkte, dachte sie daran, was Eddie Kasalonis gesagt hatte.
Es sah aus wie eine Rose. Eine Rose, die auf dem Kopf steht.
Jessica hatte im Zuge ihrer Recherchen erfahren, dass der Begriff Rosenkranz sich auf Maria und den Rosengarten bezog. In der Kunst des dreizehnten Jahrhunderts wurde Maria mit einer Rose in der Hand statt eines Zepters dargestellt. Hatte das etwas mit ihrem Fall zu tun, oder war sie einfach verzweifelt?
Verzweifelt.
Vollkommen.
Auf jeden Fall musste sie Kevin davon berichten und der Sache nachgehen.
Jessica nahm das Paket, das sie bei UPS aufgeben wollte, aus dem Kofferraum, schloss den Wagen ab und überquerte die Straße. Als sie bei Cosi vorbeikam, einem Restaurant der Salat- und Sandwich-Kette an der Ecke Zweite und Lombard, und durchs Fenster schaute, erkannte sie jemanden, den sie lieber nicht erkannt hätte.
Denn dieser jemand war Vincent. Und er saß mit einer Frau in einer Nische.
Einer jungen Frau.
Im Grunde noch ein halbes Kind.
Jessica konnte die Frau nur von hinten sehen, aber das reichte ihr voll und ganz. Sie hatte langes blondes Haar, einen Pferdeschwanz und trug eine Motorradjacke. Jessica wusste, dass Cop-Bunnys in allen Formen, Größen und Farben in Erscheinung traten.
Und offenbar auch in jedem Alter.
Einen kurzen Moment hatte Jessica das sonderbare Gefühl, das einen manchmal überkommt, wenn man in einer fremden Stadt jemanden sieht, den man zu kennen glaubt. Einem spontanen Gefühl der Vertrautheit folgt die Erkenntnis, dass das, was man sieht, nicht sein kann.
In dieser Situation hieß das für Jessica:
Was macht mein Mann in einem Restaurant mit einem Mädchen, das wie eine Achtzehnjährige aussieht?
Ohne darüber nachzudenken, drängte sich ihr eine einzige Antwort auf:
Du Scheißkerl.
Vincent sah Jessica, und sein Gesicht sprach Bände. Schuldgefühle, Verlegenheit und ein blödes Grinsen.
Jessica atmete tief ein, starrte zu Boden und ging weiter. So dumm war sie nicht, dass sie ihrem Mann und seiner Geliebten in aller Öffentlichkeit eine Szene machte.
Auf keinen Fall.
Eine Sekunde später stürmte Vincent durch die Tür. »Jess«, rief er. »Warte.«
Jessica blieb stehen und versuchte, ihre Wut zu zügeln. Vergeblich.
»Sag was«, sagte er.
»Du Scheißkerl.«
»Es ist nicht so, wie du denkst, Jess.«
Sie legte das Paket auf eine Bank und drehte sich zu ihm um. »Ach ja? Woher wusste ich, dass du genau das sagen würdest?« Jessica musterte ihren Mann von oben bis unten. Sie wunderte sich wieder einmal über sein wechselndes Mienenspiel. Wenn sie glücklich waren, fand sie seine großspurige, freche Art und seine männliche Haltung verdammt sexy. War sie hingegen stinksauer, hatte sie das Gefühl, es mit einem Schlägertypen zu tun zu haben, einem Mafioso, dem sie am liebsten Handschellen angelegt hätte.
Und jetzt war sie so sauer wie nie zuvor.
»Ich kann es dir erklären …«
»Erklären? Wie die Sache mit Michelle Brown?
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