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Byrne & Balzano 3: Lunatic

Titel: Byrne & Balzano 3: Lunatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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verfolgt?«, fragte Buchanan. Es war kurz nach sechs. Alle waren erschöpft, hungrig und schlecht gelaunt. Das Privatleben lief nur noch im Standby-Betrieb; alles, was sie vorgehabt hatten, wurde über den Haufen geworfen. Schöne Feiertage! Nun warteten sie auf den vorläufigen Bericht des Gerichtsmediziners. Jessica und Byrne saßen mit einer Hand voll Kollegen im Dienstraum.
    »Wir arbeiten daran«, antwortete Jessica auf Buchanans Frage.
    »Sie sollten sich das hier mal ansehen«, sagte Buchanan.
    Er reichte Jessica eine Seite aus dem heutigen Inquirer mit einem kurzen Artikel über einen Mann namens Trevor Bridgwood. Bridgwood war ein reisender Geschichtenerzähler und Troubadour, hieß es in dem Artikel. Was immer das sein mochte.
    »Wir kümmern uns darum, Chef«, sagte Byrne.
    Sie trafen sich in einem Hotelzimmer im Sofitel in der Siebzehnten Straße mit Trevor Bridgwood. Am Abend veranstaltete er eine Lesung mit anschließender Autogrammstunde im Joseph Fox Bookshop, einem kleinen Buchladen in der Samson Street.
    Mit den Märchenlesungen schien man gutes Geld verdienen zu können. Das Sofitel war nicht gerade billig.
    Trevor Bridgwood war Anfang dreißig, schlank, elegant und höflich. Er hatte eine spitze Nase, einen hohen Haaransatz und das Auftreten eines Schauspielers.
    »Das ist für mich etwas ganz Neues«, sagte er. »Und ziemlich unangenehm, muss ich gestehen.«
    »Wir brauchen nur ein paar Informationen«, sagte Jessica. »Wir sind sehr froh, dass Sie einem so kurzfristigen Treffen zugestimmt haben.«
    »Ich hoffe, ich kann Ihnen helfen.«
    »Darf ich fragen, was genau Sie machen?«, erkundigte Jessica sich.
    »Ich bin Geschichtenerzähler«, sagte Bridgwood. »Neun bis zehn Monate im Jahr bin ich unterwegs. Ich trete in der ganzen Welt auf, überall dort, wo Englisch gesprochen wird. In den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Australien, Kanada. Meistens vor Publikum. Ich trete aber auch im Rundfunk und im Fernsehen auf.«
    »Und dabei geht es hauptsächlich um Märchen?«
    »Märchen, Volkssagen, Fabeln.«
    »Was können Sie uns darüber erzählen?«, fragte Byrne. »Über Märchen und Sagen?«
    Bridgwood stand auf und trat ans Fenster. Er bewegte sich geschmeidig wie ein Tänzer. »Oh, darüber gibt es sehr viel zu sagen. Es ist eine alte Form des Geschichtenerzählens und umfasst die verschiedensten Stilrichtungen und Traditionen.«
    »Uns reicht ein grober Überblick über die wichtigsten Entwicklungen«, meinte Byrne.
    »Wenn Sie wollen, können wir mit Amor und Psyche beginnen, einem Märchen, das um 150 nach Christus geschrieben wurde.«
    »Vielleicht eher etwas aus jüngerer Zeit«, sagte Byrne.
    »Natürlich.« Bridgwood lächelte. »Es gibt viele Meilensteine zwischen Apuleius und Edward mit den Scherenhänden .«
    »Zum Beispiel?«, fragte Byrne.
    »Wo soll ich anfangen? Charles Perraults Histoires, ou contes du temps passé waren sehr bedeutsam. Diese Sammlung enthielt unter anderem Cinderella , Dornröschen und Rotkäppchen .«
    »Wann war das?«, fragte Jessica.
    »Das muss 1697 gewesen sein. Anfang des achtzehnten Jahrhunderts dann haben die Brüder Grimm zwei Bände gesammelter Geschichten mit dem Titel Kinder- und Hausmärchen veröffentlicht. Sie enthalten einige der bekanntesten Märchen: Der Rattenfänger von Hameln , Daumesdick , Rapunzel und Rumpelstilzchen .«
    Jessica versuchte, sich möglichst viele Notizen zu machen. Sie verfügte nur über geringe Deutsch- und Französischkenntnisse.
    »Hans Christian Andersen begann 1835 mit der Veröffentlichung seiner Märchen, für Kinder erzählt . Zehn Jahre später haben Asbjornsen und Moe eine Sammlung Norwegischer Märchen herausgegeben, aus denen ich unter anderem Drei Ziegenböcke namens Gruff vorlese.
    Wie nicht anders zu erwarten, findet man mit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts keine größeren neuen Arbeiten oder Sammlungen. Oft wird der Stoff von Klassikern als Vorlage genommen und bearbeitet, beispielsweise bei Humperdincks Oper Hänsel und Gretel . Und Disney hat 1937 Schneewittchen und die sieben Zwerge verfilmt. Seitdem werden Klassiker immer wieder neu bearbeitet.«
    »Inwiefern?«, sagte Byrne.
    »Fürs Ballett, Theater, Fernsehen und für den Film. Sogar der Film Shrek ist so entstanden. In gewisser Weise auch Der Herr der Ringe . Tolkien hat 1939 eine Vorlesung Über Märchen gehalten, die in erweiterter Fassung veröffentlicht wurde. Diese Abhandlung wird in Hochschulseminaren über Märchen noch immer gern

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