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Byrne & Balzano 3: Lunatic

Titel: Byrne & Balzano 3: Lunatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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gelesen und diskutiert.«
    Byrnes Blick schweifte zu Jessica und zurück zu Bridgwood. »Es gibt Hochschulseminare über dieses Thema?«
    »O ja.« Bridgwood lächelte ein wenig traurig. Er durchquerte das Zimmer und setzte sich an den Schreibtisch. »Sie sind offenbar der Meinung, dass Märchen nur nette belehrende Geschichten für Kinder seien.«
    »Ich glaube schon«, gab Byrne zu.
    »Das trifft auf einige zu, aber viele sind durchaus komplex. Ein Buch mit dem Titel Die Kraft der Verzauberung von Bruno Bettelheim erforscht den psychologischen Aspekt der Märchen und die Auswirkungen auf Kinder. Dafür hat er den nationalen Buchpreis bekommen. Es gibt natürlich noch viele andere bedeutende Personen.«
    »Wenn Sie zusammenfassen könnten, was alle Märchen gemein haben, wäre es für uns einfacher«, sagte Byrne. »Was ist der gemeinsame Nenner?«
    »Im Grunde ist ein Märchen eine Geschichte, die aus Mythen und Legenden entsteht. Geschriebene Märchen haben sich vermutlich aus der Tradition gesprochener Volkserzählungen weiterentwickelt, in denen Mysteriöses und Übernatürliches thematisiert wird und die in der Regel in keiner bestimmten historischen Zeit spielen. Daher auch der Satz: ›Es war einmal.‹«
    »Sind Märchen in bestimmten Religionen verankert?«, fragte Byrne.
    »Normalerweise nicht«, antwortete Bridgwood. »Sie können jedoch sehr spirituell sein. In der Regel gibt es einen Helden, einen Bösewicht und ein gefährliches Abenteuer. Die Figuren sind in Märchen meistens alle gut oder schlecht. Oft wird der Konflikt gelöst, indem im weitesten Sinne Magie eingesetzt wird. Aber das ist schrecklich vereinfacht. Furchtbar vereinfacht.«
    Bridgwoods Stimme klang jetzt so, als wollte er sich entschuldigen, weil er ein ganzes Gebiet akademischer Studien dermaßen oberflächlich skizziert hatte.
    »Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, Märchen seien alle gleich«, fügte er hinzu. »Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt.«
    »Fallen Ihnen Geschichten oder Sammlungen ein, die speziell den Mond zum Inhalt haben?«, fragte Jessica.
    Bridgwood dachte kurz nach. »Spontan fällt mir eine ziemlich lange Geschichte ein, bei der es sich eigentlich um eine Reihe kurzer Episoden handelt. Es geht um einen jungen Maler und den Mond.«
    Jessica sah die »Zeichnungen« auf den Mordopfern vor Augen. »Was geschieht in diesen Geschichten?«, fragte sie.
    »Nun, der Maler ist sehr einsam.« Die Detectives spürten, dass Bridgwood nun in seinem Element war. Er gestikulierte und sprach mit modulierter, lebhafter Stimme. »Er wohnt in einer kleinen Stadt und hat keine Freunde. Eines Nachts sitzt er am Fenster, und der Mond kommt zu ihm. Sie unterhalten sich eine Weile. Es dauert nicht lange, bis der Mond dem Maler verspricht, jeden Tag zurückzukehren und ihm zu erzählen, was er in der ganzen Welt gesehen hat. Auf diese Weise kann der Maler sich ein Bild von diesen Dingen machen, ohne sein Haus zu verlassen. Er kann sie malen und vielleicht berühmt werden. Oder auch nur ein paar Freunde gewinnen. Es ist eine wunderschöne Geschichte.«
    »Sie sagen, der Mond kommt jede Nacht zu diesem Maler?«, fragte Jessica.
    »Ja.«
    »Wie lange geht das so?«
    »Der Mond kommt zweiunddreißig Mal.«
    »Ist das eines von Grimms Märchen?«, fragte Jessica.
    »Nein, es ist von Hans Christian Andersen. Die Geschichte heißt: Was der Mond sah .«
    »Und wann hat Hans Christian Andersen gelebt?«
    »Von 1805 bis 1875«, sagte Bridgwood.
    Ich würde sagen, die Kleider stammen aus der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts , hatte Ingrid Fanning gesagt. Vielleicht so um 1875. Es sind aber keine Originale.
    Bridgwood griff in einen kleinen Koffer, der auf dem Tisch stand, und zog ein ledergebundenes Buch heraus. »In diesem Buch finden Sie Märchen von Andersen, aber es ist keineswegs sein Gesamtwerk. Das Buch ist sehr wertvoll, auch wenn es schon ziemlich mitgenommen aussieht. Ich leihe es Ihnen gerne.« Er legte eine Karte in das Buch. »Schicken Sie es bitte an diese Adresse, wenn Sie es nicht mehr brauchen. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    »Das wäre sehr hilfreich«, sagte Jessica. »Wir schicken es Ihnen so bald wie möglich zurück.«
    »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden.«
    Jessica und Byrne standen auf und zogen ihre Mäntel an.
    »Es tut mir leid, aber ich muss mich beeilen«, sagte Bridgwood. »In zwanzig Minuten beginnt meine Vorstellung. Ich kann die kleinen Zauberer und Prinzessinnen nicht

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