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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Haus herum. Sie sah eine kleine Gartenlaube und zwei mit Efeu bewachsene Steinbänke. Eine verrostete Sonnenuhr wachte über einen von Unkraut überwucherten Weg. Als Eve die Rückseite des Hauses umrundete, blieb sie stehen und lauschte. Sie vernahm ein Geräusch, ein leises Summen. Dann einen metallenen Klang.
    Was war das?
    Eve legte den Kopf zur Seite und drehte sich zu dem Geräusch um. Es drang aus dem Haus oder den Garagen zu ihrer Rechten. Einen Augenblick lang erinnerte es sie an den alten Aufzug in dem Haus, in dem ihr Vater einst sein Büro gehabt hatte. Das Geräusch schien den Boden unter ihren Füßen beben zu lassen.
    Dann verstummte es.
    Die Stimme erklang dicht hinter ihr.
    »Willkommen auf Faerwood.«
    Eve zog ihre Glock und wirbelte herum, die Waffe im Anschlag. Ein Mann stand in der kleinen Gartenlaube, sieben, acht Meter entfernt. Er stand im Dunkeln, doch Eve sah, dass er einen langen Mantel trug. Ein paar endlose Sekunden lang bewegte er sich nicht und sagte nichts.
    Eve tastete mit dem Finger nach dem Abzug. Ehe sie reagieren konnte, leuchtete ein helles gelbes Licht über ihr auf. Ihr Blick huschte zum Fenster im ersten Stock. Es war vergittert. Die Vorhänge waren ein Stück geöffnet und gaben den Blick auf eine Silhouette frei, ein Mädchen mit schmalen Schultern und langem Haar.
    Eve wandte ihren Blick wieder dem Mann zu.
    »Sie sind es, nicht wahr?«, fragte sie.
    Der Mann trat ins Mondlicht. Er war nicht so groß, wie Eve erwartet hatte – kein breitschultriger Riese, sondern schlank und von durchschnittlicher Statur.
    »Ja«, antwortete der Mann.
    Langsam hob er die rechte Hand und richtete die Handfläche nach oben, als wollte er einen Segen erteilen. Im nächsten Moment vernebelte ein greller Feuerstrahl inmitten einer weißen Rauchwolke die Sicht.
    Eve drückte ab. Ein Schuss nach dem anderen dröhnte; das laute Echo hallte von den dicken Steinmauern des Hauses wider. Eve drückte so lange auf den Abzug, bis das Magazin leer war.
    Dann trat Stille ein, die nach dem Lärm beinahe schmerzte. Eve hörte ihren Herzschlag, und das Blut rauschte ihr in den Ohren. Sie wusste, dass sie den Mann getroffen hatte, genau in die Brust. Mindestens vier Kugeln. Sie steckte die Waffe in den Holster und trat vorsichtig näher an die Gartenlaube heran. Dünne Rauchschwaden schwebten im Mondschein durch die Luft und tauchten die unwirkliche Szene in weißen Nebel. Eve spähte über die Brüstung.
    Der Mann war verschwunden. Sie sah kein Blut, keine Stofffetzen, kein zerfetztes Fleisch, keinen Leichnam. Es schien unmöglich zu sein – es war unmöglich –, aber die Gartenlaube war leer.
    Wie eine schwarze Flutwelle brach nun alles über Eve herein. Die letzten beiden Monate waren der helle Wahnsinn gewesen, ein sicherer Weg ins Verderben. Jetzt wusste sie es.
    Eve drehte sich um und rannte durch den hohen, von Unkraut überwucherten Rasen.
    Einen Augenblick später erreichte sie das Eisentor. Sie drückte auf die Klinke, doch die bewegte sich nicht. Vielleicht lag es am Rost. Eve schaute sich um. Schweiß rann ihr übers Gesicht, brannte in ihren Augen. War sie durch dieses Tor gekommen? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie war mehrmals im Kreis gelaufen und hatte dabei die Orientierung verloren.
    Eve schlug mit der Faust die festsitzende Klinke herunter und zog mit aller Kraft an dem Tor. Endlich ließ es sich einen Spalt öffnen. Sie müsste es schaffen, hier irgendwie rauszukommen. Eve drückte sich zwischen Tor und Mauer und riss sich an der Klinke die Jeans auf. Gleich darauf durchzuckte ein stechender Schmerz ihre rechte Hüfte.
    Noch einmal zog Eve mit aller Kraft. Das Tor öffnete sich kreischend.
    In diesem Augenblick spürte Eve eine Hand auf der Schulter.
    Sie wirbelte herum und sah in seine Augen, die im Mondlicht wie flüssiges Silber aussahen, beinahe wie Quecksilber. Es waren Augen, in denen das Feuer der Hölle loderte. Es waren die Augen aus ihren Albträumen.
    Als Eve die Beretta aus ihrem Knöchelholster ziehen wollte, hörte sie Glas splittern. Im selben Augenblick stieg ihr ein beißender chemischer Geruch in die Nase. Ehe ihr schwarz vor Augen wurde, erkannte sie, dass ihr Weg hier zu Ende war.
    Mr Ludo.
    Er hatte das Spiel gewonnen.

8.
    D AS D ENISON WAR EIN zehnstöckiges Wohnhaus in der Locust Street in West-Philadelphia, in der Nähe der Dreiundvierzigsten Straße, nicht weit vom Campus der University of Pennsylvania entfernt. Das Gebäude stammte aus den Dreißigerjahren.

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