Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
eben jenes Reiches war, dessen Thron Septimius Severus besteigen wollte.
Doch erneut begann man gezielt mit dem Wiederaufbau und der Wiederbelebung der Stadt. Nach einem Umdenken Septimius Severus’
und angeblich auf Bitten seines Sohnes Caracalla (211–217 n. Chr.) wurde die Stadt u. a. mit einer neuen Befestigungsmauer
versehen und zu neuer Pracht geführt. Eine systematisch geplante, nach Süden hin erweiterte Neustadt entstand mit neuem Straßensystem
und Hippodrom (Pferderennbahn) im Zentrum. Die gewaltigen Bögen der Substruktion des Hippodroms, für dessen Errichtung das
Gelände mit großem Aufwand terrassiert werden musste, sind noch heute |15| im abschüssigen Gelände zu sehen. Zudem wurden die Mauern des alten Teils wiederhergestellt und der Apollo-Tempel sowie das
Theater ausgebessert, und die zeitweise »Antonia Polis« genannte Stadt wuchs auf etwa 110 Hektar an und wurde unter Caracalla
noch mit weiteren Ausbesserungsarbeiten und Stiftungen bedacht; dennoch scheint die einst so prosperierende Handelsstadt deutlich
an Bedeutung verloren zu haben, wie die unvollendet geblieben Zeuxipposthermen und der Hippodrom deutlich machen.
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Mitten im Straßenbild noch immer sichtbar ist die Substruktion des Hippodroms, die das abfallende Gelände befestigte.
|15| Die wiederhergestellte Befestigung schien Byzantion ausreichend Schutz geboten zu haben, um nicht von den Goten und Herulern,
die zwischen 258 und 269 n. Chr. die Ägäis unsicher machten und hierbei mehrmals an der Stadt vorbeizogen, eingenommen zu
werden. Nach den Thronwirren, die auf Diokletians (284–305 n. Chr.) Abdankung folgten, ging Konstantin (306–337 n. Chr.) als
Sieger hervor; er schlug den letzten seiner Gegner, Licinius, auf kleinasiatischer Seite bei Chrysopolis. Byzanz kapitulierte
widerstandslos.
Konstantinopel – Aufstieg zum Reichszentrum
Allen Widrigkeiten zum Trotz sollten erneut glanzvolle, wenn nicht sogar die glanzvollsten Zeiten der Stadt anbrechen. Im
Laufe der folgenden Jahrhunderte entwickelte sie sich zum politischen, wirtschaftlichen, geistigen und kulturellen Zentrum
des Oströmischen Reiches. Auch wenn es vielleicht nicht gerade zwingend erschien, innerhalb der Grenzen des Römischen Reichs
eine neue Metropole entstehen zu lassen, da es bereits mehrere »Zentren« gab, so entschied sich Kaiser Konstantin dennoch
zur Schaffung eines neuen Reichszentrums an eben dieser Stelle.
Ein Grund dafür waren wohl die militärischen Schwierigkeiten in der Osthälfte des Herrschaftsgebiets. Aus dem Westen drangen
immer wieder Völker ein, im Osten stellten die Perser eine Bedrohung Kleinasiens dar. Im November 323 begannen die Bauarbeiten
an der zweiten Hauptstadt des Imperium Romanum, die am 11. Mai 330 feierlich als
nova Roma
– »neues Rom« – eingeweiht wurde und den Namen »Stadt des Konstantin« erhielt: Konstantinopel.
Dabei war die Wahl Konstantins nicht sofort auf das alte Byzanz gefallen. Zunächst hatte er die Eignung von Orten wie Kalchedon,
Thessaloniki, Sofia und auch Troia/Ilion geprüft (schließlich stammte aus Troia, so der Mythos, die Gründerfamilie Roms).
Die Residenz Nikomedeia seines Vorgängers Diokletian schien ihm aber letztendlich ebenso wenig geeignet wie die anderen, und
so entschied er sich für die Stadt am Bosporus. Dies war der Ort, an dem die Karawanen Asiens zusammenliefen und über die
engste Stelle zwischen den beiden Kontinenten Anschluss an das europäische Verkehrsnetz fanden. Schiffe, die zwischen dem
Schwarzem Meer und dem Mittelmeer verkehrten, ließen sich leicht kontrollieren, und damit bestanden außergewöhnlich gute Voraussetzungen
für ein neues Machtzentrum.
Ein »neues Rom« wird gegründet
Bei der Stadtgründung vollzog Konstantin (immerhin der erste römische Kaiser, der sich zum Christentum bekannte) der Überlieferung
nach freilich noch ein rein »heidnisches« Zeremoniell: Mit einem Pflug schritt er die neuen Stadtgrenzen ab, um diese durch
eine Ackerfurche zu kennzeichnen. In den Ritus involviert waren auch Auguren, Seher, und |16| »heidnische« Philosophen. Doch bedenkt man, dass er das
nova Roma
geschaffen hatte, wird die Wahrung dieser Tradition mit seinem Bezug zum »alten Rom« verständlich; der Überlieferung nach
soll auch Romulus auf diese Weise die Stadtgrenze Roms markiert haben. Zudem respektierte er die althergebrachten religiösen
Traditionen – doch dürfte das nicht zuletzt auch
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