Byrne & Balzano 3: Lunatic
Byrne mit Unschuldsmiene hinzu, um sie zu beschwichtigen, und rieb sich die Schulter.
»Guter Versuch, Detective. Kannst du noch fahren?« Es war eine rhetorische Frage.
»Klar«, erwiderte Byrne. »Kann ich.«
Cops, dachte Jessica. Cops konnten immer fahren.
Jessica durchquerte die Kneipe, verabschiedete sich und wünschte dem angehenden Ruheständler alles Gute. Als sie auf die Tür zusteuerte, sah sie Josh Bontrager, der lächelnd alleine an der Theke stand. Seine Krawatte hing schief; eine Hosentasche guckte heraus. Er schien ein wenig wackelig auf den Beinen zu sein. Als er Jessica erblickte, streckte er ihr seine Hand hin. Sie schüttelten sich die Hand. Und ein zweites Mal.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Jessica.
Bontrager nickte ein wenig zu eifrig, als wollte er sich vielleicht selbst davon überzeugen. »O ja. Großartig. Großartig. Großartig.«
Aus irgendeinem Grund weckte der junge Mann Jessicas Mutterinstinkt. »Dann ist ja alles bestens.«
»Erinnern Sie sich noch, als ich gesagt habe, ich würde schon alle Witze kennen?«
»Ja.«
Bontrager winkte trunken ab. »Nicht mal annähernd.«
»Wie meinen Sie das?«
Bontrager nahm Haltung an und salutierte. Mehr oder weniger. »Ich melde, dass ich die besondere Ehre habe, der allererste amische Detective in der Geschichte des Philadelphia Police Departments zu sein.«
Jessica lachte. »Bis morgen, Josh. Und übrigens, ich bin Jessica.«
»Okay, dann bis morgen, Jessica.«
Auf dem Weg zur Tür sah sie einen Detective, den sie aus dem Süden kannte und der einem Kollegen ein Foto seines neugeborenen Enkels zeigte.
Babys, dachte Jessica.
Überall waren Babys.
19.
B yrne ging zu dem kleinen Büffet, gab ein paar Häppchen auf seinen Teller und stellte ihn vor sich auf die Theke. Ehe er einen Bissen essen konnte, spürte er eine Hand auf der Schulter. Byrne drehte sich um, blickte in versoffene Augen und sah das Schimmern feuchter Lippen. Ehe er sich versah, drückte Walter Brigham ihn an seine Brust. Byrne war ein wenig verwundert, weil sie sich nie allzu nahe gestanden hatten. Andererseits war heute auch für einen Mann wie Brigham ein besonderer Abend.
Schließlich rückten sie wieder voneinander ab, und dann folgte das, was Männer taten, wenn sie Gefühle gezeigt hatten: Sie räusperten sich verlegen und strichen ihr Haar und ihre Krawatten glatt. Dann traten beide einen Schritt zurück und warfen einen Blick in die Kneipe.
»Danke, dass du gekommen bist, Kevin.«
»So etwas lass ich mir doch nicht entgehen.«
Walt Brigham war genauso groß wie Byrne, doch sein Rücken war schon ein wenig gebeugt. Er hatte dichtes schiefergraues Haar, einen sauber geschnittenen Schnurrbart und große, zerfurchte Hände. Seine meerblauen Augen hatten viel gesehen, und es stand alles in ihnen geschrieben.
»Was sagst du dazu, dass sich all diese Rowdys hier versammelt haben?«, fragte Brigham.
Byrne schaute sich um. Richie DiCillo, Ray Torrance, Tommy Capretta, Joey Trese, Naldo Lopez, Mickey Nunziata. Sie alle waren schon eine Ewigkeit dabei.
»Was meinst du, wie viele Schlagringe wir in diesem Raum finden würden?«, fragte Byrne.
»Einschließlich meinem?«
Beide Männer lachten. Byrne bestellte eine Runde Bier für sie. Doch die Kellnerin, Margaret, brachte ihnen Drinks.
»Was ist das?«, fragte Byrne, der keine Ahnung hatte, was das sein sollte.
»Das sind Drinks von den beiden jungen Damen am Ende der Theke.«
Byrne und Walt Brigham schauten hinüber. Zwei Streifenbeamtinnen Mitte zwanzig – vital und hübsch und noch in Uniform – standen am Ende der Theke. Sie hoben ihre Gläser.
Byrne schaute Margaret an. »Bist du sicher, sie meinen uns?«
»Hundertprozentig.«
Die beiden Männer blickten auf das Gebräu, das vor ihnen stand. »Ich geb’s auf«, sagte Brigham. »Was ist das?«
»Jägerbomben«, erklärte Margaret ihnen mit jenem Lächeln, das in einem Irish Pub stets auf eine Herausforderung hindeutete. »Red Bull mit Jägermeister – je zur Hälfte.«
»Wer trinkt denn so was?«
»Die Jugendlichen«, sagte Margaret. »Das bringt sie richtig in Fahrt, sodass sie ordentlich abfeiern können.«
Byrne und Brigham verzogen die Gesichter, wollten sich aber nicht stur stellen. Sie hoben die Gläser, prosteten den beiden Hübschen zu und nahmen beide einen großen Schluck.
»Brrr!«, machte Byrne und schüttelte sich.
»Na dann Prost«, sagte Margaret und lachte, als sie zu den Zapfhähnen zurückkehrte.
Byrne schaute
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