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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Es war mit rotbraunen Ziegelsteinen verblendet, die im Laufe der Jahrzehnte matt und unansehnlich geworden waren. Der aus weißem Sandstein erbaute bogenförmige Eingang war kürzlich gesandstrahlt worden. Neben den Glastüren hingen Wandlampen, die durch Bewegungsmelder automatisch eingeschaltet wurden. Die langen Blumenbeete, die zum Eingang führten, waren verdorrt, die Erde aufgerissen. Das Springkraut, der Salbei, die Begonien und die Lobelien waren verwelkt.
    Im August kann man in Philadelphia nicht bloß ein Ei auf dem Bürgersteig braten, sondern ein ganzes Huhn, sagte ein alter Witz.
    Jessica und Byrne betraten das Gebäude und durchquerten die Eingangshalle. Drinnen war es ein bisschen kühler als draußen, um die dreißig Grad. Sie hatten die Adresse überprüft und den Namen mit den Angaben in der Eingangshalle verglichen. Laura A. Somerville wohnte in der Wohnung 1015. Gegen die Frau lag nichts vor. Sie hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, nicht mal eine Verkehrsübertretung.
    Aus irgendeinem Grund stellte Jessica sich Laura Somerville als Karrierefrau mittleren Alters vor, eine Immobilienmaklerin vielleicht, oder Anwältin. Doch als Mrs Somerville die Tür öffnete, sah Jessica sich einer eleganten älteren Dame mit silbergrauem Haar gegenüber, die sie auf Ende sechzig schätzte. Laura Somerville hatte ein wenig Puder und ein dezentes Parfum aufgelegt. Sie war klassisch in gebügelte graue Baumwollhose und weiße Bluse gekleidet. Sie erinnerte Jessica an eine der Frauen, die mit vierzig wie fünfzig aussahen, den Rest ihres Lebens aber dann bei fünfzig stehen bleiben. Ein Typ wie Lauren Bacall.
    Jessica zeigte Mrs Somerville ihren Dienstausweis sowie die Dienstmarke und stellte sich und Kevin vor.
    »Sind Sie Laura A. Somerville?«, fragte sie dann.
    »Ja.«
    »Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen. Geht das in Ordnung?«
    Die Frau legte eine Hand auf ihre Kehle und schaute zwischen den beiden Detectives auf einen Punkt in der Ferne. Ihre Augen schimmerten in einem hellen Saphirblau. »Ist etwas passiert?«
    »Nein, Ma’am«, erwiderte Jessica ausweichend. »Nur ein paar Routinefragen.«
    Die Frau verharrte reglos; dann lockerten sich ihre verspannten Schultern. Sie nickte, bat die beiden Detectives herein und schloss hinter ihnen die Tür.
    In der Wohnung war es angenehm kühl. Jessica hätte am liebsten den Rest des Sommers hier verbracht. Vielleicht den Rest ihres Lebens. Es duftete nach Jasmintee.
    »Darf ich Ihnen etwas Kaltes zu trinken anbieten?«, fragte die Frau. »Mineralwasser? Limonade?«
    »Nein, danke«, sagte Byrne.
    Jessica schaute sich in der kleinen, geschmackvoll eingerichteten Wohnung um. Sie war mit älteren Möbeln im Queen Anne Style ausgestattet. Auf einer Eckkommode stand eine Vielzahl kleiner, glänzender Figuren. Auf dem langen Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand waren Bücher aufgereiht sowie Kartons, in denen vermutlich Spiele und Puzzles aufbewahrt wurden.
    Vor der burgunderroten Ledercouch stand ein Couchtisch aus Eiche, der mit Zeitschriften übersät war. Erst auf den zweiten Blick sah Jessica, dass die Zeitschriften nicht achtlos hingeworfen waren, sondern dass der Tisch praktisch mit den Zeitschriften ausgelegt war, mit geometrischer Präzision: Zehn Zeitschriften, die alle aufgeschlagen und parallel und in rechten Winkeln zueinander ausgerichtet waren. Zwei Reihen, fünf oben und fünf unten. Als Jessica genauer hinschaute, sah sie, dass es Kreuzworträtselhefte waren. Auf jedem Heft lag ein Stift, der die rechteckigen weißen Seiten mit den schwarzen Kästchen genau in einem 45-Grad-Winkel kreuzte. Zehn Hefte, zehn Stifte.
    »Wow«, machte Jessica. »Sie müssen ein richtiger Rätsel-Fan sein.«
    Laura Somerville hob ihre zarte, schmale Hand. »Ich fürchte, ich bin mehr als bloß ein Fan.« Sie durchquerte das Zimmer und setzte sich auf die Couch. Jessica fiel auf, dass Mrs Somervilles Nägel im französischen Stil manikürt waren. »Es ist sogar noch schlimmer als eine Sucht.«
    »Schlimmer als eine Sucht?«, hakte Jessica nach. Als Polizistin hatte sie es schon mit jeder Art von Sucht zu tun gehabt – Drogen, Alkohol, Sex, Spiele, Pornos, Fresssucht. Laura Somerville musste regelrecht besessen davon sein.
    Die Frau nickte. »Wenn man von ›Sucht‹ spricht, ist vielleicht noch eine Heilung möglich, stimmt’s?«
    Jessica lächelte. Als sie nähertrat, erkannte sie, dass es sich offenbar um Kreuzworträtselhefte in verschiedenen

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